Höchstwahrscheinlich stammt der Ausdruck «mit einem lachenden und einem weinenden Auge» aus dem weltbekannten Shakespeare-Drama «Hamlet»: Dort verkündet der König, dass sein Bruder gestorben sei, er selbst aber nun dessen Witwe heiraten werde. «Wir haben also unsre weiland Schwester … mit einem heitren, einem nassen Aug … zur Eh genommen.» Dies mag auf den ersten Blick wenig mit Gebäudeunterhalt zu tun haben, passt aber neben technischen Aspekten sehr gut in die Welt der Emotionen im Zusammenhang mit selbstbewohntem Wohneigentum. Dies zeigt das folgende Erlebnis meines jungen Nachbarpärchens.
Freude aufs Eigenheim
Vor ungefähr einem Jahr konnten meine heutigen Nachbarn das zum Verkauf angebotene Einfamilienhaus, das baugleich mit meinem Haus und daran angebaut, 1964 erstellt wurde, übernehmen. Da ich die Gebäude und die vorherigen Eigentümer seit meiner Kindheit kenne, weiss ich, dass diese den Gebäudeunterhalt immer miteinander absprachen und in etwa die gleichen Unterhaltszyklen verfolgten. Das neu eingezogene junge Paar, beide beruflich sehr engagiert und noch im vollen Aufbau ihres gemeinsamen Lebens, entschied sich, seinen Bedürfnissen entsprechend und nicht zuletzt auch aus finanziellen Überlegungen vor seinem Einzug nur das Nötigste an Gebäudeanpassungen zu tätigen. Im Vordergrund standen vor allem der Ersatz bestehender Teppichbodenbeläge und Malerarbeiten, zumal das Haus ja permanent bewohnt war und keinerlei Mängel offensichtlich waren.
Mit viel Herzblut und handwerklichem Geschick übernahmen die beiden eigenhändig Malerarbeiten in den Innenräumen und verlegten hochwertigen Eichen-Parkett sowie ein optisch sehr ansprechendes dunkles, einfarbiges Linoleum. Im eingeschossig angebauten Gebäudeteil liessen sie aufgrund einer Leckage das Flachdach professionell sanieren. Nach vielen intensiven Arbeitsstunden schien ihr Vorhaben endlich im Trockenen zu sein und dem entspannten Wohnen nach den eigenen Vorstellungen nichts mehr im Wege zu stehen.
Leben heisst Veränderung
Zur Erholung von den Umbaustrapazen beschlossen die beiden, sich mit einem verlängerten Wellness-Wochenende zu verwöhnen. Als sie nach drei Tagen abends wieder nach Hause kamen, schien die Gartenbeleuchtung nicht zu funktionieren. Und als sie die Haustür öffneten, war der Boden im Eingang feucht und plätscherndes Wasser war zu hören. Je weiter sie vorsichtig ins Haus eintraten, desto mehr erkannten sie das wahre Ausmass der unschönen Überraschung: Das ganze Erdgeschoss war nass, und Wasser lief über den Treppenabgang ins Kellergeschoss, wo es sich knöcheltief staute und es von der Kellerdecke wie im tropischen Regenwald analog einer Regendusche flächendeckend tropfte. Durch den entstandenen Kurzschluss war auch keinerlei Strom, Heizung und Warmwasser mehr verfügbar. Der Pikett-Dienst des Sanitärs empfahl, nach Möglichkeit die Hauptwasserleitung auszuschalten, und gleichzeitig auch einen Elektriker zuzuziehen, zumal die Auswirkungen des Kurzschlusses und die damit verbundene Gefahr eines Stromschlages noch ungeklärt waren.
Die Ursache der Überschwemmung war vom Fachmann schnell gefunden: Der Panzerschlauch des Wasserhahns der Küchenspüle war altershalber gerissen. Einzig das Obergeschoss des Einfamilienhauses blieb vom Ausmass des Wasserschadens, der das Gebäude praktisch unbewohnbar machte, verschont. Umgehend musste ein Schadensexperte der Gebäudeversicherung organisiert werden, um die Schäden zu bewerten und zu beziffern. Fast alle Baugewerke mussten aufgeboten werden, um die Instandstellungsarbeiten, die sich über Monate erstreckten, zu offerieren und umzusetzen. Der grösste Feind von Gebäuden ist, neben Feuer, das lebensnotwendige Element Wasser, wie dieses Beispiel eindrücklich zeigt. Eine kleine Leckage hat durch den Wasserdruck Instandstellungsarbeiten mit einer sechsstelligen Schadensumme ausgelöst.
Emotionaler und finanzieller Schaden
Die Koordination der verschiedenen Gewerke (Elektriker, Sanitär, Heizungstechniker, Bodenleger, Schreiner, Maler und Gipser) war sehr zeitintensiv, besonders weil jeder Handwerker Zugang zum Gebäude brauchte, für die Betroffenen das Haus aber nicht mehr bewohnbar war. Ein Grossteil des Hab und Guts musste verpackt und für gut zwei Monate ohne Zugriff in einem Lagerhaus eingelagert werden. Zu spät merkten die Betroffenen, dass sie in der Notsituation Kleider eingelagert hatten, die sie bei sinkenden Temperaturen in einigen Wochen gut hätten gebrauchen können.
Im Kanton Zürich ist ein solcher Wasserschaden nicht durch die obligatorische kantonale Gebäudeversicherung gedeckt, insbesondere, da es sich nicht um einen Elementarschaden handelt. Zum Glück kann das Paar auf eine privat abgeschlossene Zusatzversicherung zurückgreifen, welche die Instandstellungskosten nach vorherigem Ausbaustandard deckt. Allein die Stromkosten für die Bauaustrocknung beliefen sich auf über 1000 Franken. Darüber hinaus schmerzt es natürlich, zusehen zu müssen, wie selbst verlegte Böden herausgerissen und selbst gemalte Wände abgeschlagen werden müssen.
Da bis zum Zeitpunkt des Ersatzes der Stromleitungen lange gar kein und später lediglich provisorisch Strom vorhanden war, musste das Pärchen zwischenzeitlich bei Freunden, im Hotel und in einer Ferienwohnung Unterschlupf finden, trotzdem aber im Berufsalltag funktionieren. Einziger Trost bleibt, dass im Zusammenhang mit der Schadensbehebung – ganz im Sinne des lachenden Auges – weitere strukturelle Anpassungen wie das räumliche Öffnen der Küche vorgenommen werden konnten, so dass zumindest ein kleiner Mehrwert aus der sonst sehr unangenehmen Situation entstand. Dies jedoch natürlich auf eigene Kosten.
Vorbeugende Massnahmen
Mein Grossvater gehörte noch einer Generation an, die sich Ferien nur punktuell leisten konnten. Wenn er einmal verreiste, stellte er aus Sicherheitsgründen jeweils Strom und Wasser vor der Abreise ab. Dies macht bei längerer Abwesenheit sicher Sinn, aber wer schliesst schon die Hauptwasserleitung aufgrund einer dreitägigen Abwesenheit? Neben der Empfehlung, Wasser und Strom wo möglich bei Abwesenheiten zu unterbrechen, gibt es mittlerweile auch gute Möglichkeiten,Wasserleitungen lokal zu überwachen. Entsprechende kleine Melder werden hierzu unter kritische Anschlussstellen gestellt und geben bei Leckage entweder ein akustisches Signal, das bei Abwesenheit aber keine Hilfe ist, oder senden eine Nachricht auf eine App oder per Mail, sofern Internetzugang besteht.
Zudem gibt es auch erprobte Messgeräte, die direkt an den Hauptwasseranschluss angeschlossen werden können oder im Falle von installierten Wasserenthärtungsanlagen integriert sind. Diese melden aussergewöhnlichen, konstanten Wasserdurchfluss, um auf eine mögliche Leckage hinzuweisen. Es lohnt sich vor allem auch für Eigentümer älterer Bestandesbauten, über entsprechende Massnahmen und deren individuellen Nutzen nachzudenken, um unangenehmen und meist sehr kostspieligen Überraschungen vorzubeugen. Auch Panzerschläuche, die unendliche Haltbarkeit suggerieren, sollten alle zehn Jahre ersetzt oder zumindest überprüft werden.
Mit wenig Aufwand kann so viel Ärger und Geld gespart werden. Hätte ich als Nachbar rechtzeitig etwas vom Schaden mitbekommen, hätte ich theoretisch früher reagieren und den Schaden vielleicht begrenzen können, hätte aber gleichwohl keinen Zugang zum Haus gehabt. Es kann also bei Abwesenheit sehr dienlich sein, unter einem gutnachbarschaftlichen Verhältnis einen Hausschlüssel für den Notfall zu hinterlassen. Wie heisst es doch so schön: Im Nachhinein ist man immer klüger … Ganz generell gilt für die Gebäudetechnik dasselbe, wie für unsere Gesundheit: Vorbeugen ist besser als heilen!









