Holzmöbel

Arvenholz – edel in der Erscheinung, aufwendig in der Verarbeitung

Arvenmöbel oder -täferungen sind vor allem für Schlafzimmer beliebt, da ihrem Duft beruhigende Wirkung zugeschrieben wird. Wir haben uns im Engadin zeigen lassen, worauf es bei der Verarbeitung von Arve ankommt.

von Alexandra von Ascheraden

Journalistin

Die Arve gehört zur Gebirgslandschaft der Schweiz wie kein anderer Baum. Sie wächst in grossen Höhen bis hinauf zur Waldgrenze und übersteht eisige Winter. Wegen der extremen Bedingungen, die sie aushält, nimmt ihr Stammumfang nur sehr langsam zu. So dauert es sehr lange, bis sie schlagreif ist. Was heute gepflanzt wird, kann man frühestens in 200 Jahren ernten. In den grossen Höhen, in denen die Arve gedeiht, ist das Holzen aufwendig.

All das trägt dazu bei, dass Arvenholz nicht preisgünstig ist. Arvenstuben und Arventäferungen sind trotzdem beliebt, besonders im Engadin. Arvenmöbel sind wegen ihres speziellen, beruhigenden Dufts besonders im Schlafzimmer begehrt. Und selbst die Späne werden noch in Kissen gefüllt, um mit ihrem Geruch für tiefen Schlaf zu sorgen. Früher verwendete man die Arve gern für Mehltruhen und Schränke wegen ihrer antibakteriellen und insektenabstossenden Eigenschaften.

Zwei Schreinereien in Pontresina

Wir haben uns in Pontresina zwei Schreinereien angesehen, die häufig Arve verarbeiten. Schwab und Partner, die soeben fusioniert und einen Neubau am Ortsrand bezogen haben, und die Holzmanufaktur Rominger, deren Geschäft im Ortszentrum bereits in dritter Generation in Familienhand ist. Peter Alder, CEO der Schreinerei Schwab und Partner, berichtet: «Arvenstuben machen im Antikbereich etwa einen Drittel unseres Umsatzes aus. Teils bauen wir sie aus, passen sie sanft an und setzen sie wieder ein, etwa weil das Haus eine Innenisolation erhält. Teils restaurieren wir sie und versetzen sie in den Originalzustand zurück.» Dabei ist ihm wichtig, die Geschichte der Stube sichtbar zu machen. Wenn ein Boden mit Nagelschuhen begangen wurde, so dürfen Spuren erhalten bleiben.

Das Holz quillt und schwindetje nach Feuchte und Temperatur der Umgebung. Daher muss immer etwas Spiel einberechnet werden.

Projektleiter Corsin Keiser führt uns durch die Werkstatt von Schwab und Partner und zeigt die Möglichkeiten des Holzes auf. «Für den Aussenbereich darf es zwischen zwölf und fünfzehn Prozent Feuchte enthalten. Für den Innenausbau braucht es deutlich trockeneres Holz, das nur noch sechs bis acht Prozent Restfeuchte enthält. Das Holz quillt und schwindet je nach Feuchte und Temperatur der Umgebung. Daher muss immer etwas Spiel einberechnet werden. «Bei Holzkonstruktionen aus Massivholz arbeiten wir viel mit Rahmen und einer Füllung, sodass sich das Holz bewegen kann. So entsteht keine Spannung, wenn das Holz arbeitet», erläutert Keiser.

Pooldecks und Gartenbänke

Auch wenn man beim Stichwort Arve zuerst an Schlafzimmermöbel oder holzverkleidete Stuben denkt: Für Gartenbänke und Pooldecks ist sie, so findet man im Engadin, deutlich besser geeignet als die weithin übliche Lärche. «Lärchenholz ist spröder als Arvenholz und bildet daher eher Spreissel aus. Das ist bei Arve selten der Fall, zudem hat sie einen sehr niedrigen Harzanteil», erklärt Keiser. Er fährt fort: «Am besten verarbeitet man Arvenholz für den Aussenbereich gehobelt und naturbelassen. Es graut wunderbar aus. Beim Hobeln wird die Oberfläche mit dem Messer abgeschabt und dabei geschlossen. Beim Schleifen dagegen wird sie aufgerissen, so kann Wasser eindringen.» Das sei oft erklärungsbedürftig. Was zähle, sei, dass die Kunden auf lange Sicht stets zufrieden seien mit dem Ergebnis.

Im Innenausbau ist es üblich, keine Oberflächenbehandlung mit Lacken oder Ölen durchzuführen. Nur auf ausdrücklichen Kundenwunsch hin wird gebeizt. «Wir ölen nur stark beanspruchte Oberflächen wie Türen oder Tischblätter. In den meisten Fällen kommt ein farbloses Öl mit UV-Schutz zum Einsatz. Es verlangsamt das Nachdunkeln des Holzes», führt Keiser aus.

Grundsätzlich arbeiten Schreinereien bei Arve bevorzugt mit Massivholz. Manchmal ist das jedoch technisch nicht möglich. Dann wird nach Möglichkeit nur mit Furnier gearbeitet. «Furnier und Massivholz sind bei der Arve kaum mischbar. Das Furnier kommt meist aus Österreich. Die Stämme dort sind anders als unsere. Ihr Holz ist rötlicher, die Äste grösser. Das sieht man einfach», sagt Mathias Rominger, der sein gleichnamiges Familienunternehmen bereits in der dritten Generation in Pontresina führt.

Splintanteil nicht verwendbar

Wie bei Schwab und Partner wird der Splintanteil des Holzes auch bei Rominger nicht mitverarbeitet, was für hohen Verschnitt sorgt. Splint meint das deutlich hellere Holz im Aussenbereich des Baumes, das bei hochwertiger Verarbeitung nicht mitverwendet wird. Rominger: «Splint ist weicher und anfälliger für Schädlinge. Bei der Verarbeitung von Arvenholz müssen wir teils die Hälfte wegwerfen, wenn das Holz viel Splint enthält.» Das hat auch optische Gründe: «Während die Arve etwas nachdunkelt, bleibt der Splint weiss. Dann sieht die Wandvertäfelung nach einiger Zeit aus wie ein angenageltes Zebra», führt er aus.

Auch in der weiteren Verarbeitung fällt mehr Verschnitt an als bei allen anderen Holzarten. Die Arve ist sehr astlastig. Rominger: «Bei hochwertiger Verarbeitung achten die Schreiner beim Verleimen darauf, dass die Äste im Brett so weit wie möglich im Ganzen erhalten bleiben und nicht durchtrennt werden, da sie sonst herausfallen würden.» Das erhöht den Verschnitt. Das Schwarze um die Äste herum wird bei Bedarf etwas ausgenommen und mit braunem Kitt ersetzt, um ein Herausbröckeln zu verhindern.

Wandvertäfelung und Arvenstuben

Und was ist mit den berühmten Wandvertäfelungen und Engadiner Arvenstuben? Die produzieren beide Schreinereien nach Kundenwunsch ganz individuell. Corsin Keiser fertigt laufend gut einen Quadratmeter grosse Muster, um die verschiedenen Profile und Gestaltungsmöglichkeiten zu zeigen. Bei Rominger stehen zur Inspiration von der modernen Wandvertäfelung bis zu älteren Arvenstuben eine Menge Varianten in Originalgrösse im Ausstellungsraum bereit.

«Traditionelle Arvenstuben wollen die Leute gestemmt und mit etwas Schnitzerei», erzählt Rominger. Beispiele hat er in seinem Showroom genug. Bei Wandvertäfelungen jedoch sind häufig modernere, leichte Varianten gefragt, wie er berichtet: «Wir machen nur noch selten die klassische in sich geschlossene Kiste, die den ganzen Raum füllt. Gewisse Wandflächen bleiben heute ausgespart, so wirkt das Ganze nicht drückend.»

Wanderung zur ältesten Arve

Muottas da Schlarigna: Eine dreistündige Wanderung zu einer der ältesten Arven der Schweiz führt vom Bahnhof Pontresina über 560 Höhenmeter durch den duftenden Arven- und Lärchenwald auf das Plateau des Muottas da Schlarigna (2305 m ü.M.). Die uralten Bäume und ihre kauzigen Wuchsformen machen den Aufstieg zum Vergnügen. Er wird durch die Aussicht vom Plateau der Alp Staz gekrönt. Bei der Wegverzweigung Richtung Alp Staz aufmerksam sein. Hier befindet sich in der Nähe der Bank eine mehr als tausendjährige Arve. Wie alt genau sie ist, lässt sich nicht sagen, da sie innen Rotfäule und somit keine Jahrringe mehr hat, wie ein Schild daneben ausführlich erklärt. Der Weg endet in St. Moritz. schweizmobil.ch/de/wanderland/route-804

Wandern auf dem Arvenweg

Wer gern rätselt, joggt oder den Arvenwald für Yogaübungen entdecken will, dem sei der Arvenweg empfohlen (Handy nicht vergessen!). Der kinderwagentaugliche Weg startet ebenfalls am Bahnhof Pontresina. Man kann entweder in einer Art Schnitzeljagd versteckte Tiere aus Arvenholz suchen und deren QR-Codes für mehr Informationen scannen, den Weg mit passenden Yogaübungen geniessen oder ihm als Explore-Trail folgen und unterwegs per Handy automatisch Informationen zur Arve an den passenden Punkten erhalten. Ein Schild zu Beginn des Arvenweges erklärt die verschiedenen Optionen und hält die nötigen QR-Codes für den Einstieg bereit. rominger.ch/arvenweg/