Smart Living

Wie kann vernetztes Wohnen den Alltag erleichtern?

Smarthome-Systeme werden von immer mehr Menschen genutzt. Neben dem Überwachen des Energieverbrauchs in Echtzeit bietet intelligentes Wohnen zahlreiche weitere Möglichkeiten. Worauf ist bei der Wahl einer Smart-Living-Lösung zu achten?

von Stefan Aeschi

Dipl. Architekt ETH/SIA, DAS Wirtschaft FH, Experte Bau- und Energietechnik beim HEV Schweiz

Ob im Neubau oder in einer älteren Bestandesliegenschaft – das personalisierte, intelligente Wohnerlebnis boomt. In einem Smarthome sorgen verschiedene technische Hilfsmittel – mittels Sensoren, gesteuerten Motoren und Kameras – durch Automatisation und Vernetzung für mehr Annehmlichkeiten und Effizienz. Neben der zentralen digitalen Haussteuerung lassen sich auch zeitliche Abläufe nach Bedarf einrichten. Die meisten Smarthome-Systeme werden über eine App via Smartphone, Tablet oder PC einfach und intuitiv gesteuert. Alternativ funktionieren sie über Sprachassistenten. Technisch sind einem fast keine Grenzen gesetzt. Ob für Licht, Beschattung, Türen und Fenster sowie für Heizung oder Haushaltsgeräte – beim smarten Wohnen geht es eigentlich immer um Komfort, Energiesparen und Sicherheit. Wenn beispielsweise die Heimkinoanlage eingeschaltet wird, verdunkeln die Fensterstoren automatisch den Raum (Komfort). Oder durch einen Fingertipp beim Verlassen des Gebäudes schalten sich alle elektrischen Geräte aus (Energiesparen).

Zentrale Steuerung als Kern

Smart Living basiert auf digitaler Technologie, die auf die Vernetzung intelligenter Geräte und deren Funktionen zurückgreift, um vielfältige Anwendungen und Dienstleistungen bereitzustellen. Smart Living ist also weitaus mehr als einfach ein intelligentes Haus. Um smart zu wohnen, benötigen die Bewohner eine zentrale Steuerung von Raumtemperatur, Lüftung, Beschattung, Beleuchtung, Zugangssystemen bis hin zu multimedialen Geräten und Videotelefonen. Der Energieverbrauch kann damit in Echtzeit oder im Verlauf überwacht und optimiert werden. Eigenheimbesitzer können die intelligenten Systeme und deren Komponenten auf ihre Bedürfnisse und Vorlieben abstimmen. Zudem lässt sich die Stromproduktion der eigenen PV-Anlage oder ein E-Auto ins Smarthome-System integrieren.

Bei Mehrfamilienhäusern ist das Potenzial noch grösser. Immobilienverwaltungen können smarte Systeme auch als Kommunikationsplattform nutzen. Neben dem Austausch von Informationen und Daten für Mieter und Stockwerkeigentümer werden auch Bedienungsanleitungen zentral bereitgestellt. Ausserdem ist der zentrale Zugriff auf Verbrauchsdaten für Energieablesungen dank einer Integration des Energie- und Gebäudemanagementsystems in eine Cloud-Lösung möglich.

Das Fernziel von smarten Gebäudesystemen geht aber über die Intelligenz einzelner Wohnungen und Gebäude hinaus, hin zum Prinzip der «intelligenten Stadt». Eine solche gewährleistet im Hinblick auf die regionale und nationale Sicherstellung der Energieversorgung, dass Systeme durchgängig verbunden und abrufbar sind.

Wahl des passenden Gebäudeautomationssystems

Häuser selbst sind nicht intelligent und können auch nicht mitdenken. Sie reagieren auf Befehle. Das riesige Angebot an Smarthome-Lösungen macht es selbst für Fachleute schwierig, den Überblick zu behalten. Viele Gerätehersteller bieten für ihre Produkte eigene Standards an, was eine zukunftsfähige Auswahl fast verunmöglicht. Die richtige Systemwahl ist deshalb zentral. Zu den wichtigsten Faktoren gehört ein möglichst offener Standard, der eine breite und herstellerunabhängige Abdeckung gewährleistet. Zudem sollte eine einfache Systemstruktur mit einem leicht zugänglichen Bedienkonzept mit Standardtasten gewählt werden. Die Verarbeitung von Energiedaten sollte möglich sein. Und nicht zu unterschätzen: Das System sollte ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis aufweisen. Es ist ratsam, in einem Masterplan die Standards, Übertragungswege und Systeme den zu steuernden Funktionen zuzuordnen. Weil die Befehle von der Zentraleinheit kommen, ist der Kommunikationsstandard in Abhängigkeit des Gebäudestatus wichtig: Bei Neubauten wird hierzu eine Glasfaser-Verkabelung bereits im Rohbau eingeplant, während in älteren Häusern die Kommunikation eher auf Funk, WLAN oder Bluetooth beruht. Zur Aufrüstung älterer Gebäude eignen sich auch Digitalstrom und Power Line als Standards mit einer Datenübertragung über das Stromnetz. Arbeiten sehr viele Geräte im gleichen Netzwerk, sind drahtlose Netzwerke schnell überlastet. In der Installation aufwendigere, kabelgebundene Systeme sind weniger anfällig.

Nachfolgend werden verschiedene Anwendungsbeispiele von Smart Living aufgezeigt:

1 Intelligentes Licht: Innovative Lichtsysteme passen das Licht dem Alltag der Bewohner an. Durch langsam hochdimmendes Licht kann man sich im Schlafzimmer beispielsweise ganz natürlich wecken lassen. Es gibt eine grosse Auswahl an verschiedenen Farben. Smarte Lampen dimmen sich abends auch selbstständig wieder herunter, damit die Bewohnerinnen und Bewohner ihren Kreislauf herunterfahren und gut einschlafen können. Auch die Aussenbeleuchtung lässt sich durch smarte Einstellungen beim Nachhausekommen automatisch einschalten.

In Sachen Sicherheit geben Anwesenheitssimulationen mit zufallsbasierten Zeitplänen trotz Abwesenheit der Bewohner den Anschein, dass jemand zu Hause ist.

2 Smarte Sicherheitssysteme: Neben der Anwesenheitssimulation zählen auch Überwachungskameras zu den Komponenten eines smarten Sicherheitssystems. Diese erlauben Push-Benachrichtigungen, Bilder und eine Gegensprechfunktion bei Live-Zugriff. Video-Türklingeln melden, wenn jemand klingelt, so dass dem Paketdienst auch bei Abwesenheit gesagt werden kann, wo das Paket deponiert werden soll. Smartlocks und Tür- / Fenstersensoren gewähren automatisch Zugang und zeigen über Sensoren, ob wirklich alle Türen und Fenster geschlossen sind.

Intelligente Gebäudetechnik: Intelligente Lüftungs- und Heizsysteme regeln die Temperatur und den Luftwechsel raumweise nach Wunsch und Zeitplänen, oder sie setzen auf Geofencing, also auf eine ortsbasierte Steuerung.

4 Smarte Haushaltshelfer: Saugroboter messen das Zuhause präzise aus und erlauben verschiedene Reinigungszonen mit Zeitplänen und Prioritäten. Smarte Zwischenstecker ermöglichen es, dass per Knopfdruck Geräte wie beispielsweise die Kaffeemaschine eingeschaltet werden. Bei den Küchengeräten sind Smart-Living-Affinen kaum Grenzen gesetzt: So kommunizieren smarte Dampfabzüge heute beispielsweise mit dem Kochfeld und passen sich den Bedingungen und der erforderlichen Leistung an.

5 Lautsprecher im Smarthome: Bluetooth-Lautsprecher sind heute selbst in unvernetzten Haushalten Standard. WLAN-Lautsprecher und Multiroom-Systeme bieten vielfältige Möglichkeiten. Dadurch kann in allen Zimmern gleichzeitig Musik gehört werden – oder auf Wunsch in jedem Raum andere Musik. Sprachassistenten ermöglichen die komplette Steuerung über die Stimme. Die Musik lässt sich aber auch automatisieren, so dass sie sich zum Beispiel den Lichtszenen anpasst, oder dass beim Nachhausekommen die Lieblingsmusik abgespielt wird.

6 Smart Garden: Vielfältige Möglichkeiten sorgen heute auch für einen smarten Balkon bzw. Garten. Rasenpflege und Bewässerung sind die häufigsten Anwendungen, gefolgt von der Aussenbeleuchtung.

Intelligent wohnen – und dabei selbst nicht dumm dastehen

Berücksichtigen Sie beabsichtigte Smart-Living-Lösungen frühzeitig in Ihrem Bauprojekt. Bei Neubauten und Umbauten können je nach Eingriffstiefe allfällig notwendige Leitungen unsichtbar in die Wand, die Decke oder den Boden eingelegt werden.

Lassen Sie sich bei der System- und Komponentenwahl genügend Zeit, und ziehen Sie für die Beratung erfahrene Fachpersonen bei. Vielleicht kennen Sie vertraute Personen, die bereits ein smartes System installiert haben und ihre Erfahrungen auch gerne weitergeben. Viele auf dem Markt erhältliche Systeme sind leider noch nicht für den allgemeinen Einsatz tauglich und weisen Mängel auf. Setzen Sie deshalb auf erprobte Systeme, die gegebenenfalls auch in Referenzobjekten besichtigt werden können. Denn es wäre schade, wenn Sie trotz geballter Systemintelligenz der Komponenten am Schluss selbst dumm dastehen …

Lassen Sie sich bei der Wahl eines smarten Systems Zeit und fragen Sie jemanden, der bereits Erfahrung damit gesammelt hat. Nicht dass Sie trotz geballter Ladung System-Intelligenz am Schluss selbst dumm dastehen.

Funktionsweise von Smart Living im Überblick

Zentrale Steuerung verwaltet die Geräte

 

Sensoren messen physikalische Zustände und mechanische Kontakte

 

Aktoren führen auf Basis der Sensorinformationen Aktionen aus

 

Steuerung von Geräten über App und Spracherkennung

 

Automatische Aktionen auf Basis von Regeln

Smart-Living-Anwendungsbeispiele

Intelligentes Licht für mehr Sicherheit und Komfort

 

Überwachung gegen Einbruch und Feuer

 

Komfort und Kosteneinsparung durch smarte Heizungssteuerung

 

Haushalterleichterung durch Roboter

 

Maximaler Entertainment-Spass durch smarte Multimedia-Systeme

 

Unterstützung bei der Gartenarbeit und -pflege

Links zum Thema

Smart Living Lab der EPFL und Uni Fribourg.

 

iHomeLab, Forschungszentrum für Gebäudeintelligenz der Hochschule Luzern.

 

Smart Products Report 2022.

 

Interview mit Researcher Stefan Breit vom Gottlieb Duttweiler Institut über Smart Living. 

Vorteile von Smart Living

Gebäudeautomatisation

Komfortsteigerung

Zusätzliche Sicherheit

Mehr Freizeit, da weniger Arbeit

Leichte Bedienung

Kreativität

Nachteile von Smart Living

Allfällige Sicherheitslücken / Hacking. Mehr dazu im Beitrag Gewappnet gegen digitale Angriffe

 

Datenschutz-Thematik / Sammeln von personenbezogenen Daten

 

Technologie-Abhängigkeit und Fokus des Lebens auf smarte Produkte

 

Abstimmung unter den Mitbewohnern kann aufwendig sein

 

Kosten für Anschaffung und Wartung