Die Zivilprozessordnung (ZPO) regelt einheitlich für die ganze Schweiz die gerichtlichen Verfahren in privatrechtlichen Streitigkeiten. Der Bundesrat wollte anlässlich einer Revision dieser ZPO den kollektiven Rechtsschutz ausbauen. Diese Änderung hätte einschneidende Folgen für die Wirtschaft – auch für Vermietende – nach sich gezogen. Denn mit der Einführung von Sammelklagen wäre das Risiko von Klagewellen stark gestiegen. Zusammen mit demHEV Schweiz habe ich mich daher im Ständerat klar gegen die vorgeschlagenen Bestimmungen «Sammelklagen à la USA» ausgesprochen.
Schon heute kennt die ZPO die Möglichkeit einer Verbandsklage, allerdings beschränkt auf Persönlichkeitsverletzungen. In der Praxis hat diese Möglichkeit bisher kaum Bedeutung gehabt. Trotzdem beabsichtigte der Bundesrat, diese bestehende Verbandsklage erheblich auszubauen und sie für die Durchsetzung aller Rechtsverletzungen zu ermöglichen. Zudem sollte eine neue Verbandsklage eingeführt werden, um Ersatzansprüche (Schadenersatz, Gewinnherausgabe, Genugtuungsansprüche) geltend zu machen. Diese Verbandsklagen hätten dabei sogar in einem elektronischen Verzeichnis publiziert werden sollen, was datenschutzrechtlich äusserst heikel wäre.
Die Schweiz ist nicht die USA, und solche Sammelklagen stellen einen Fremdkörper im Schweizer Zivilprozess-System dar. Die Schweizerische Zivilprozessordnung kennt schon heute genügend Instrumente, die geeignet sind, ähnlich gelagerte «Massenprozesse» im Rahmen der Schweizer Prozesstradition abzuhandeln (Verfahrenszusammenlegungen durch das Gericht, Pilot- bzw. Musterprozesse, Streitverkündungen, Widerklagen). Das reicht aus, um Ansprüche gegen Rechtsverletzungen durchzusetzen und dabei den individuellen Gegebenheiten der jeweiligen Fälle Rechnung zu tragen. Sammelklagen nach amerikanischem Vorbild wurden dagegen bereits im Rahmen der ursprünglichen Schaffung der Eidgenössischen Zivilprozessordnung 2008 diskutiert und klar verworfen. Selbst der Bundesrat betitelte sie damals als «dem europäischen Rechtsdenken fremd» und missbrauchsanfällig. Mit den Sammelklagen ist die Gefahr verbunden, dass Parteien auf Druck von «Massenprozessen» – ungeachtet der effektiven Anspruchsberechtigung – zu «Freikäufen» gedrängt würden, um langwierige und teure Gerichtsverfahren zu vermeiden. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen denn auch, dass von Sammelklagen vor allem Anwälte und Prozessfinanzierer profitieren. Die neuen Risiken hätten auch Immobilieneigentümer, insbesondere Vermieter, betroffen.
Es freut mich, dass die Ablehnung im Parlament schliesslich obsiegt hat. Nach langen Beratungen haben nun sowohl der National- als auch der Ständerat die vorgeschlagene Revision verworfen. Der «Amerikanisierung» unseres Prozessrechts wurde damit eine klare Absage erteilt.
«Die Schweiz ist nicht die USA, und solche Sammelklagen stellen einen Fremdkörper im Schweizer Zivilprozess-System dar.»