Internet-Betrug ist so alt wie das Internet selbst. Mit immer neuen Tricks versuchen Kriminelle, an das Portemonnaie leichtgläubiger User zu kommen – und sind leider viel zu oft erfolgreich. Ein relativ junger Trend ist der sogenannte Liebesbetrug (auch als «Love Scam» oder «Romance Scam» bekannt). Hier wird über eine Datingplattform, eine Single-Börse oder ein soziales Medium wie Facebook eine Vertrauensbeziehung zum Opfer aufgebaut. Die Täter geben sich als Ärzte, Ingenieure oder Armeeangehörige aus, die im Ausland arbeiten und deshalb nicht für ein reales Treffen zur Verfügung stehen. Sie umgarnen ihre Opfer täglich mit charmanten Botschaften, machen Komplimente und haben immer ein offenes Ohr für Probleme und Ängste. Ist das Vertrauen erst einmal erschlichen, kommen sie auf ihr eigentliches Anliegen zu sprechen: Sie gaukeln eine Notlage vor und bitten ihre Opfer um Geld. Ist dieser Damm einmal gebrochen, werden die Geschädigten oft bis auf den letzten Rappen ausgenommen.
«Die Zeit zwischen der Kontaktaufnahme und einer ersten Geldüberweisung ist relativ lang», sagt Psychologin Sandra Sauter in der SRF-Sendung «Morgengast». Das mache es für die meisten Opfer von Liebesbetrug sehr schwierig, eine solche Beziehung einfach wieder zu beenden. Es sei ein enormer Schritt, sich selber und anderen einzugestehen, dass alles nur Schall und Rauch gewesen ist. Sauter appelliert an das Umfeld der Opfer. Anzeichen, dass etwas nicht stimmt, sollten ernst genommen werden. «Personen, die sich in eine solche Abhängigkeit begeben, sind meistens sehr mitteilsam. Sie möchten über ihre neue Liebe sprechen und ändern zum Beispiel ihren Beziehungsstatus auf Facebook.» Weil eine starke emotionale Bindung zum Täter bestehe, dürfe man den Betroffenen keine Vorwürfe machen à la: «Wie konntest du nur?» Vielmehr solle man seinen Verdacht äussern und seine Hilfe anbieten. Stosse man damit auf taube Ohren, helfe schliesslich nur der Gang zur Polizei.
Bei Online-Kontakten immer kritisch sein
Auf www.cybercrimepolice.ch rät die Kantonspolizei Zürich, neue Internet- Bekanntschaften immer kritisch zu hinterfragen. Skeptisch sollte man besonders dann sein, wenn das Profil des Gegenübers eher neu ist und nur wenige Bilder aufweist. Weil die Fotos der Personen häufig von anderen Profilen entnommen werden, lohnt sich eine Google-Bildersuche. Damit kann man ein verdächtiges Foto hochladen und feststellen, ob es anderswo bereits verwendet wurde. Auch sollte man die neue Bekanntschaft einem Realitätscheck unterziehen: Klingt alles zu gut, um wahr zu sein? Würde sich diese Person im realen Leben wirklich für mich interessieren? Vor allem appelliert die Polizei daran, nie jemandem, den man nur aus dem Internet kennt, Geld zu überweisen – auch dann nicht, wenn man sich vertraut fühlt. Ein anderes Phänomen, das in letzter Zeit Schule machte, ist der Inseratebetrug: Kriminelle publizieren auf Kleinanzeigen- und Online-Plattformen betrügerische Angebote. Die Käufer bezahlen eine Ware, die jedoch nie geliefert wird. Diese Art von Betrug betrifft auch den Immobilienbereich. Interessenten reagieren auf eine gefälschte Immobilienanzeige und werden dazu angehalten, im Voraus eine Kaution zu bezahlen. Gerade in den letzten Monaten wurde auch die Schweiz von Betrugsfällen dieser Art heimgesucht. Manche Täter sind dreist genug, nicht nur Inserate, sondern ganze Websites zu fälschen. Anfang November hat das Immo-Portal Homegate eine Warnung herausgegeben, in der die Vorgehensweisen der Täter und mögliche Massnahmen dagegen vorgestellt werden. Wie bei allen Formen von Internetbetrug lautet der wichtigste Ratschlag auch hier: gesunden Menschenverstand walten lassen und bei Verdacht die Polizei kontaktieren.
Erpressung bei Online-Verkäufen
Auch vor Erpressung machen Internet-Kriminelle nicht halt. Zu Vorfällen dieser Art ist es in den letzten Monaten auf Schweizer Kleinanzeigenplattformen wie tutti.ch gekommen. Die Täter melden sich auf ein Inserat, interessieren sich für den angebotenen Artikel und verlangen vom Verkäufer als Sicherheit die Kopie eines amtlichen Dokuments. Ein Betroffener erzählt gegenüber der Kantonspolizei Zürich, wie er einer vermeintlichen Käuferin eine Kopie seiner Identitätskarte geschickt habe. «Sie hatte sich gefreut und sagte, dass sie morgen das Geld überweisen werde.» Stattdessen habe der Betroffene am nächsten Tag ein Mail mit erpresserischen Forderungen erhalten: «Meine Identitätskarte werde an Kriminelle verkauft. Ausserdem werden alle möglichen Kreditkarten bestellt und das Limit ausgenutzt. Sie werde bei Fernmeldeanbietern Handyverträge abschliessen und weitere Online-Angebote bestellen.» Um das alles zu vermeiden, sollte das Opfer bis am Abend einen dreistelligen Betrag auf ein Bitcoin-Konto überweisen.
Laut den Erkenntnissen der Polizei kommunizieren solche Täter in perfektem Deutsch, auch Schweizerdeutsch. Sie kennen die angebotenen Produkte gut und gewinnen so das Vertrauen der Verkäufer. Da die Identität der Käufer und Verkäufer auf solchen Plattformen nicht verifiziert sind, mahnt die Polizei zu äusserster Vorsicht: «Verschicken Sie nie Kopien Ihrer amtlichen Ausweise per Mail, und übergeben Sie Ware nur persönlich gegen entsprechendes Bargeld.» Keinesfalls dürfe auf eine Erpressung eingegangen werden. Stattdessen solle man umgehend bei seiner lokalen Polizeistation Strafanzeige erstatten.
Auf der Website Cybercrimepolice.ch informiert die Polizei über ihre Erkenntnisse und aktuelle Gefahren im Bereich Cyberkriminalität: www.cybercrimepolice.ch