Wohnen mit Service

Mehr Zeit für mich bitte, James!

In Zürich-Albisrieden steht die James-Überbauung, in der ein Concierge-Service den Mietern das Leben erleichtert.

von Yvonne Lemmer

Redaktion, HEV Schweiz

Es duftet nach Putzmittel. Zitronig und ein wenig blumig. Ein dumpfes Surren ist zu hören. Das Putzwägelchen dreht an diesem Freitagmorgen seine Runden im James-Haus in Zürich-Albisrieden. Das Surren kommt näher. Nun ist das Wägelchen ganz nah bei der Loge. «Das ist die Scheuersaugmaschine», sagt Pascal Vogel. Er muss es wissen – schliesslich arbeitet der 25-Jährige seit vier Jahren als «James» beziehungsweise Concierge in der Loge der Überbauung. Die Eingangstür öffnet sich, eine junge Frau betritt das Haus. Die Gummisohlen ihrer Turnschuhe quietschen auf dem frisch gereinigten Boden. Klingeling! Das war die Tischklingel und das Zeichen für Pascal Vogel, sich an seinen Platz hinter der Rezeption zu begeben. Er übergibt der jungen Mieterin ein Paket. Der Pöstler hatte dieses an der Loge abgegeben, weil es nicht in den Briefkasten passte.

Vom Postservice bis zum Pneuwechsel

Pakete, und auf Wunsch auch eingeschriebene Briefe, nimmt die Loge entgegen. Praktisch – damit erübrigt sich der Gang zur Poststelle, und der Mieter nutzt die dafür benötigte Zeit anders, besser. Dass James Post entgegennimmt, ist im Mietpreis inbegriffen. Auch der Hauswartdienst für kleine Reparaturen und Taxibestellungen sind enthalten. Zudem organisiert die Loge gegen einen Aufpreis die Wohnungs- und Fensterreinigung, das Hemdenbügeln oder den Ferienservice – da schaut James während der Abwesenheit des Mieters nach der Wohnung, giesst die Pflanzen und lüftet die Räume. Ein solcher Ferienservice kostet beispielsweise 49 Franken in der Woche. Die ISS Facility Services AG, die den Logenservice erbringt, bietet den Mietern ausserdem spezielle, saisonale Angebote an. Im Winter ist dies der Ski- oder Snowboard-Service, im Frühling der Pneuwechsel. Melanie Imfeld, Senior Bewirtschafterin bei Livit Real Estate Management, betreut die James-Überbauung seit drei Jahren. Sie bringt es auf den Punkt: «Es sind kleine Sachen, die das Leben vereinfachen und den Mietern mehr Freizeit bringen.»

Eigentümerin hatte einen guten Riecher

Die James-Überbauung in Zürich-Albisrieden wurde von Gmür & Geschwentener Architekten geplant und gehört einem Immobilienfonds der UBS. 2007 sind die ersten Mieter eingezogen. Zwei weitere «Wohnen mit Service»-Siedlungen stehen in Winterthur und Lausanne. Die UBS scheint mit dieser Wohnform den Nerv der Zeit getroffen zu haben. «Das Konzept James gibt Antwort auf das zunehmende Bedürfnis engagierter Menschen nach mehr Wohnqualität und grösserem Wohlbefinden in urbanen Gebieten», sagt Patric Caillat, Programmleiter «James – Wohnen mit Service» bei der UBS. Regelmässige Mieterbefragungen hätten gezeigt, dass die angebotenen Dienstleistungen einen grossen Zuspruch fänden. Neben Zürich, Winterthur und Lausanne soll auch Luzern bald eine «Wohnen mit Service»-Überbauung erhalten. «Langfristig ist es unser Ziel, in jeder grösseren Schweizer Stadt mindestens eine James-Überbauung zu errichten», sagt Patric Caillat. James biete den Mietern einen deutlichen Mehrwert. Die guten Belegungen und Wiedervermietungen würden zeigen, dass sich das Konzept bewähre, so Patric Caillat.

In der James-Überbauung in Zürich-Albisrieden sind fast 300 Mietwohnungen untergebracht. 48 verschiedene Grundrisse finden sich darunter, keine Eintönigkeit also. Nur bei den Bädern haben sich Gmür & Geschwentener Architekten, die Planer, auf eine Gemeinsamkeit in allen Wohnungen festgelegt: Die Toilettendeckel sind überall schwarz. Und: Jedes Bad ist zweifarbig. Gemäss der Bewirtschafterin Melanie Imfeld handelt es sich dabei um ein mexikanisches Farbkonzept, das sich nicht nur in den Bädern der Wohnungen, sondern in der ganzen Überbauungen widerspiegelt. So sind zum Beispiel auch alle Balkonunterseiten und die Veloräume in den entsprechenden Farben gehalten.

Wer bewohnt James?

Von der 1- bis zur 6,5-Zimmerwohnung ist in der Überbauung alles zu finden. Deshalb ist laut der Bewirtschafterin die Mieterschaft gut durchmischt. Doch wer genau wohnt hier? Sind es vor allem berufstätige Paare ohne Kinder, sogenannte DINKS? «Familien mit Kindern, Singles, Studenten in WGs, Paare ohne Kinder, Schweizer wie Expats, und auch ältere Leute wohnen hier», erklärt die Bewirtschafterin. Ein bunt gemischter Haufen also, der sich im aufstrebenden Stadtteil Letzi niedergelassen hat.

Pascal Vogel steht wieder hinter der Rezeption und wartet auf das nächste «Klingeling». Meist seien die Bewohner sehr dankbar für den Service, den die Loge bietet. «Wir hören von Mietern viel Positives, vor allem, dass sie durch uns viel Zeit gewinnen», sagt er. Links neben der Rezeption, unter einem grossen Bildschirm, stehen drei neue Pakete. Das Angebot auf dem Bildschirm wechselt zwischen «Laundry Services» und «Züri-Sack» hin und her. Dieser Display informiert die Mieter über weitere kostenpflichtige Angebote, die für weniger Arbeit im Haushalt und mehr Freizeit sorgen. Das ist eben James.

«Es sind kleine Sachen, die das Leben vereinfachen und den Mietern mehr Freizeit bringen.»

«Wir Menschen sind bequem.» 
Interview mit Trendforscherin Marta Kwiatkowski

 

Marta Kwiatkowski ist Trendforscherin am Gottlieb Duttweiler Institut (GDI) und äussert sich zur Frage, ob das Wohnen mit Dienstleistungen zukunftsfähig ist.

Der Schweizerische Hauseigentümer: Die UBS hat 2007 die James-Überbauung Wohnen mit Service eröffnet. Entspricht diese Wohnform dem heutigen Zeitgeist?

Auf jeden Fall. Nicht nur betagte Menschen schätzen Wohnen mit Service. Gerade auch die Internet-Generation hat gelernt, dass zum Beispiel das Essen bequem nach Hause geliefert werden kann und dass es Sharing-Plattformen für fast alle Dienstleistungen gibt. Das grosse Angebot und immer einfachere Technologien machen die Services günstiger. Waren solche Dienstleitungen vor einigen Jahren noch ein Luxus, der Wohlhabenden vorbehalten war, so beanspruchen heute bereits Studenten dieselben Angebote. Dies entspricht also durchaus dem Zeitgeist, und der Trend wird sich noch weiter in diese Richtung bewegen. Smart-Home-Anwendungen werden zudem immer mehr dafür sorgen, dass die Services nicht mehr zwingend von Menschen ausgeführt werden.

Der Concierge ist der moderne Bedienstete, also eine Art von Diener für die Bewohner. Warum möchten Menschen heute wieder – wie früher der Adel – die Dienstleistungen eines Dieners beanspruchen?

Die Menschen assoziieren diese Dienstleistung nicht wirklich mit einem Diener, wenn auch der Name «James» dies suggeriert. So wie seit der Erfindung der Waschmaschine Unmengen von Zeit im Haushalt gespart werden können, gewinnen wir auch mit weiteren, nun erschwinglichen Dienstleistungen Zeit für die interessanteren Dinge des Lebens.

Ausblick in die Zukunft: Hat die Wohnform «Wohnen mit Service» Zukunft? Wenn ja, für welches Zielpublikum eignet sie sich besonders?

Kundensegmente wie Betagte und Geschäftsleute spielen eine immer kleinere Rolle in diesem Umfeld. Vor 20 Jahren war z. B. das Natel vermeintlich auch nur ein Produkt für die wichtigen Geschäftsleute – oder höchstens etwas für ein paar Aufgeblasene. Heute müssen wir über den Siegeszug des Smartphones nicht mehr diskutieren. Wir Menschen sind bequem und alles, was unser Lebens bequemer und einfacher macht, wird sich langfristig auch durchsetzen. Dies gilt auch für das Wohnen.

Eckdaten James in Zürich

  • Eigentümerin: UBS (CH) Property Fund – Swiss Mixed «Sima»
  • Vermieterin: Livit Real Estate Management
  • Planer: Gmür & Geschwentener Architekten
  • Logenservice: ISS Facility Services AG
  • Anzahl Wohnungen: 284
  • Grösse der Wohnungen: von der 1- bis zur 6,5-Zimmerwohnung. 

 

Zwei weitere James-Überbauungen stehen in Winterthur und Lausanne. Als Nächstes folgt eine in Luzern. Die Eigentümerin plant, in jeder grösseren Schweizer Stadt ein «Wohnen mit Service»-Projekt zu realisieren. Weitere Infos: james.ch