Ratgeber Tiere

Kaninchen mögen Interaktionen mit Menschen nur bedingt

Kuscheln mit Menschen mögen Kaninchen nicht. Viel lieber hoppeln sie durch die Gegend, machen Männchen, springen hoch und buddeln Löcher. Was eine artgerechte Tierhaltung bei den Langohren ausmacht, erfahren Sie hier.

von Esther Geisser

Präsidentin Network for Animal Protection

Kaninchen sind beliebte Haustiere. Fälschlicherweise gelten sie als pflegeleicht und anspruchslos und werden deshalb gerne als Streicheltiere für Kinder gekauft. Doch als Fluchttiere mögen Kaninchen es nicht, zu kuscheln. Generell mögen sie Interaktionen mit Menschen nur bedingt.

Überdies fristen sehr viele Kaninchen ein tristes Dasein in einem viel zu engen Käfig irgendwo in einer Zimmerecke. Um Kaninchen artgerecht zu halten, muss man sich mit ihren Bedürfnissen auseinandersetzen. Die Tiere brauchen viel Platz. Sie passen zu Menschen, die gerne Zeit in die Beobachtung der Langohren investieren möchten. Dabei ist zu beachten, dass Kaninchen dämmerungsaktiv sind und deshalb vor allem in den frühen Morgen- und späten Abendstunden aktiv sind. Als Kaninchenbesitzer sollte es einem Spass machen, den Lebensraum der Tiere spannend gestalten zu wollen. Man sollte auch bereit sein, für die nächsten 6 bis 12 Jahre die Verantwortung für sie zu übernehmen.

Nie alleine halten

Kaninchen haben grundlegende Bedürfnisse, die erfüllt sein müssen, um ihnen ein glückliches und gesundes Leben zu ermöglichen. Da Kaninchen sehr soziale Tiere sind, sollte man sie unter keinen Umständen allein halten. Ein zweites Kaninchen ist ein absolutes Muss. Artgerecht aber wird die Kaninchenhaltung erst dann, wenn mindestens drei Tiere zusammenleben. Bei der Vergesellschaftung spielt nicht die Rasse, sondern der Charakter der Tiere eine Rolle. Am einfachsten harmonieren kastrierte Kaninchenböcke oder gegengeschlechtliche Kaninchen, die idealerweise im gleichen Alter sind. Junge Kaninchen brauchen ein gleichaltriges Kaninchen zum Spielen, damit ihnen eine altersgerechte Entwicklung ermöglicht wird. Böcke sollten kastriert werden, bevor sie vergesellschaftet werden. Aber Achtung: Sie bleiben nach der Kastration noch eine Weile zeugungsfähig. Auch Weibchen können kastriert werden. Die Kastration bietet viele Vorteile, aber auch ein paar Risiken, weshalb man den Eingriff mit einem spezialisierten Tierarzt besprechen sollte.

Und übrigens: Tierheime und Auffangstationen sind voll mit Kaninchen. Deshalb gilt auch hier: Adoption vor Kauf. Ein Tierheim oder eine Auffangstation bietet eine umfassende Beratung, man kennt die Tiere und achtet darauf, dass sie untereinander harmonieren.

Ein Gehege für viel Bewegung ist ein Muss

Kaninchen haben einen starken Bewegungsdrang. Sie möchten rennen, Männchen machen und hochspringen, Haken schlagen und buddeln. Handelsübliche Käfige sind deshalb für die Haltung nicht geeignet. Das Kaninchengehege sollte ausreichend Platz bieten, damit die Kaninchen sich tiergerecht ausleben können. Drei Quadratmeter Fläche pro Kaninchen sind das Minimum, auch nachts, falls man ein Tages- und Nachtgehege hat. Generell gilt: Je grösser, desto besser! Ein Gehege sollte zudem abwechslungsreich gestaltet werden und verschiedene Ebenen bieten. Es kann aus einem Innen- oder Aussenbereich bestehen, oder beides kombinieren. Ist das Gehege auch für den Menschen begehbar, erleichtert das die Reinigung und sorgt für mehr Interaktion mit den Haustieren.

Die Jahreszeiten müssen auch mitberücksichtigt werden. Beispielsweise muss im Sommer für kühle Schattenplätze gesorgt sein und gezielt Sommerfutter verfüttert werden. Auch sollten die Tiere regelmässig auf Fliegenmadenbefall kontrolliert werden. Im Winter dagegen braucht es isolierte Schlafhäuschen, trockene Plätze im Auslauf, Nagematerial aus dem Wald, lauwarmes Wasser bzw. beheizte Tränken und Winterfutter.

Als Untergrund im Gehege werden am besten Erde oder Sand benutzt. Eine angesäte Wiese macht zwar Freude, währt allerdings nicht lange, da sie schnell abgefressen sein wird. Und darunter sollte ein fester Untergrund bestehen, wie beispielsweise Beton, um der Gefahr des Durchbuddelns bzw. des Hindurchgrabens vorzubeugen. Das Gehege muss sowohl ausbruchs- als auch einbruchsicher sein, da Füchse und Marder sich von einem ein-fachen Gitter nicht abhalten lassen. Für eine artgerechte Aussenhaltung muss das Gehege deshalb mindestens 0,5 bis 1 Meter in den Boden einge-graben sein.

Bei einer Aussenhaltung muss zudem sichergestellt werden, dass die Kaninchen genügend Schutz vor Witterung und Raubtieren wie beispielsweise Mardern, Raubvögeln etc. haben. Dafür muss das Gehege zwingend seitlich und von oben geschlossen sein, und das mit einer Maschengrösse von maximal vier Zentimetern. Und was im Gehege keinesfalls fehlen darf, sind Spielzeuge. Denn Kaninchen sind aktive und neugierige Tiere, die viel Stimulation brauchen.

Innen- vs. Aussenraum

Die ganzjährige Aussenhaltung gilt als die tiergerechteste Haltung für Kaninchen. Sie ist zwar sehr anspruchsvoll, lohnt sich aber, wenn man den Haustieren das Beste bieten möchte. Die Angewöhnung an die Aussenhaltung sollte immer im Frühjahr erfolgen. Möchte man Kaninchen dennoch in der Wohnung halten, muss man dafür sorgen, dass sie ihre natürlichen Bedürfnisse ausleben können und immer genügend Auslauf haben. Am besten ist es, ein separates Zimmer für die Kaninchen herzurichten und die Tiere unter Aufsicht die ganze Wohnung benutzen zu lassen. Kaninchen können stubenrein werden, dafür brauchen sie aber sehr grosse Wannen mit tiefem Rand, in die sie leicht reinhüpfen können. Diese sollten in allen Ecken der Räume stehen. Trainingsanleitungen gibt es in Kaninchen-Ratgebern oder im Internet.

Kaninchen wollen sich verstecken

Kaninchen sind Fluchttiere und wollen sich instinktiv in sichere Verstecke zurückziehen. Deshalb sind im Gehege verschiedene Versteckmöglichkeiten einzurichten, wie zum Beispiel Häuschen, Tunnel, Höhlen oder umgedrehte Körbe. Diese Rückzugsorte ermöglichen es den Kaninchen, sich sicher zu fühlen und sich vor potenziellen Gefahren zu verstecken. Häuschen sollten immer zwei Ein- bzw. Ausgänge haben, sonst kann es zu Beissereien kommen, wenn ein Kaninchen nicht mehr flüchten kann.

Das ideale Futter

Die Ernährung von Kaninchen sollte aus hochwertigem Heu, frischem Gemüse und einer begrenzten Menge an hochwertigem Kaninchenfutter bestehen. Geben Sie den Kaninchen täglich frisches Wasser in geeigneten Trinknäpfen, und achten Sie darauf, dass die Nahrungsaufnahme den Bedürfnissen und der Bewegung der Tiere entspricht (Gewichtskontrolle). Die Beschaffung von Wiesenkräutern, bestimmten Gehölzen, Zweigen und Blättern ist zeitaufwendig, gehört aber zu einer tiergerechten Kaninchenhaltung. Aber aufgepasst: giftige Pflanzen, scharfe Gegenstände oder Haushaltschemikalien können auch zur Gefahr werden.

Das Platzieren mehrerer Futter- und Wassernäpfe an verschiedenen Stellen im Kaninchengehege ermöglicht es den Kaninchen, einen einfachen Zugang zu Nahrung und Wasser zu finden. Dabei sind schwere Näpfe zu verwenden, die nicht umkippen.

Krankheit und Prävention

Jedes Kaninchen kann krank werden. Kaninchen leiden sehr still. Sie verstecken ihre Krankheit so lange wie möglich, weil sie in der Natur als Beutetiere nicht auffallen dürfen. Um Krankheiten frühzeitig zu erkennen, ist es deshalb wichtig, die Kaninchen täglich zu beobachten. Je besser man die Tiere kennt, desto schneller fallen Verhaltensabweichungen auf, und man kann den Tierarzt frühzeitig konsultieren. Neben der täglichen Kontrolle des Gesundheitszustandes sollte man die Tiere auch impfen lassen und sie vor Parasiten schützen.

Ebenfalls ist eine gute Hygiene im Kaninchengehege wichtig, um die Gesundheit der Kaninchen zu gewährleisten. Entsprechend muss das Gehege regelmässig gereinigt und verschmutzte Einstreu entfernt werden. Auch die Futter- und Wasserbehälter sind täglich zu reinigen.

Einen Kauf gut überlegen

Eine artgerechte Haltung von Kaninchen erfordert Wissen, Engagement, Zeit und Geld. Vor einer Anschaffung ist es unerlässlich, sich gründlich zu informieren und eine überlegte Entscheidung zu treffen, um den Tieren ein glückliches und gesundes Kaninchenleben zu bieten.