Esszimmer

Für kleine und grosse Runden

Esszimmer Ein Esszimmer soll einladend und stimmungsvoll wirken. Für die Einrichtung des gesellschaftlichen Mittelpunkts der Wohnung hatten die Hersteller und Designer an der Kölner Möbelmesse IMM viel Neues im Gepäck.

von Andrea Eschbach

Journalistin, Zürich

Nachhaltigkeit, Kreislauffähigkeit und Langlebigkeit sind derzeit die grossen Themen in der Möbelbranche. Gewiss, nicht erst seit gestern, aber mehr und mehr beeinflussen diese Kriterien die Auswahl der Möbel und prägen auch deren Design. «Wir spüren eine starke Vorliebe für Natürlichkeit – und daraus abgeleitet einen Trend zu Naturtönen, natürlichen Materialien wie Holz und Stein sowie runden und organischen Formen», berichtet Jan Kurth, Hauptgeschäftsführer des Verbands der deutschen Möbelindustrie. Kürzlich ging die Internationale Möbel- und Einrichtungsmesse (IMM) in Köln zu Ende – die erste Möbelmesse zum Auftakt des neuen Designjahres. Viel Wert wird auf Qualität gelegt, die sich in der langen Lebenszeit der Produkte, dem schonenden Umgang mit der Natur und der Verwendung von hochwertigen Materialien ausdrückt.

Dies gilt natürlich auch für das Esszimmer. Allerorten waren Tische aus Massivholz zu sehen. Massivholz ist die Essenz der deutschen Marke Team 7 – und so ist auch der neue Tisch «Taso» in Naturholz gefertigt. Der Entwurf des Zürcher Designers This Weber überzeugt mit einer reduzierten, klaren Designsprache, ergonomischen Formen und raffinierten Funktionen. Im Handumdrehen lässt sich das Möbel erweitern und schafft so reichlich Platz für spontanes, geselliges Beisammensitzen. Der Tisch lässt sich bequem von einer Schmalseite aus verlängern, wobei die Gäste sitzen bleiben können.

Unter den neuen Stühlen fürs Esszimmer stachen unter anderem die beiden Freischwinger «S 32 / S 64 Dark Melange» des deutschen Traditionsherstellers Thonet heraus. Marcel Breuers ikonische Stahlrohrmöbel aus den 1920er-Jahren interpretierte der deutsche Designer Sebastian Herkner in der exklusiv für Thonet kuratierten Farbkollektion «Dark Melange». Dabei treffen natürliche Farbnuancen für Holzelemente und Gestelle auf dunkel changierendes Rohrgeflecht. «Unser Wunsch war es, natürliche Materialien mit dem gezielten Einsatz von Farbe zu zelebrieren», sagt Sebastian Herkner. Das Ergebnis: fünf Beizfarben für die Holzelemente und je eine korrespondierende farbige Pulverbeschichtung für das Stuhlgestell. Der Entwurf des britischen Designduos Edward Barber und Jay Osgerby ist als Armchair oder Side Chair in zehn verschiedenen Stoff- und Lederbezügen und vielen Farben erhältlich. Die Bezüge und auch die Stuhlbeine aus Eiche oder recyceltem Aluminium können bei Bedarf abgenommen und ausgetauscht werden.

Harmonisch kombiniert

Bei zahlreichen Herstellern gab es gelungene Arrangements von neuen Stuhl- und Tischkombinationen zu sehen. Der Bützberger Hersteller Girsberger beispielsweise präsentierte den expressiven Tisch «Udina». Die Massivholz-Tischplatte ist wahlweise superelliptisch, rechteckig oder rund und wird von einem Sockel aus Beton getragen. Als skulptural geformter Zentralfuss sorgt dieser mit seinem Eigengewicht für Standfestigkeit, so dass weit auskragende Tischplatten bis zu 280 cm Länge möglich sind. Dennoch wirkt der Entwurf von Mathias Seiler erstaunlich leicht. Eine schöne Ergänzung dazu ist der gepolsterte Stuhl «Calina». Den Entwurf von Markus Dörner prägen runde und organische Formen, die für besonderen Sitzkomfort sorgen: Die runde Rückenlehne umschliesst den Oberkörper, stützt ihn auch bei längeren Mahlzeiten ab und vermittelt viel Geborgenheit. Drehbare Viersternfüsse aus Aluminium bringen mehr Bewegungsfreiheit. Auch der deutsche Hersteller Zeitraum präsentierte mit der Kollektion «Alpenraum» eine Kombination von Stuhl und Tisch. Die Idee dahinter war, sich mit den Materialien und der Kultur der Alpen auseinanderzusetzen. Wertschätzung, Identität und ein bewusster Umgang mit den Ressourcen führten schon auf der Alp zu charakteristischen Möbeln. Die Kollektion folgt dieser Logik, wird aber mit moderner CNC-Technik präzise gefertigt. Das Resultat ist der Entwurf «VNA Chair» des Bieler Designers Florian Hauswirth, inspiriert vom typischen Stabellenstuhl. So wie dieser aus Brettern und Pfosten mit einfachsten Mitteln zusammengezimmert und gesteckt wurde, ist auch Hauswirths Stuhl nach dieser Konstruktiongebaut. Er besteht zu 100 Prozent aus hochwertigemMassivholz und wird mit einem Minimum an Leim und einer einzigen Schraube hergestellt. Die Sitzmulde sowie die weichen Kanten der Rückenlehne wurden früher von Hand geschnitzt, während heute modernste CNC-Technik verwendet wird, um diese kunstvollen Details präzise zu reproduzieren. Auch die Grundkonstruktion des Tisches «VNA Dine» orientiert sich an den Steckverbindungen der Stabelle. Die Querzarge und die dazugehörige sichtbare Verkeilung sind typisch für den Alpenraum. Die seitlichen H-förmigen Konstruktionen sind mit der Fusszarge verbunden. Pate für den Namen der Kollektion stand das Dorf Vnà im Unterengadin, hatten sich doch Florian Hauswirth und Zeitraum zum Auftakt des Projekts dort für einige Tage getroffen.

Unter dem Stichwort «Low Dining» zeigte der Stand des deutschen Herstellers Freifrau ein Konzept, das Essen und Lounge vereint. Die aktuelle Entwicklung des Low Dining, bisher vorwiegend im Outdoor-Bereich beobachtet, findet nun auch Einzug in private Wohnbereiche. Freifrau präsentiert die Stühle der Kollektionen «Nana» und «Marie» mit niedrigerer Sitzhöhe. Als Vorreiter der Branche hat Freifrau die Stühle der «Nana»-Kollektion von Hanne Willmann sowie die neu eingeführte Familie «Marie» von Hoffmann Kahleyss Design mit einer leicht reduzierten Sitzhöhe von 42 cm entwickelt. Die Low-Dining-Stühle sind somit weniger hoch als klassische Sitzmöbel, was eine flexible Platzierung an niedrigen Tischen und neben Sofas ermöglicht.

Stimmungsvolle Leuchten

Eine gute Hängeleuchte über dem Esstisch ist wichtig, denn erst sie rückt Tisch und Stühle ins rechte Licht. Die Auswahl an Modellen ist riesig und reicht von üppigen bis zu minimalistischen Leuchten. Die Kölner Designerin Isabel Hamm interpretiert in ihren Entwürfen den Lüster neu. Die Leuchte «Cloud» besteht aus Glaskugeln in unterschiedlichen Grössen, die wie eine Art Wolke arrangiert für spannende Lichtreflexe und eine besondere Leichtigkeit über dem Esstisch sorgen. Poetisch ist auch die Tischleuchte «Volum», die das norwegische Architektur- und Designstudio Snøhetta für das italienische Unternehmen Lodes entwickelt hat. Die gläsernen Leuchten sind einfach, aber dennoch komplex in ihrer technisch orientierten Lösung. Zudem sind sie eine Hommage an die italienische Tradition der Glasbläserei, bei der das Glas in natürlich unvollkommene Formen verwandelt wird. Inspiriert von den dreidimensionalen Kunstwerken der Bildhauerin Ruth Asawa entwarf Nichetto Studio für die australische Marke Rakumba Lighting die modulare Leuchtenfamilie «Argyle». Sie ist aus feinstem Borosilikat-Glas mit einer zentralen Metallstruktur gefertigt. Mit ihrer diamantähnlichen Form erinnern die Leuchten an den Argyle-Diamanten, der im Norden Westaustraliens abgebaut wird.

Das Herfurter Unternehmen Bora präsentierte die vertikale Pendelleuchte «Bora Stars», die sich dank ihres variablen Systems jeder Raumsituation anpasst. Die Pendelleuchten, die es in den Farben Schwarz, Moosgrün und Roségold gibt, schweben scheinbar über dem Esstisch. Für Puristen ist auch die Leuchte «Oneline» gedacht. Diese Pendelleuchte stammt aus der Zusammenarbeit zwischen dem dänischen Hersteller Fritz Hansen und dem Künstler Kasper Friis Kjeldgaard. Reine Formen und natürliche Materialien kennzeichnen den Entwurf.

Ob puristisch oder verspielt, an den neuen Tafeln bleibt man gerne auch mal länger sitzen.