Der Jagdinstinkt ist Katzen angeboren. Bei manchen ist er stark ausgeprägt, bei anderen weniger. Und dann gibt es noch Katzen, die gar keinen Sinn für die Jagd zu haben scheinen. Tatsache ist, dass für die meisten unserer Freigänger-Katzen die Jagd zum Alltag gehört und diese, dank der ausgesprochen grossen Geduld der Miezen, oft zum Erfolg führt. So gehören neben Mäusen, Insekten, Reptilien und Amphibien auch viele Vogelarten zu den Opfern von Katzen.
Sind Hauskatzen schuld am Rückgang der Vogelpopulation?
Katzen und Vögel – ein Thema, das oft zu heftigen Diskussionen bis hin zu wüsten Beschimpfungen führt zwischen Katzenfreunden, denen die Freiheit ihrer Tiere über alles geht, und Menschen, die der Meinung sind, dass die Katzen für den Rückgang der Vogelpopulation verantwortlich sind.
Es gibt zahlreiche Studien zum Beuteverhalten unserer Hauskatze, aber keine nennt die Katze als Hauptfaktor für den Artenschwund in der Vogelwelt (Ausnahme: kleinere Inseln). Vielmehr sind menschgemachte Gründe die Ursache. Dabei nimmt der Verlust des Lebensraumes den Spitzenplatz ein. Vor allem in Feucht- und Landwirtschaftsgebieten besteht grosser Handlungsbedarf. Wo Dünger und Pestizide eingesetzt werden, gibt es kaum Blumen, die Insekten und damit auch Vögel ernähren können. Das Gras wächst so dicht, dass Vögel nicht mehr darin brüten können, und wenn Wiesen zu oft und zu früh gemäht werden, verhindert auch dies einen Bruterfolg. Feuchtgebiete wurden früher oft trockengelegt, und da, wo es sie noch gibt, werden brütende Vögel oft durch Badegäste oder freilaufende Hunde gestört.
Auch wenn unsere Gartenvögel in der Regel (noch) nicht bedroht sind, erschwert der ständige Rückschnitt von Hecken und Sträuchern, die Vögeln sichere Brutplätze bieten würden, das Leben der Piepmätze. Aber auch der permanente Lärm, neue Überbauungen, Pestizide und vieles mehr tragen dazu bei, dass manche Vogelart sich nicht mehr reproduzieren kann und damit die Vielfalt der Vogelwelt und auch die Anzahl Vögel rückläufig sind. Vögel wären bei optimalen Lebensbedingungen in Bezug auf Verstecke, Nahrung, Nistplätze und Klima durchaus in der Lage, auch grössere Verluste wettzumachen.
Auch wenn hauptsächlich der Mensch die Verantwortung für den Rückgang in der Vogelwelt trägt, lässt sich nicht abstreiten, dass Katzen, insbesondere in Siedlungsgebieten, zu den häufigsten Beutegreifern gehören. Dabei machen sie keinen Unterschied zwischen der Jagd auf Mäuse, zu deren Populationskontrolle die Katzen gerne beitragen sollen, und der weniger willkommenen Jagd auf andere Tiere. Da Katzen einen hohen Jagdaufwand vermeiden, konzentrieren sie sich meist auf Tiere, deren Bestände häufig vertreten sind oder auf kranke, verletzte und alte Tiere, die leichter zu fangen sind.
Den Katzen die Jagd auf Vögel erschweren
Trotzdem sollten Katzenhalter ihren Beitrag dazu leisten, die Situation für die Vögel zu verbessern, indem sie den Katzen die Vogeljagd bestmöglich erschweren oder sie sogar ganz unterbinden. Wenn man einige Ratschläge befolgt, verhindert man auf einfache Weise viele Opfer in der Vogelwelt, ohne die Katzen zu sehr einschränken zu müssen.
1. Sorgen Sie mit einer naturnahen Gartengestaltung für gute Versteck- und Nistmöglichkeiten. Dichte Hecken, Gebüsche und Biotope bieten sowohl Vögeln als auch anderen Kleintieren geschützte Lebensräume. Verzichten Sie auf das Schneiden von Büschen, Hecken und Bäumen spätestens ab Mitte März.
2. Sichern Sie Vogelnistplätze, Amphibien- und Reptilienstandorte vor Katzen, indem Sie den Zugang dazu erschweren, zum Beispiel mit Maschendraht. Für Bäume empfehlen sich Manschetten aus Blech oder Plastik. Bitte verwenden Sie keinen Stacheldraht, da dieser die Katzen und andere Tiere verletzen kann.
3. Vogeltränken und Futterhäuschen sollten an übersichtlichen Standorten platziert werden, an die sich Katzen nicht unbemerkt anschleichen können.
4. Hängen Sie Nistkästen mindestens zwei Meter über Boden auf. Verwenden Sie Nistkästen mit steilen, glatten Dächern, auf denen die Katze keinen Halt findet.
5. Prüfen Sie, ob der Jagderfolg ihrer Katze nachlässt, wenn sie draussen einen farbigen Kragen oder ein Glöckchen (am Sicherheitshalsband) trägt.
6. Lassen Sie Ihre Katze kastrieren. Kastrierte Tiere haben ein kleineres Revier.
7. Spielen Sie öfters mit Ihrer Katze. Katzen, die sich beim Spielen ausgepowert haben, haben weniger Lust, ihre Instinkte auch noch draussen zu befriedigen.
8. Füttern Sie die Vögel grosszügig mit gutem Futter! So paradox es klingen mag, aber zahlreiche Beobachtungen sprechen dafür, dass je mehr Vögel an einer Futterstelle essen, desto weniger werden sie Opfer von Katzen. Die Vögel scheinen sich gegenseitig zu warnen, sie brauchen weniger Energie für die Futtersuche und sind dadurch aufmerksamer. Und für Katzen sind Schwärme von Vögeln weniger attraktiv als ein einzelnes Exemplar, weil sie sich weniger auf Einzeltiere fokussieren können.
9. Erteilen Sie Ihren Katzen ein paar Tage Hausarrest, wenn in der Umgebung Jungvögel flügge werden.
Insbesondere den letzten Punkt wollen viele Katzenfreunde leider nicht umsetzen. Aber gerade zur Brutzeit im Frühjahr sind vor allem junge, noch flugunfähige bzw. aus dem Nest gefallene Vögel besonders gefährdet. Wenn von Mai bis Juni warnende Vogeleltern und flügge gewordene Jungvögel beobachtet werden, sollte man den Katzen für drei bis vier Tage den Freigang streichen. Was mancher Katzenhalter als unzumutbar für seine Katze (oder vielmehr für sich selbst?) empfindet, rettet auf einfache Weise zahlreichen Vögeln das Leben und sichert ihnen einen guten Start ins Leben. Katzen sind die einzigen Haustiere, die unkontrolliert herumstreunen dürfen. Ein Privileg, das von vielen Seiten immer wieder in Frage gestellt wird. Jeder Katzenhalter hat es in der Hand, mit einfachen Massnahmen zur Entschärfung solcher Diskussionen beizutragen, um so allen Tieren eine gute Lebensweise zu gewähren.
Was tun, wenn die Katze einen Vogel fängt?
Bringt Ihre Katze trotzdem einen noch lebenden Vogel nach Hause, müssen Sie schnell handeln. Selbst ein äusserlich unverletzt scheinender Vogel gehört nach der unerfreulichen Begegnung mit einer Mieze unbedingt in Fachhände. Krallen und Zähne können innert kurzer Zeit zu einer tödlichen Infektion führen, und der vermeintlich gesunde Vogel stirbt ohne entsprechende Behandlung nach nur wenigen Tagen. Packen Sie den Vogel vorsichtig in eine Kartonschachtel (Luftlöcher nicht vergessen!) und bringen Sie ihn unverzüglich in die nächste Vogelstation oder zum Tierarzt.
Die Katze lässt zwar das Jagen nicht. Mit ein wenig gutem Willen können Sie aber potenzielle Opfer auf einfache Art und Weise schützen.