Multifunktionale Möbel

Ich bin auch ein Stuhl, ein Tisch, ein Sideboard

Möbel, die vieles können und immer wieder anders eingesetzt werden, liegen im Trend. Das hat nicht nur damit zu tun, dass sie auch Platz sparen.

von Silvia Schaub

Journalistin

Je nachdem, wie man «Ludo» dreht, lädt das Möbelstück zu einem neuen Gebrauch ein. Mal ist es ein Schaukelobjekt, mal ein Couchtisch, mal ein Zeitungsständer, mal ein Hocker. Genial, was die österreichische Designerin Teresa Egger entworfen hat. Die Idee sei ihr bei einer alltäglichen Beobachtung gekommen. Ihr sei aufgefallen, dass Kinder- und Erwachsenenbereiche im Möbelsektor immer streng voneinander separiert werden, sagt sie in einem Interview. Sie aber wollte beide Welten zusammenbringen. Das ist ihr mit diesem multifunktionalen Möbel perfekt gelungen (7).

Möbel, die vieles können und immer wieder anders eingesetzt werden, liegen im Trend. Das hat zweifellos damit zu tun, dass sie Platz sparen. Gerade wer begrenzt Raum zur Verfügung hat, ist oft froh darum. Aber auch Besitzer von geräumigen Wohnungen und Eigenheimen schätzen den Nutzen von multifunktionalen Möbeln. Denn manchmal möchte man auch Räume anders nutzen, den Wohnbereich vorübergehend in ein Büro oder in ein Gästezimmer umwandeln.

Ein Vorreiter in Sachen Multifunktionalität ist USM Haller (1). Ursprünglich für die Verwendung in den USM-eigenen Büros konzipiert, bereichern die modularen Möbel mit ihrem einzigartigen Design, ihrer Vielseitigkeit und Langlebigkeit längst auch den Wohnbereich. Erst recht, seit die unverwüstlichen Möbel nicht mehr nur in neutralen Farben angeboten werden, sondern auch in teils limitierten Farbentönen wie True Pink, Reinorange oder Beige. Das Möbelbausystem lässt sich praktisch auch als Sekretär, Nachttisch, Sideboard oder Servierwagen zusammenstellen.

Mittlerweile gibt es längst weitere Anbieter solcher Regalsysteme. Kürzlich an der Interior Design-Ausstellung «Neue Räume» in Zürich wurde das Regalsystem «IGN.Stick.Archisonic» vorgestellt (6). Mit seinen schiebbaren Fronten eignet es sich sowohl als Regal wie auch als Sideboard, als Raumtrenner wie auch als Rollkorpus. Das Praktische an diesem System, das in der Schweiz hergestellt wird: Die einzelnen Regalelemente lassen sich durch Magnete ohne Werkzeug aneinanderreihen und ermöglichen so eine Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten. Das System besticht noch aus einem weiteren Grund: Die Fronten, die es in 30 Farben gibt und die eine Optik wie Filz aufweisen, bestehen aus recycelten PET-Flaschen und sind gleichzeitig ein akustischer Absorber.

Liegen, sitzen, essen, arbeiten, spielen, verstauen, ruhen, schlafen ...

Wenn es um Multifunktionalität geht, kommen schnell auch Sofas ins Spiel, die im Handumdrehen in ein Gästebett verwandelt werden können. Neu ist das nicht, nur sind die aktuellen Modelle ausgeklügelter, nachhaltiger und ästhetischer. Das Ecksofa «four-two» von Brühl (4) etwa ist ein wahrer Verwandlungskünstler. Der Liege- und Sitzkomfort kann dank klappbaren Modulen in der Fläche nach Belieben verlängert oder verbreitert werden. Schon einige Jahre auf dem Buckel, aber längst ein Klassiker ist das Scheren-Bett von Thut (10). Es lässt sich stufenlos verbreitern oder eben verschmälern – je nachdem, ob eine Person oder zwei darauf schlafen wollen. Für einen Transport oder bei Nichtgebrauch wird es einfach platzsparend zusammengeschoben.

Das Prinzip des Multiple Choice stand auch beim Tisch «Alwin’s Space Box» des deutsch-kanadischen Unternehmens Country Living Pate (3). Auf den ersten Blick ist es einfach ein Bürokorpus. Darin versteckt sich jedoch auch eine Tischplatte. Braucht man das Möbel als Arbeits- oder Esstisch, zieht man die Platte einfach auf die benötigte Länge heraus.

Praktisch ist auch ein Couchtisch, der sich in der Höhe bequem in einen Esstisch verwandeln lässt. «Rubi» des dänischen Herstellers BoConcept (9) ist so ein Beispiel. Ganz verwegen ist der fliegende Tisch von Jean-Christophe Petillault. Der Pariser Architekt hat mit seinem «Flying table» ein Raumwunder geschaffen. Sein Tisch, der je nach gewählter Höhe als Schreibtisch, Besprechungstisch, Esstisch oder Couchtisch verwendet wird, kann ohne viel Aufwand verstaut werden – nämlich an der Decke. Mittels Sicherheitsgurten wird er per Fernbedienung an die Docking-Station an der Decke hochgefahren.

Ein Paradebeispiel für multifunktionale Möbel sind Hocker. Oder sollte man Beistelltischchen sagen? Der «Stool Table» von Olivier Vitry von Claisse Architectures in Belgien (8) ist so ein Beispiel. Das hybride Objekt ist Beistelltisch und Hocker in einem und kann mit einem Handgriff flexibel an die jeweilige Anforderung angepasst werden. Es besteht aus einem Sockel aus gebogenem Aluminiumblech, in den ein U-förmiges Element eingesetzt ist. Dreht man es um, hat man einen Couchtisch. Der in Form einer Sanduhr gestaltete Hocker-Tisch lässt sich durch Hinzufügen mehrerer Elemente problemlos vergrössern.

Noch einfacher funktioniert der «Corker» von ClassiCon (2). Als ein «Behelferchen» bezeichnet ihn sein Designer Ascan Mergen-thaler in einem Interview, weil er mal als Sitzplatz, mal als Beistelltisch oder als Nachttisch gebraucht werden könne. Und immer macht er eine gute Figur – egal, welche Seite oben steht. Sogar im Outdoorbereich kann er eingesetzt werden, da er witterungsbeständig ist.

Diesen Pluspunkt bietet auch der Beistelltisch «Huk» von Müller Möbelwerkstätten (5), obwohl man ihm das auf den ersten Blick gar nicht ansehen würde. Dank seiner pulverbeschichteten Oberfläche aus Aluminium tut er auch draussen gute Dienste. Denn es ist vieles möglich mit dem praktischen Möbelstück von Designer Michael Hilgers. Da es keine explizite Oberseite oder Tischfläche gibt, kann das Möbel in unterschiedlichen Positionen eingesetzt werden. Je nachdem, wie man den Beistelltisch platziert, ergeben sich unterschiedliche Verwendungsmöglichkeiten: Mal ist er ein Zeitungständer, mal ein Hocker, mal ein Stehpultaufsatz oder dann ein Ordnerregal.

Mit seiner organischen Silhouette ist der «Up Step» von ferm Living ebenso eine dekorative wie auch funktionale Ergänzung in jedem Raum. Der Hocker aus pulverbeschichtetem Eisen verfügt über zwei Röhren, die sich kunstvoll krümmen und so zwei Stufen formen. Kinder können ihn als Sitzbank benutzen, Erwachsene als Beistelltisch für Bücher oder Pflanzen.

Nicht allein der vielfältige Einsatz macht solche multifunktionalen Möbel zu einer Bereicherung im Wohnraum. Noch wichtiger dürfte in der heutigen Zeit sein, dass sie dadurch auch einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten.