Langsam neigt sich der Sommertag dem Ende zu. Zikaden zirpen in den Büschen, eine Amsel singt und in der Ferne quaken die Frösche. In die abendliche Klangkulisse mischt sich das leise Geräusch surrender Räder. Im Garten des Nachbarn zieht ein Mähroboter seine Runden, so wie fast jeden Abend.
Für viele Tiere eine Bedrohung
Letztes Jahr hat die Biologin Sophie Lund Rasmussen von der Universität Aalborg eine Studie veröffentlicht, die den Zusammenhang zwischen Mährobotern und Igelgefährdung ergründet. Denn anstatt vor dem potenziell gefährlichen Mähroboter davonzulaufen, greifen Igel gerne auf ihren natürlichen Verteidigungsmechanismus zurück und rollen sich zur Kugel zusammen. Vor tierischen Angreifern bietet das Schutz, doch durch die Messer der Rasenmäher können gerade kleinere Tiere tödliche Verletzungen erleiden. Für ihre Studie hat Rasmussen 18 verschiedene Roboterrasenmäher-Modelle getestet. Technisch gab es grosse Unterschiede. So machen schwenkbare Messer, die sich hinter einer Schutzplatte zusammenklappen, wenn sie auf etwas Härteres als Gras treffen, die Maschinen deutlich weniger gefährlich. Hinzu kommt: Da Igel vorwiegend dämmerungs- und nachtaktiv sind, sollten die Geräte unbedingt nur tagsüber eingesetzt werden. Auch die Hersteller raten klar dazu, die Geräte zur Dämmerung abzuschalten. Manche Geräte verfügen sogar über eine Tierschutzfunktion, die dafür sorgt, dass der Roboter nur während des Tages arbeitet. Diese muss allerdings von Hand über die Steuerungs-App des Geräts aktiviert werden.
Doch auch für andere Tiere, die sich bei Dunkelheit auf den Rasenflächen aufhalten, stellen Rasenroboter eine Bedrohung dar. «Speziell für Larven oder Laufkäfer, welche die Nahrung von Igeln sind», sagt Bernhard Bader vom Verein Pro Igel aus Russikon. Beim Thema Rasenpflege ist ihm wichtig, besonders die Gefahr von Motorsensen und Fadenmähern hervorzuheben. «Tagsüber schlafen Igel im dichten Gebüsch oder Gras-Saum», sagt er. Tausende von diesen Mähgeräten verstümmelte Igel würden die Igelstation jährlich erreichen. Sein Rat: «Das Areal vor der Mahd unbedingt mit den Laubrechen oder einem Stock absuchen.» Noch besser sei es, Teilstücke nicht zu mähen, sodass die Tiere Unterschlupf finden. «Wer vor bestehenden Hecken einen halben Meter Wildwuchs stehen lässt, stellt sicher, dass sich Leben entfalten kann.»
Böswillige Absicht ist es nicht
Der Nachbar, der bis nach Sonnenuntergang seinen Rasenroboter laufen lässt – wie geht man am besten vor, um ihn auf das Problem hinzuweisen? Antworten darauf weiss die Kommunikationsexpertin und Biologin Kerstin Heine, die in Bern eine Praxis für Lebensberatung und Unternehmenstraining führt. «Eines ist sicher», sagt Heine, «aus böswilliger Absicht tut das niemand». Igelfreunde, die Gartenbesitzer beim Anblick der bei Dunkelheit arbeitenden Geräte mit Vorwürfen attackieren, wählen aus Kommunikationssicht eine schlechte Strategie. Selbstgerechtigkeit und ein erhobener Moral-Zeigefinger sind keine gute Lösung. «Wer sich bevormundet fühlt, wehrt sich in der Regel. So komme ich meinem Ziel, dem Schutz der Igel, nicht näher.» Sinnvoller sei herauszufinden, warum der Nachbar diese Uhrzeit fürs Rasenmähen wählt. Vielleicht hat er kleine Kinder oder Haustiere, die tagsüber Zeit im Garten verbringen? «Hinter jedem Handeln steckt ein Motiv, auch wenn es nicht immer erkennbar ist.»
Ich-Botschaften übermitteln
Diese Motivation zu erkennen, ist der Ausgangspunkt. Anstatt den Nachbarn zu bevormunden, rät Heine dazu, auf Gemeinsamkeiten zu setzen. «Das Gute ist ja: Es gibt einen gemeinsamen Nenner, den man in den Fokus stellen kann. In diesem Fall ist es der Sympathieträger Igel.» Wichtig sei, zunächst eine Verbindung herzustellen, bevor man zum eigentlichen Anliegen kommt. Zum Beispiel mit den Worten: «Ich glaube, Sie kennen mich nicht, aber ich wohne gleich am Ende der Strasse, wir sind Nachbarn.» Wer das persönliche Motiv in den Vordergrund stelle, erscheine authentischer. «Das kann von ‹Schon als Kind hatte ich eine besondere Beziehung zu Igeln› bis zu ‹Gestern habe ich einen überfahrenen Igel am Strassenrand gesehen› reichen.» Anstelle von Anklagen und Schuldzuweisungen stehen Ich-Botschaften im Fokus. «Was ist mir wichtig und relevant? Ziel muss sein, gemeinsam eine Lösung zu finden und das Gegenüber ohne Gesichtsverlust erkennen zu lassen, was die Folgen seiner Handlungen sind. Idealerweise sagt die andere Person: ‹Das habe ich mir noch nie überlegt›.»
Ein kollektiver Wert
Jeder, der den Nachbarn oder sogar eine fremde Person über den Gartenzaun anspricht, dringt in dessen Privatsphäre ein. Noch intimer ist das Klopfen an der Tür. «Eine offene, aufrichtige Haltung ist hier gefragt. Am besten entschuldigt man sich für die Störung und fragt nach, ob die Person kurz Zeit für ein Gespräch hat. Man kann zum Beispiel sagen: ‹Ich bin gerade an ihrem Garten vorbeigekommen, und nun habe ich eine Frage: Ihr Mähroboter läuft noch, ist das Absicht?›.» Ein Versehen wird so erkannt oder die Basis für einen kurzen Austausch gelegt. «Naturschutz», sagt die Kommunikationsfachfrau, «ist ein kollektiver Wert. Die Menschen haben zwar ein unterschiedliches Verständnis davon, wie das auszusehen hat, und auch nicht die gleiche Bereitschaft, sich dafür einzusetzen. Das Ziel ist aber immer, ein Samenkorn zu legen und daran zu arbeiten, dass es aufgeht.»
Da Igel vorwiegend dämmerungs- und nachtaktiv sind, sollten Mähroboter nur tagsüber eingesetzt werden. Auch die Hersteller raten klar dazu, die Geräte zur Dämmerung abzuschalten.
Weitere Infos und hilfreiche Websites zum Thema
- Rechtliches zur Mähroboter-Thematik finden Sie im Beitrag «Rasenmähroboter – worauf ist zu achten» von MLaw Stéphanie Bartholdi, Juristin beim HEV Schweiz, vom 15. März 2020.
- Beitrag «In die Falle gegangen» über tödliche Fallen für Wildtiere, von Martina Schybli, Dr. med. vet., Schweizerische Vogelwarte Sempach, vom 14. April 2022.
Links Igelschutz
● Igelzentrum: igelzentrum.ch
● Verein Pro Igel: pro-igel.ch
● Verein Igelhilfe: igel-hilfe.ch
● Naturschutz.ch: naturschutz.ch/partner/pro-igel
● Pro Natura: pronatura.ch