Meier meint

Von Zwang und Willkür

von Markus Meier

Direktor HEV Schweiz

Die Forderung nach einer obligatorischen Erdbebenversicherung tritt regelmässig von Neuem aufs politische Parkett. Ebenso regelmässig und ausnahmslos wurden bisher alle diese Vorstösse klar abgelehnt. Der neueste Streich für ein staatliches Obligatorium entstammt einer Motion der ständerätlichen Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie. Zwar lehnte der Bundesrat auch diese Motion ab, aber weil sich im National- und Ständerat bescheidene Ja-Mehrheiten fanden, musste er «contre coeur» aktiv werden. Eine Arbeitsgruppe hat nun einen Vorschlag mit einer sogenannten «Eventualverpflichtung» als Kernstück erarbeitet. Weil der HEV ein Versicherungsobligatorium bekannterweise ablehnt, wurde seitens des Verbands bewusst auf die Mitarbeit in dieser Arbeitsgruppe verzichet: Die dafür nötigen «Verbiegungen» waren nicht möglich.

Aus den Ergebnissen der Arbeitsgruppe wird nun vom Eidgenössischen Finanzdepartement bis Ende 2023 eine konkrete Vorlage erstellt. Die bei Bedarf vom Bundesrat aktivierte «Eventualverpflichtung» sieht für Hauseigentümer einen solidarischen Beitrag von bis zu 0,7 Prozent der Gebäudeversicherungssumme ihres Immobilieneigentums vor. Für geschädigte Eigentümer ist ein Selbstbehalt von 5 Prozent vorgesehen. Damit sollen Gebäudeschäden bis rund 20 Mia. Franken abgedeckt werden. Nach einer Zustimmung des Parlaments müsste auch das Stimmvolk über die Verfassungsänderung zum staatlichen Zwangseingriff ins Privateigentum abstimmen.

Jeder Hauseigentümer kann seit Jahren nach eigenem Ermessen eine Erdbebenversicherung abschliessen. Die Privatassekuranz verfügt über umfassende Angebote, auch der HEV bietet seinen Mitgliedern Zugang zu einer solchen Versicherung. Zudem schliessen immer mehr Hypothekargeber die Erdbebenversicherung in die gewährte Hypothek ein und sichern damit gleichzeitig die Aktivposition in ihrer eigenen Bilanz ab.Sehr fragwürdig erscheint, dass Gebäude ab 25 Mio. Franken und Bundesbauten vom staatlichen Solidaritäts-Obligatorium ausgenommen sein sollen. Für diese könne nach eigenem Gutdünken eine private Erdbebenversicherung abgeschlossen werden. Grund für die willkürliche Teilung? Laut Arbeitsgruppenbericht könnten so im Bedarfsfall Gebäudeschäden rasch geschätzt und Zahlungen schnell ausgelöst werden. Fazit: Staatliche Zwangs-Solidarhaftung für die kleinen Privaten, Entscheidungs- und Wirtschaftsfreiheit für die Grossen und den Staat. Honni soit qui mal y pense!

«Die dafür nötigen Verbiegungen waren nicht möglich.»