Architektur

Neubau in Uitikon-Waldegg überrascht mit spannender Backsteinfassade

Architektur In einem Einfamilienhaus-Neubau in Uitikon-Waldegg werden Offenheit und Intimität gekonnt kombiniert. Die Backsteinfassade prägt den Neubau ebenso wie die spektakuläre Weitsicht.

Zu drei Seiten liegt das Einfamilienhaus in Uitikon-Waldegg eingebettet in die Nachbarschaft aus zweigeschossigen Wohnhäusern mit vornehmlich Satteldächern. Nach Südwesten aber öffnet sich die Landschaft, und der Blick geht über Felder und Wiesen bis zu den Gipfeln der Alpen am Horizont. So verwundert es nicht, dass das Architekturbüro Eggli de Beer den Baukörper zu dieser spektakulären Aussicht maximal öffnet und mit Veranda, Balkon, Sitznische und Erker auf mannigfaltige Weise erlebbar macht.

Zur Nachbarschaft hin kleiden die Architekten das zweigeschossige Wohnhaus in ein Verblendmauerwerk aus im wilden Verband vermauerten Backsteinen im Normalformat. Während der Sockelbereich klassisch mit Stoss und Lagerfugen ausgeführt ist, entsteht durch die Entscheidung, im darüber aufgehenden Backsteinmauerwerk die Stossfugen ohne Mörtel auf Knirsch zu stossen, eine feine horizontale Linierung. Diese legt sich um den Baukörper und zeichnet das Volumen nach.

Im Inneren kombinieren Eggli de Beer rechteckige Haupträume und durch Rundungen geprägte fliessende Erschliessungsräume als vermeintliche Gegensätze harmonisch miteinander. Das Zusammenspiel von geraden, konvexen und konkaven Flächen – zusammen mit Oberlichtern und präzise gesetzten Fenstern – schafft differenzierte Lichtsituationen.

Bei der Grundrisskonzeption war neben der Inszenierung des Ausblicks vor allem der Wunsch der Bauherren nach Grosszügigkeit und Offenheit, aber auch Intimität entscheidend. Das Erdgeschoss, in dem Gäste empfangen werden, ist mit einer höheren Decke und einer offenen Raumabfolge vom Entrée über den grosszügigen Koch-, Ess- und Wohnbereich bis zur Veranda repräsentativ gehalten. Im Obergeschoss liegen mit Schlafzimmer, Bad und Ankleide sowie einem Büro die privaten Bereiche. Callwey Verlag

«Das Besondere an Backstein ist seine Sinnlichkeit»

Interview mit den Architekten und der Bauherrschaft.

Der Schweizerische Hauseigentümer: Warum entschied man sich beim Neubau für eine Backsteinfassade?

Eggli de Beer: Während des Diskurses mit der Bauherrschaft kristallisierte sich heraus, dass sie sich für ihr Wohnhaus eine murale und gewisse archaische Anmutung vorstellte. Mit unserem Vorschlag des porösen und warmen Backsteins als Sichtverblendschale in Kombination mit sichtbaren glatten und kühlen Stahlstürzen konnte sich die Bauherrschaft auf Anhieb identifizieren.

Bauherrschaft: Wir wünschten uns einen hochwertigen und beständigen Fassadenaufbau, wobei für uns weder Sichtbeton noch sichtbares Holz infrage kamen. Neben der Ästhetik überzeugte uns die Langlebigkeit des soliden Zweischalenmauerwerks als unterhaltsarme Konstruktionsweise.

Liegen Backsteinfassaden im Trend?

Eggli de Beer: Backsteinfassaden stehen für zeitlose klassische und wertige Schönheit. Die Trendfrage an sich steht für uns nicht im Vordergrund. Viel eher treiben uns zeitgemässe und gesellschaftspolitische Fragen um, wie diejenige der Nachhaltigkeit mit all ihren Facetten. Insofern war es eine Freude, mit einer weitsichtigen Bauherrschaft zusammenzuarbeiten, für die Beständigkeit wichtig ist. Fachgerecht konstruierte Backsteinfassaden können über 100 Jahre fast ohne Unterhalt bestehen – eine gute Wertanlage in unserer schnelllebigen Zeit.

Welche Möglichkeiten oder Herausforderungen gibt es bei Backstein?

Eggli de Beer: Das Besondere ist sicherlich seine Sinnlichkeit und dass er nicht alleine auskommt. Er braucht mindestens die Fuge und den Mörtel, um Haus werden zu können. Auch faszinieren die Einfachheit und Direktheit seiner Bauweise. Es wird präzise ein Stein neben den anderen gesetzt. Lage für Lage. Die Mannigfaltigkeit der Verbände, diverse Formate und Farben der Steine sowie die Farbe und Ausbildung der Fugen ergibt unzählige Möglichkeiten, um ein individuelles Bild zu erzeugen. Das Besondere ist gleichzeitig auch die Herausforderung: Diese Fülle an Möglichkeiten kann eine Bauherrschaft überfordern. Mit ins Spiel kommen Nachhaltigkeitsüberlegungen, beispielsweise bezüglich grauer Energie: Woher kommt der Stein und welche Energie wurde beim Herstellungsprozess aufgewendet.

Ist der Neubau von anderen Objekten mit Backsteinfassaden inspiriert?

Eggli de Beer: Klar, Vorbilder gibt es bei allen Projekten. Wir gehen stets mit offenen Augen durch die Welt, speichern vieles auch im Unterbewusstsein ab. Für dieses Haus gab es deshalb nicht ein einziges Referenzobjekt. Da der Entwurf auch um die Kombination von Backstein und Stahl kreiste, fanden wir Inspiration bei unzähligen anonymen Projekten und bei Bauten im Raum Zürich aus der Postmoderne, die gekonnt Stein und Stahl vereinen. Zudem haben wir Bauten von Ernst Gisel oder Richard Neutra genauer angeschaut. Als es um den konkreten Stein ging, half es der Bauherrschaft, sich beim Wohnbauprojekt von Boltshauser Architekten in Wülflingen ein Bild zu machen.

Wurden Grosszügigkeit und Offenheit, aber auch Intimität erreicht?

Bauherrschaft: Unsere Wünsche wurden allesamt erfüllt oder sogar übertroffen. Eggli de Beer sind nicht nur auf unsere Wünsche nach Grosszügigkeit, Offenheit und Intimität eingegangen, sie haben auch unser Bedürfnis nach Individualität und Gemütlichkeit realisiert. Wir wohnen in unserem absoluten Traumobjekt und geniessen unser Haus jeden Tag.

Das Interview führte Yvonne Lemmer, Redaktion HEV Schweiz

«Die Dialektik aus Sinnlichkeit und Pragmatismus erweckt Wohnraum zu Lebensraum.»

Eggli de Beer Architekten

Eckdaten

Standort: Uitikon-Waldegg

Anzahl Bewohnende: 2 Personen

Grundstücksgrösse: 645 Quadratmeter

Wohnfläche: 227 Quadratmeter

Fertigstellung des Neubaus: 2018

Ein Material, 26 Traumhäuser

Im Buch «Die schönsten Einfamilienhäuser aus Backstein» stellt Autor Jens Kallfelz mit Katharina Ricklefs 26 Häuser vor, die alle aus dem klassischen Material gebaut worden sind. Durch die Nutzung von Backstein haben die Bauten Bestand und sind nachhaltig, da das Material umweltschonend gewonnen wird. Diese Häuser werden nicht nur für ein paar wenige Dekaden gebaut. Wie Jens Kallfelz schreibt: «Ein Haus baut man nicht für 30 Jahre, sondern für viele Generationen. Schön soll es sein, langlebig und komfortabel.»

 

Die besten Einfamilienhäuser aus Backstein. Jens Kallfelz, Katharina Ricklefs. Die besten Einfamilienhäuser aus Backstein 2023. 160 Seiten. 200 Fotos und Abbildungen. 25 x 28 cm. Gebunden. ISBN: 978-3-7667-2678-0

 

Das Buch ist in jeder Schweizer Buchhandlung oder im Onlineshop von Callwey erhältlich.