Meier meint

Wackelnde Zukunft

von Markus Meier

Direktor HEV Schweiz

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Meist schwappen Trends vom amerikanischen Kontinent über den grossen Teich zu uns nach Europa herüber. Für einmal scheint aber in unserem nördlichen Nachbarland – genauer in Karlsruhe – ein neuer Hype geboren zu sein. Eine Einladung auf Social Media erhielt 10 000 Likes. Daraufhin folgte eine Zusammenkunft mit mehreren hundert Teilnehmenden. Nachfolgende Treffen fanden in Berlin, Hamburg, München und Wien statt. Mittlerweile ist die revolutionäre gesellschaftliche Innovation auch bei uns angekommen. Wer von den Schweizer Jugendlichen «in» ist, strömt auch hierzulande an ein «Pudding-mit-Gabel-essen-Treffen», wie es dieser Tage in Zürich zelebriert wurde. Gleiche Anlässe in weiteren Schweizer Städten sind angekündigt.

Selbstredend wurde dieser Gag auch von den Medien aufgegriffen. Sie befragten Teilnehmende nach dem Sinn dieses speziellen Rituals. Die Antwort regt zum Nachdenken an. Der Anlass habe keinen tieferen Sinn. Er bleibe aber als lustiges und merkwürdiges Ereignis in Erinnerung. Man könne andere Menschen kennenlernen und einfach mal lachen. Noch erstaunlicher wirkt die Feststellung, dass die Gabel beim Vertilgen der wackelnden Masse für die meisten kein Hindernis dargestellt habe. So der bemerkenswerte Kommentar eines Teilnehmers: «Eine Gabel hat eine ähnliche Form wie ein Löffel, darum ist das kein Problem.»

Dass man mich nicht falsch versteht: Ich gönne allen ihre Freizeit und bin auch für die freie Wahl von Hobbys und Aktivitäten. Zu denken gibt mir vielmehr, dass teilweise offenbar so viel «vörige» Zeit vorhanden ist, dass man Aktivitäten ohne Sinn nachgehen kann. Meiner Ansicht nach bestand die fortschrittliche Entwicklung unserer heutigen Gesellschaft immer auch in technologischen Innovationen und funktional ausgefeilten Perfektionierungen. Im vorliegenden Beispiel würde das bedeuten, dass aus der Gabel nun mindestens die Weiterentwicklung zum Löffel hervorgehen müsste, da sich dieser zum Puddingessen noch besser eignet. Nur war dieser schon vor der Gabel bekannt. Mit Blick auf das «Pudding-mit-Gabel-Essen» kann somit die Befürchtung nicht vom Tisch gewischt werden, dass gewisse aktuelle Entwicklungen in eine fragwürdige Richtung gehen.

Der Komiker und Sänger Peach Weber trällerte einst erfolgreich «Sun, fun and nothing to do». Eine freizeitliche Erholung mit dem von ihm besungenen Nichtstun schiene mir ohne Zweifel gewinnbringender als eine Rückwärtsentwicklung zu «Am Anfang war das Feuer».

«Sun, fun and nothing to do.»