Tierwelt

In die Falle gegangen

Tierwelt Verschiedene Wildtiere nutzen Siedlungsgebiete als Teil ihres Lebensraums. Unbewusst nehmen wir Menschen unseren Mitbewohnern jedoch da und dort den «Wohnraum» oder lassen sie in tödliche Fallen laufen.

Jeden Morgen tschilpt es fröhlich vom Dach – die Haussperlinge rund ums Haus kommunizieren eifrig miteinander; da und dort betteln sogar bereits die ersten Jungvögel lautstark um Futter. Besonders beliebt als Treffpunkt ist der Kamin, welcher der munteren Spatzenschar nicht nur Sitzplätze, sondern auch windgeschützte Stellen bietet. Für die Vögel ist dieser Aufenthaltsort allerdings nicht ungefährlich. Je nach Konstruktion eines Kamins kann es sein, dass insbesondere junge, unerfahrene Vögel hineinfallen und es aus eigener Kraft nicht mehr nach draussen schaffen. Wird das Drama nicht rechtzeitig bemerkt – oder zum betreffenden Zeitpunkt gar geheizt –, ist das Todesurteil des Pechvogels besiegelt. Diese Gefahr droht aber längst nicht nur Sperlingen, auch für deutlich grössere Vögel wie Waldkäuze stellen Kamine eine gefährliche Falle dar.

Vermeiden lässt sich dieses tierische Malheur mit der Wahl eines geeigneten Kaminhutes. Metall oder Plastikaufsätze ohne horizontale Flächen und mit Luftschlitzen und Öffnungen von maximal 25 mm Breite weisen Vögel wirkungsvoll ab und verhindern, dass sie in den Kamin herunterfallen. An traditionellen Kaminen kann man mit Maschengittern (20-25 mm Durchmesser), die man rings um den Kaminhut anbringt und oben und unten mit Elektrikerdrähten festzurrt, Abhilfe schaffen. Bei flachen Kaminen lohnt es sich, mit dem Kaminfeger oder einer Spenglerei zu besprechen, welche Aufsätze infrage kommen. Horizontal aufliegende Gitter sind hier aus Gründen des Brandschutzes nämlich nicht zulässig.

Kein Weg zurück

Die Haussperlinge rund ums Haus bevölkern jedoch nicht nur den Kamin, sie beziehen für ihr Brutgeschäft auch kleine Hohlräume unter dem Dach. Noch viel stärker als Sperlinge sind Mauersegler und verschiedene Fledermausarten auf derartige Hohlräume angewiesen. Im Gegensatz zu den quirligen Sperlingen verhalten sich Fledermäuse und Mauersegler allerdings recht diskret und werden oft nicht bemerkt. Bei Unterhaltsarbeiten kommt es immer wieder vor, dass Einschlupflöcher verschlossen werden, sodass die Tiere entweder in ihrem Wohnquartier eingeschlossen oder davon ausgesperrt werden. Bei Renovationen und Umbauten von Dächern können zudem Bruten von Vögeln beschädigt oder Quartiere von Fledermäusen zerstört werden. Dies erzeugt nicht nur Tierleid, sondern ist auch rechtlich ein Problem, denn sowohl Fledermäuse und ihre Brutstätten als auch die meisten Vogelarten (inklusive Sperlinge!) und deren Bruten sind geschützt. Es ist daher wichtig, Rücksicht zu nehmen und den Dachstock gut zu beobachten, damit vorhandene Einschlupflöcher anlässlich von Unterhaltsarbeiten erhalten bleiben. Für Fledermäuse und Mauersegler ist dies besonders wichtig, da sie ihren Quartieren über viele Jahre treu sind. Bei Umbauten lohnt es sich daher, im Voraus Fachpersonen wie kantonale Fledermausschutz-Beauftragte oder Experten für Segler beizuziehen.

Betreten verboten?

Vielerorts sind Privatgrundstücke von Zäunen, Mauern oder Lärm- bzw. Sichtschutzwänden umgeben. Während Vögel diese Hindernisse überfliegen können, werden Igel, Amphibien und andere Kleintiere stark eingeschränkt – bereits kleine Mäuerchen können für sie zum grossen Handicap werden. Solche Barrieren zerschneiden ihren Lebensraum, verwehren ihnen den Zugang zu Nahrungsquellen und Rückzugsorten und zwingen die kleinen Tiere zu grossen und oftmals gefährlichen Umwegen.

Zäune können zudem gefährliche Fallen darstellen, da Igel, Füchse oder Rehe beim Durchschlüpfen unter dem Zaun oder durch die Zaunzwischenräume hängenbleiben können. Im «besten» Fall verletzen sie sich nur leicht, im schlechtesten verenden sie qualvoll. Ähnliches gilt übrigens für flexible Weidezäune, wie sie oft für die Kleintierhaltung verwendet werden, sowie für Obstschutznetze. Insbesondere in losen oder herumliegenden Netzteilen können sich verschiedenste Tiere, darunter auch Vögel, verfangen.

Das menschliche Bedürfnis nach Sicht- und Lärmschutz oder einem behüteten Umfeld für Kinder muss aber keineswegs im Widerspruch zu den Bedürfnissen der Wildtiere stehen. Eine Gartenhecke aus einheimischen Sträuchern ermöglicht zur Vegetationszeit ausreichend Privatsphäre, lässt Wildtieren aber die Möglichkeit, sich zwischen den Grundstücken zu bewegen, und bietet überdies Nahrung und Brutplätze für Vögel. Muss es ein Zaun sein, so ist eine bodenfreie Anbringung zu bevorzugen, damit Wildtieren ca. 10-15 cm Platz zum Durchschlüpfen bleibt. Optimalerweise begrünt man den Zaun zwecks ökologischem und optischem Mehrwert mit einheimischen Kletterpflanzen. Macht man sich bereits während der Planungsphase eines Bauprojekts Gedanken zum Thema Wildfallen und möchte nicht auf Mauern oder Sichtschutzwände verzichten, so kann man Durchschlupflöcher einplanen – und die Wände begrünen lassen.

Wenn immer möglich, sollte auf das Anbringen von Netzzäunen verzichtet werden. Falls ein Einsatz nicht zu vermeiden ist, sollte man die Zäune korrekt spannen und regelmässig kontrollieren. Dasselbe gilt für Netze zum Schutz von Spalierobst, Reben oder Beerensträuchern. Hier ist es zudem wichtig, geeignete Netze (feinmaschig, weich, grellfarbig) zu wählen, diese korrekt anzubringen und regelmässig zu überprüfen. Dies ist auch rechtlich relevant, denn wer ein Netz unsachgemäss installiert oder es nicht regelmässig auf gefangene Tiere kontrolliert, kann strafrechtlich verfolgt werden.

Buchstäblich ein Reinfall

Ebenerdig angelegte Licht-, Lüftungs- oder Entwässerungsschächte sowie leere Pools sind für Kleintiere wie Amphibien, Reptilien, Mäuse oder Igel eine tödliche Fallgrube. So weit sollte man es nicht kommen lassen: Deckt man den Schacht mit einem feinmaschigen Gitter ab, verhindert man zuverlässig, dass Tiere hineinfallen und in Not geraten. Alternativ kann man eine Ausstiegshilfe anbringen; denkbar sind beispielsweise schmale Bretter und Lochbleche oder stufig angeordnete Steine. Für Pools im Winter ist das ebenfalls eine gute Lösung.

Auch Kellerabgänge sind nicht ungefährlich. Einmal hinuntergefallen, finden vor allem Amphibien und Igel keinen Ausweg mehr, da sie zu wenig agil sind, um die Treppenstufen zu erklimmen. Eine Ausstiegshilfe in Form eines schmalen Brettes schafft hier Abhilfe.

Damit das Wasser nicht bis zum Hals steht

Wasser ist für Wildtiere eine wichtige Ressource. Im Siedlungsraum bieten Gartenteiche, Pools, Brunnen oder Regentonnen die Möglichkeit, zu trinken oder ein erfrischendes Bad zu nehmen. Dabei besteht jedoch auch die Gefahr des Hineinfallens. Sind die Beckenwände glatt oder zu steil, so finden Wildtiere nicht mehr hinaus und ertrinken.

Bei Pools kann ein erhöhter Beckenrand manche Wildtiere abhalten, Schwimmbecken und steilwandige Teiche kann man nachts und im Winter abdecken. Regentonnen und Brunnen versieht man am besten mit einer kleinen Ausstiegshilfe (Holz- oder Sagexplättchen). Möchte man den Wildtieren eine sichere und ökologisch wertvolle Wasserquelle bieten, stellen Feuchtbiotope oder Schwimmteiche mit flachen Uferbereichen attraktive Alternativen zu Fischteichen oder Swimmingpools dar.

Broschüre

Eine ausführliche Broschüre zum Thema Wildfallen im Siedlungsraum können Sie bei BirdLife Schweiz beziehen.