Die Schweizer Bundesverfassung legt fest, dass hierzulande die Kantone dafür zuständig sind, im Gebäudebereich konkrete Vorschriften zu erlassen – beispielsweise punkto Energieverbrauch. Damit es nicht zu einem regulatorischen Flickenteppich kommt, stimmen sich die Kantone bereits seit 1992 bei der Energiegesetzgebung ab. Die sogenannten «Mustervorschriften der Kantone im Energiebereich» (MuKEn) ermöglichen eine gewisse Harmonisierung. Die MuKEn, die zuletzt 2014 aktualisiert wurden, orientieren sich jeweils an den gängigen Regeln der Baupraxis, beispielsweise den Normen des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA) oder Gebäudestandards wie Minergie. Welche Inhalte der Mustervorschriften in welcher Form ins kantonale Energiegesetz überführt werden, entscheidet jeder Kanton selbst. Die MuKEn 2014 sind inzwischen in fast allen Kantonen umgesetzt worden (siehe Interview unten).
Neue Schwerpunkte
Nun sollen die MuKEn aktualisiert und gewisse Anforderungen verschärft werden. Die inhaltliche Stossrichtung haben die Kantone im August 2022 vorgegeben, als die energie- und klimapolitischen Grundsätze für den Gebäudebereich verabschiedet wurden. Kern der MuKEn 2025 ist das Verständnis des Gebäudes als ein Energiehub. Der noch nicht verabschiedete Entwurf beinhaltet die folgenden Schwerpunkte:
● Energieeffizienz: Während Neubauten heute bereits sehr energieeffizient sind, muss bei ungenügend wärmegedämmten Bestandesbauten die Energieeffizienz verbessert werden.
● Erneuerbare Wärme: Neubauten sollen ausschliesslich mit erneuerbarer Wärme versorgt werden, bei Bestandesbauten werden nur noch erneuerbare Heizsysteme eingebaut. Spätestens 2050 müssen alle Gebäude im Betrieb CO2-frei sein.
● Erneuerbarer Strom: Neue und bestehende Immobilien sollen sich zu einem angemessenen Anteil mit vor Ort produziertem Solarstrom versorgen können, wobei auch der Bedarf für die Wärmeerzeugung und die Elektromobilität berücksichtigt wird.
● Digitalisierung: Durch den Einsatz digitaler Technologien wird der Betrieb von Gebäuden optimiert respektive der Energiebedarf gesenkt.
●Graue Energie: Neubauten verbrauchen über ihren Lebenszyklus möglichst wenig graue Energie. So sinken die CO2-Emissionen, die durch die Erstellung einer Immobilie verursacht werden.
Darüber hinaus sollen die Kantone eine Vorbildrolle übernehmen. Das Fernziel lautet, dass sie ihre eigenen Liegenschaften ab 2040 CO2-frei betreiben.
Umsetzung in Modulen
Erfahrungsgemäss setzen die Kantone die Mustervorschriften unterschiedlich um – sei es aufgrund geografischer Besonderheiten oder aufgrund der jeweiligen politischen Prioritäten. Die MuKEn 2025 tragen diesem Umstand Rechnung, indem Vorschriften-Pakete jeweils in ein Modul «verpackt» werden. Es gibt ein Basismodul, dessen Übernahme ins kantonale Energiegesetz von der Konferenz der kantonalen Energiedirektoren empfohlen wird. Das Basismodul enthält die minimalen Anforderungen, die beheizte oder gekühlte Bauten erfüllen müssen, etwa bezüglich Gebäudehülle, Gebäudetechnik oder erneuerbarer Energien.
Bei den 14 anderen Modulen steht es den Kantonen frei, welche sie übernehmen wollen. Festgelegt ist jedoch, dass ein Modul möglichst unverändert übernommen werden soll. Die Module behandeln Themen wie die verbrauchsabhängige Heizkostenabrechnung, Ferienhäuser und -wohnungen oder die Elektromobilität.
Effizient und mit erneuerbarer Energie
Wann und in welcher Form die MuKEn 2025 in den einzelnen Kantonen in ein neues Energiegesetz überführt und umgesetzt werden, lässt sich derzeit nicht abschätzen. Die Stossrichtung ist aber klar: Ein hochwertig wärmegedämmtes Gebäude mit einer Photovoltaikanlage und einem erneuerbaren Heizsystem dürfte auch in 10 oder 20 Jahren noch die gesetzlichen Anforderungen erfüllen. Gerade wenn in den nächsten Jahren der Heizungsersatz ansteht, lohnt es sich, die richtigen Weichen zu stellen. Unterstützung beim Umstieg auf eine erneuerbare Heizung bietet die kostenlose Impulsberatung «erneuerbar heizen» (siehe Infobox). Sie zeigt, wie man den Wert der Immobilie erhalten und sie fit für die Zukunft machen kann.
Impulsberatung «erneuerbar heizen»
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Bei der Impulsberatung besichtigt eine Fachperson das Gebäude und gibt einen Überblick, welches erneuerbare Heizsystem für den Ersatz der bestehenden Heizung am besten geeignet ist. Auch Tipps zum Vorgehen sind Teil der unverbindlichen Beratung. Eine Impulsberaterin oder einen Impulsberater in Ihrer Nähe finden Sie auf erneuerbarheizen.ch.
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«Erneuerbares Heizen ist in aller Regel technisch machbar und finanziell tragbar»
Im Kanton Zürich gilt seit September 2022 ein neues Energiegesetz, das auf den MuKEn 2014 basiert. Es schreibt unter anderem vor, dass fossile Heizungen am Ende ihrer Lebensdauer durch ein erneuerbares System ersetzt werden müssen. Der zuständige Regierungsrat Martin Neukom zieht im Interview eine positive Bilanz.
Martin Neukom, seit etwas mehr als zwei Jahren gilt im Kanton Zürich das neue Energiegesetz. Wie läuft die Umsetzung in der Praxis?
Martin Neukom: Im Grossen und Ganzen sind wir sehr zufrieden. Die Vorgaben beim Ersatz von fossilen Heizungen werden gut umgesetzt, ebenso die Anforderung an die Eigenstromerzeugung bei Neubauten. Bewährt haben sich auch die vereinfachten Verfahren, insbesondere der Wechsel vom Baubewilligungsverfahren zum Meldeverfahren beim Einbau von Wärmepumpen.
Gemäss einer Untersuchung der Baudirektion werden fossile Heizungen zu 98 Prozent durch ein klimaneutrales System ersetzt, mehrheitlich durch eine Wärmepumpe. Entspricht das Ihren Erwartungen?
Ja, das ist sehr erfreulich. Noch 2020 wurden Öl- und Gasheizungen bei Einfamilienhäusern in mehr als der Hälfte der Fälle wieder durch eine Öl- oder Gasheizung ersetzt. Bei Mehrfamilienhäusern waren es sogar zwei Drittel. Nun sind es dank des revidierten Energiegesetzes nur noch wenige Einzelfälle. Das zeigt, dass erneuerbar heizen in aller Regel technisch machbar und finanziell tragbar ist. Wenn sich diese Entwicklung fortsetzt, sind wir auf Kurs, um die CO2-Emissionen aus der Beheizung von Gebäuden bis im Jahr 2040 auf nahezu null zu reduzieren.
Nur ganz selten wurde ein 1:1-Ersatz fossiler Heizungen noch bewilligt. Was waren die jeweiligen Gründe dafür?
In den Fällen, die wir angeschaut hatten, führten technische Schwierigkeiten dazu, dass ein erneuerbares Heizsystem über seine Lebensdauer mehr als fünf Prozent teurer gewesen wäre als ein fossiles System. Deshalb kam die im Energiegesetz vorgesehene Ausnahme zum Zug. Dass eine erneuerbare Heizung aber technisch überhaupt nicht machbar gewesen wäre, kam in den zehn Gemeinden, die wir untersucht hatten, im ersten Jahr nach der Gesetzesrevision kein einziges Mal vor. Wir gehen davon aus, dass es im restlichen Kanton ähnlich aussieht.
Wie sieht es aus, wenn jemand den Umstieg auf ein erneuerbares Heizsystem finanziell nicht stemmen kann?
Dafür wurde im Energiegesetz explizit eine Härtefallregelung verankert. Bis jetzt sind uns aber noch keine solchen Fälle gemeldet worden. Das ist sicher auch darauf zurückzuführen, dass der Umstieg auf erneuerbare Heizsysteme auch durch Förderbeiträge unterstützt wird.
Das Interview führte Remo Bürgi