In der Schweiz boomen Elektroautos. Schon 14,5 Prozent der neu eingelösten Autos waren im Oktober 2021 rein elektrisch angetrieben – also jeder siebte Personenwagen. Die Europäische Kommission möchte ab 2035 keine neuen Benzin- und Diesel-Autos zulassen. Doch ist die Offensive der E-Autos unter dem Strich überhaupt gut für die Umwelt? Verschiedene internationale Studien haben dies in den vergangenen Jahren infrage gestellt: Die CO₂-Bilanz von Elektroautos sei schlecht, insbesondere aufgrund der energieaufwendigen Batterieherstellung.
Aktuelle Studien widerlegen diese Befürchtungen. So hat etwa das Paul Scherrer Institut (PSI) im aargauischen Villigen verschiedene Antriebe miteinander verglichen. Die Forscher berücksichtigten für ihre Studie von 2020 auch den Ausstoss, der bei der Herstellung und Entsorgung sämtlicher Komponenten eines Autos anfällt. Also auch jener der Batterien. Das Resultat ist deutlich: «Ein durchschnittlicher Mittelklassewagen kommt in der Schweiz auf knapp 30 Tonnen Treibhausgase bei einer angenommenen Fahrleistung von 200 000 Kilometern», sagt Studienleiter Christian Bauer vom Labor für Energiesystemanalyse des PSI. «Ein vergleichbarer Benziner kommt aber auf mehr als doppelt so hohe Emissionen.»
CO2-armer Schweizer Strommix
Grund für die deutlich bessere Klimabilanz des Batterieautos ist vor allem der CO₂-arme Schweizer Strommix. Ganze 75 Prozent stammen gemäss Bundesamt für Energie aus erneuerbarer Energie – zwei Drittel davon aus Wasserkraft. «Unsere Studie zeigt deutlich, dass Elektroautos auf lange Sicht die nachhaltigste Option sind, insbesondere wenn sie mit Ökostrom betrieben werden», sagt der auf Lebenszyklus- und Nachhaltigkeitsanalysen spezialisierte Wissenschaftler. Die Klimabilanz für einzelne Autos kann man auch in der Autosuche des TCS abrufen. Der Klimabilanzrechner basiert auf den Daten des PSI und rechnet mit einer Fahrleistung von 200 000 Kilometern.
In Deutschland wird heute noch rund die Hälfte des Stroms in Kohle- und Gaskraftwerken erzeugt. Doch selbst dort ist ein Stromer klimafreundlicher als ein vergleichbarer Benziner. Der Vorteil ist jedoch nicht so gross wie in der Schweiz: Statt 30 Tonnen in der Schweiz kommt das gleiche Elektroauto in Deutschland heute auf rund 50 Tonnen Treibhausgasemissionen. Das ist immer noch weniger als bei Diesel- oder Benzin-Autos. Einzig in Ländern wie Estland und Polen macht ein Umstieg auf Elektroautos aus ökologischen Gründen noch keinen Sinn. Ausserdem gilt: Je höher die Batteriekapazitäten und das Gewicht des Elektrofahrzeugs, desto kleiner fallen die Vorteile aus.
Batterien halten länger als bisher angenommen
Zu einem ähnlichen Ergebnis wie das Paul Scherrer Institut kommen die Wissenschaftler der Technischen Hochschule Eindhoven (NL). Elektroautos haben über ihren gesamten Lebenszyklus eine 54 bis 82 Prozent bessere CO₂-Bilanz als jeweils ähnliche Benzin- oder Diesel-Fahrzeuge. Die Arbeit zeigt eines ganz deutlich: In älteren Studien verwendete Daten zum Energieverbrauch bei der Batterieherstellung sind falsch oder veraltet. Statt der bisher angenommenen Laufzeiten für Batterien von 150 000 Kilometern kamen die niederländischen Forscher aufgrund empirischer Daten auf eine Laufzeit von mehr als 500 000 Kilometern. In der Studie rechneten sie mit einem vorsichtigen Mittelwert von 250 000 Kilometern. Noch ein Plus: Der Energieverbrauch und somit auch die Emission von Treibhausgasen in der Batteriezellenproduktion kann mit bereits bekannten Technologien und Verfahren künftig um bis zu 50 Prozent gesenkt werden. Das hält der Think-Tank Agora Verkehrswende (Stiftung Mercator und European Climate Foundation) fest. Dies setze aber standardisierte EU-Normen voraus, die Transparenz schafften und die Vermarktung von grünen Batterien erleichterten. Allein durch die Zellproduktion in Deutschland entsteht gemäss Agora schon heute ein Vorteil gegenüber China, da die dortigen Treibhausgasemissionen des Strommixes rund 40 Prozent höher sind.
Batterien-Lebensabend als Speicher im Keller
Nach hunderttausenden Kilometern hat zwar eine Batterie ihren Dienst in einem Auto getan. Aber für Christian Bauer vom Paul Scherrer Institut könnten Batterien als stationäre Stromspeicher ihr «zweites Leben» im eigenen Heim fortsetzen. «Ihre Speicherkapazität hat nach 200 000 Kilometern zwar abgenommen, aber das spielt im Keller für die stationäre Stromspeicherung eine kleinere Rolle als im Auto.»
Im Keller haben die «alten» Akkus viel weniger Stress als im Auto mit seinen ständigen Beschleunigungs- und Rekuperationsphasen. Der stationäre Betrieb ist gleichmässiger und das Laden und Entladen viel langsamer und deshalb schonender. Eine ausgediente Batterie sorgt zu Hause auch für ein intelligentes Lademanagement: Solarpanels liefern Energie – und der eigene Batteriespeicher stellt diese zur Verfügung, wenn sie benötigt wird. Text Audi.ch
Studie Paul Scherrer Institut (PSI)
Das Paul Scherrer Institut hat verschiedene Antriebe miteinander verglichen und 2020 eine Studie dazu veröffentlicht. Weitere Informationen dazu unter: psi.ch (Suchbegriff: E-Auto)
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