Inneneinrichtung

Lust auf Muster

Tapeten Mit Tapeten lassen sich Räume schnell verschönern; manchmal reicht eine tapezierte Wand, um einem Raum eine vollkommen neue Wirkung zu verleihen. Die Auswahl an Mustern reicht vom paradiesischen Garten bis zur starken Betonoptik.

von Andrea Eschbach

Journalistin, Zürich

Tapeten, die Naturmuster und -farben zeigen, erfreuen sich grosser Beliebtheit. Dies ist nicht weiter verwunderlich – während so mancher Tapetentrend auch wieder vorübergeht, sind der Natur entlehnte Motive zeitlos. Sie laden zum Träumen ein und verleiten – zumindest in Gedanken – dazu, ins Grüne abzutauchen und zur Ruhe zu kommen.

Ein zeitloser Klassiker sind Blumentapeten. Sie sorgen für ein natürliches und fröhliches Ambiente, das jeden Raum erstrahlen lässt. Leuchtendrote Blüten zieren die Tapete «Okinawa» des italienischen Labels Spaghetti Wall. Inspiriert vom Herbst und seinen warmen, erdigen Farbtönen präsentiert der St. Galler Hersteller Christian Fischbacher in dieser Saison eine Auswahl edler Dessins, welche die Pracht dieser Jahreszeit widerspiegeln. «Die Natur inspiriert uns immer wieder von Neuem. Jede Jahreszeit hat ihre eigenen Muster und Texturen, die wir einfangen und in neue Dessins übersetzen», sagt Kreativdirektorin Camilla Fischbacher. Bei der eleganten Tapete «Dorato» ranken sich Blätter in herbstlichen Farben auf goldfarbenem Grund. Eine Besonderheit der Vinyltapete ist die Möglichkeit der individuellen Massanfertigung dank Digitaldruckverfahrens. So lassen sich die Tapeten perfekt an die Räume anpassen, sei es für ein nahtloses Gesamtbild oder als Akzentwände.

Greenery oder Japandi für die Wand

Der deutsche Hersteller A.S. Création lässt bei der Tapete «Famous Garden» Farne über die Wand wachsen. Eine ganz verträumte Atmosphäre erweckt der italienische Hersteller Misha mit dem Entwurf «Paradiso». Designer Vito Nesta liess sich von pompejanischen Fresken inspirieren und entwarf ein ornamentales Design, in dem die Natur wuchert und gedeiht. Üppiger ist der anhaltende «Urban Jungle Trend»: Tropische Palmwedel, Bananenblätter, Blumen oder exotische Vogelarten verwandeln ein Wohnzimmer schnell in einen Ort der Sehnsucht. Der italienische Hersteller Carlucci beispielsweise zeigt in der Tapete «Hidden Paradise» eine detailreiche Vogelszenerie. Die Vögel, deren prachtvolles, buntes Gefieder vor dem fein gezeichneten Blattwerk leuchtet, sitzen auf zarten Ringen.

Sehr dezent ist dagegen der hoch aktuelle Japandi-Stil, der nordische Gemütlichkeit mit japanischer Klarheit paart. Der italienische Hersteller Glamora liess sich dabei von Giacomo Puccinis Oper «Madame Butterfly» inspirieren. Die gleichnamige Kollektion umfasst fünf Dessins, allesamt geprägt von einer feinen, goldfarbenen Linie. Die Oberflächen erinnern an die Weichheit von Samt, die Porosität von Kork oder an die Unregelmässigkeit von Papier. Die Farbpalette umfasst Grau-, Rosa-, Elfenbein- und Cremetöne.

Betonoptik und Retro-Chic

Kein Trend ohne Gegentrend: «Lookalikes»-Motive imitieren Backstein, Beton oder Eisen. Die illusionistisch wirkenden Tapeten sorgen für einen modernen Look und eine kühle Atmosphäre. Industrie-Charme versprüht beispielsweise die Beton-Tapete aus der Kollektion «Factory V» des deutschen Herstellers Rasch. Bei Marburg wiederum kann man sich eine Wand in Mauer-Optik schaffen.

Tapeten mit geometrischen Mustern sind ebenfalls gerade angesagt. Diese Tapeten wirken sehr lebendig und können – geschickt eingesetzt – eine beispiellose Raumwirkung erzielen. Mit geometrischen Mustern lassen sich etwa Nachteile wie niedrige Deckenhöhen, kleine Raumgrössen oder schlechte Lichtverhältnisse ausgleichen. Die Tapetenkollektion «Retro Chic» von A.S. Création besticht durch ihre Mustervielfalt und ihre kräftigen, lebendigen Farben. Von verspielten Blumenmustern im Stil der Swinging Sixties bis hin zu den geometrischen Formen der 1970er-Jahre bietet der Hersteller eine grosse Auswahl an Stilrichtungen für jeden Geschmack. Dabei sind die grafischen Muster der neuen Tapeten nicht so schrill wie ihre Vintage-Vorbilder. Auch bei den Farben geht es harmonischer zu als damals. Auf die Kombination Rosa mit Rot setzt Designerin Ludovica Misciattelli bei ihrem dynamischen Entwurf «Motus» (Spaghetti Wall).

Auch die Kunst dient immer wieder als Blaupause. Dazu sind die Farben mal dezent, mal kräftig – je nachdem, ob die Tapete Wohnzimmer, Schlafzimmer oder Flur zieren soll. Bei dem britischen Label Designers Guild etwa stand die künstlerische Strömung Fauvismus Pate: «Fleurs d’Artistes» ist eine fröhliche und sehr lebendige Kollektion mit temperamentvollen Pinselstrichen. Ein weiterer zarter Trend sind Aquarell-Tapeten. Die Tapete «Paysage Marin Sky» (ebenfalls von Designers Guild) ist so dramatisch wie stimmungsvoll – eine künstlerische Impression einer Küstenlandschaft, die mit abstrakten Aquarellwaschungen gestaltet wurde. Grossflächige Wandgemälde-Tapeten wie diese haben am meisten Ausdruckskraft, wenn sie ohne Bilder oder Accessoires im Raum wirken können.

«Wir passen die historischen Motive an zeitgenössische Einrichtungen an»

 

Der britische Hersteller Little Greene hat nach historischen Motiven für seine Tapetendesigns gesucht und diese an aktuelle Trends angepasst. Entstanden sind zeitgenössische Tapeten, die 200 Jahre Dekorationsgeschichte erzählen.

Seit Anfang 2018 arbeitet Little Greene mit dem National Trust, Europas grösster Denkmalschutzorganisation, zusammen. Das Resultat dieser Partnerschaft sind historische Tapetendesigns, die für die Gestaltung moderner Innenräume angepasst und farblich neu gestaltet wurden. Die neue Kollektion «National Trust III» des britischen Unternehmens repräsentiert mit acht Motiven in 45 Farben über 200 Jahre Dekorationsgeschichte. Die Kollektion umfasst Tapeten mit handgemalten Vögeln, stilisierten Blumen und verschlungenen Pfaden – alles unter Verwendung traditioneller Druckverfahren. Ruth Mottershead, Kreativdirektorin von Little Greene, berichtet, wie es zur Zusammenarbeit kam, und wieso sich historische Motive auch bestens in moderne Architektur einfügen.

Der Schweizerische Hauseigentümer: Sie haben die Tapetenkollektion «National Trust Papers III» lanciert. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit der Denkmalschutzorganisation?

Ruth Mottershead: Seit Anfang 2018 arbeitet Little Greene mit dem National Trust zusammen. Wir führten ein umfangreiches Farb-Forschungsprojekt in den altehrwürdigen Liegenschaften des National Trust in England, Wales und Nordirland durch, um die ursprünglichen Farben zu finden und die Geschichten der Menschen zu erzählen, die damals als erstes Freude an diesen Farben hatten.

Was ist das Ziel dieser Partnerschaft?

Sie ermöglicht es uns, unglaubliche Designs und Farben zu entdecken, die wir durch neue Tapeten- und Farbkollektionen zugänglich machen können. Der Erlös aus dem Verkauf jeder Tapetenrolle, jeder Farbdose kommt dabei der Erhaltungsarbeit des National Trust zugute. So können die historischen Häuser auch in den kommenden Jahren noch genutzt werden.

Welche historischen Häuser wurden für die neue Kollektion erforscht?

Die Tapeten der Kollektion «National Trust Papers III» repräsentieren über 200 Jahre Dekorationsgeschichte. Jedes Design wurde auf der Grundlage von Originalen aus drei historischen Häusern des National Trust erstellt, nämlich Oxburgh Hall und Felbrigg Hall in Norfolk sowie Newark Park in Gloucestershire.

Wie erfolgt die Auswahl der Druckmotive? Und wie transferieren Sie die historischen Motive in eine zeitgenössische Formensprache?

Die Motive, die wir in historischen Bauten finden, passen wir mit unserem Design-Team an zeitgenössische Einrichtungen an. Dazu beobachten wir genau aktuelle Trends und die Wünsche unserer Kundinnen und Kunden. Beispielsweise haben wir das Motiv der Tapete «Bird and Bluebell» ursprünglich auf einem gestreiften Hintergrund gefunden. Die Streifen haben wir entfernt und die Farben der einzelnen Elemente aufeinander abgestimmt. Das Original der Tapete «Poppy Trail» stammt aus dem späten 19. Jahrhundert. Für eine zeitgenössische Interpretation haben wir uns entschieden, sie in fünf kräftigen, tonalen Farben zu gestalten. Damit eignet sie sich bestens für den Trend des «Colour Drenching», bei dem ein einziger Farbton für alle Elemente verwendet wird – von Wänden über Sockelleisten bis hin zu Fensterrahmen, Türen und sogar Heizkörpern.

Der Trend geht auch zu farbintensiven Wandfarben. Wie setzt die neue Kollektion dies um?

Sie umfasst eine Auswahl von Designs wie «Hoja», «Poppy Trail» und «Dahlia Scroll», die in wunderschönen Farben wie «Air Force Blue», «Hellebore», «Giallo» und «Tea with Florence» neu eingefärbt wurden. Damit lässt sich dieser Trend mit Tapeten perfekt gestalten.

Haben Sie einen Tipp für Bauherrschaften, die bislang vor allem weisse Wände favorisierten?

Wer sich erst einmal vorsichtig an Farben herantasten möchte, kann dies gut im Flur ausprobieren. Der Flur ist ein lebendiger Raum, deshalb wirken dort auch intensive Farben harmonisch. Gleichzeitig halten wir uns meist kürzer im Flur auf, weshalb wir uns nicht so schnell an einem Muster oder Farbschema «sattsehen».

Das Interview führte Andrea Eschbach, Journalistin, Zürich