Der «Schweizer Preis für Putz und Farbe» würdigt Projekte für Fassaden- und Innenraumgestaltungen, bei denen Putz und Farbe als architekturprägende Elemente in hoher Qualität zur Anwendung kommen. Gold in der Preiskategorie «Putzfassade» ging in diesem Jahr an das «Wohnhaus Rautihalde» aus der Zusammenarbeit des Büros Fiederling Habersang Architekten mit dem Handwerksunternehmen Egli Gips- und Fassadensysteme aus Oberhasli. Der Ersatzneubau in Zürich-Altstetten ist das Resultat eines Wettbewerbs von 2015. Ziel der Bauherrschaft – die gemeinnützige Stiftung PWG der Stadt Zürich – war das Schaffen von Wohnungen mit reduzierter Fläche und besonders günstigen Mietzinsen. Entstanden ist ein längliches, viergeschossiges Wohnhaus mit Dachgeschoss, zwei Treppenhäusern und total 33 Wohneinheiten. Das prägnanteste Merkmal des Bauwerks ist der differenzierte Umgang mit seiner Fassade, der die Gliederung des Baukörpers im klassischen Stil – Sockel, Mittelbereich und Abschluss – unterstreicht. Für die Aussenhaut der Mauern aus monolithischen Dämmziegeln legte das Team einen mineralischen Dickputz und verschiedenartig strukturierte Oberflächen zugrunde. Die jeweilige Putztechnik leitete sich aus der spezifischen Lage und der Eigenschaft dieser Fassadenbereiche her. Beim Sockel kam ein grober Kellenwurf, bei der Mittelpartie ein fein abgeriebener Glattputz und beim oberen Abschluss ein senkrecht gerillter Kämmputz zum Einsatz. Für alle drei Putzarten wurde Mörtel ohne chemische Zusatzstoffe auf dem Bau angemischt. «Mit ihrer sorgfältigen Ausführung liefern die Beteiligten auch den Beweis dafür, dass ein ökonomisch anspruchsvolles Bauwerk mit relativ einfachen Mitteln wesentlich aufgewertet werden kann», urteilt Jury-Mitglied und Architektin Annette Helle.
Atmosphärisch austarierte Räume
In der Preiskategorie «Innenraumgestaltung» konnte sich das Team Chloe Architektur, Zürich, und Arge Lehmbau, Ossingen, für den Umbau eines Bauernhauses einen Preis sichern. Der ehemalige Wohnteil eines Vielzweckbauernhauses im alten Dorfkern von Seuzach wandelte sich im Zuge der Sanierung zu einer grosszügigen Familienwohnung. Im anschliessenden, in Holz eingekleideten Ökonomiebau finden innerhalb der geschützten Riegelkonstruktion drei Wohnungen Platz. Darüber wölbt sich ein mächtiges Walmdach. Zur Auskleidung der Räume wurden vor allem Lehm, Kalk, und Holz verwendet, deren Einsatz zu stimmigen Wohnräumen führt. Aufgehellte Lehmputze in grünen, sandigen und erdigen Tönen werden den Bedürfnissen der einzelnen Räume entsprechend angewandt und allenfalls mit leuchtenden oder warmen Lehmpulvern modifiziert. Die vor Ort erstellten Eigenmischungen bauen auf Aus-hublehm auf, der zu Grundputzen abgemagert wurde. Der Lehmgrundputz wurde einem Aushub in der Nähe entnommen, da beim Umbau des Bauernhauses wenig Erdmaterial anfiel. Neben dem Baulehm aus Seuzach, Stadel und Ellikon diente auch Ziegeleilehm aus Berg / TG als regionales Bindemittel. Auf Basis dieser Rohlehme wurden ebenso Deckputze entwickelt, die den architektonischen Überlegungen entsprachen. Die Jury würdigte hier «besonders das grosse handwerkliche und gestalterische Engagement und Verantwortungsbewusstsein aller am Planungsprozess und an der Ausführung Beteiligten. Die Sanierung nimmt die lokalen Bautraditionen und Typologien gekonnt auf und zollt ihnen Respekt».
Urhütte aus Stampflehm
Die Zürcher Architektin Delphine Schmid bekam gemeinsam mit Fabricat Multifari, Chaflur, einen Anerkennungspreis der Jury für ihr Projekt Bergerie verliehen. Die Bergerie ist ein mit Kalklehm verputztes, zweigeschossiges Stampflehmgebäude, gelegen in wilder Landschaft und einem Bauernhof auf 907 m.ü.M zugehörig. Der Schafunterstand und das Hirten-Refugiumbieten Schutz vor dem Wetter. Es wurden konsequent regionale Materialien und eigene Materialmischungen verwendet, bis hin zur Herstellung der Bindemittel und Pigmente. Das Gebiet des Bauplatzes im Jura ist reich an Ressourcen: ein Kalkmassiv mit grossem Lehmvorkommen. Für den Verputz wurde als Zuschlag Sand und Split aus dem nächstgelegenen Kieswerk verwendet. Für den Grundputz waren zwei Aufträge im Kellenwurf nötig. Die erste Putzschicht diente als Haftputz. Aus Gründen der Farbigkeit und zur Ergänzung des Sandes mit fehlenden Feinanteilen wurde der lokale Lehm ausgesiebt und beigefügt. Als Bindemittel für den Kalklehmputz wurde eigens hergestellter, holzgebrannter Dolomitstückkalk verwendet. Bei der verwendeten Heissmörteltechnik wurden Stückkalk und Zuschlag direkt im Mischer gelöscht, und der Mörtel wurde noch warm verarbeitet. Das verwendete Holz stammt aus dem eigenen Wald, die wiederverwendeten Fenster wurden mit einem Neuanstrich aus einer selbst hergestellten Kaseinfarbe und Pigmenten aus Jurakalk aufgefrischt. «Der handwerklich hochstehende und stringente Umgang mit natürlichen und lokalen Baumaterialien» überzeugte die Juroren.
Drei Projekte, die aufs Schönste zeigen, wie Putz heute Gebäude verschönern, ergänzen, ausbessern und sanieren kann. Um dem Putz die Wertschätzung zu geben, die er verdient, sind Auszeichnungen wie der Schweizer Preis für Putz und Farbe wichtige Ereignisse.
Bilder der Preisträger-Projekte finden Sie hier.
Schweizer Preis für Putz und Farbe
2015 wurde die Auszeichnung als Innovationswettbewerb «Farbe – Putz – Dämmung» vom Schweizerischen Maler- und Gipserunternehmerverband SMGV und der Messe Luzern ins Leben gerufen. Heute firmiert der Wettbewerb unter dem Namen «Schweizer Preis für Putz und Farbe». Auch die vierte Ausgabe würdigte am 9. Februar anlässlich der Messe appli-tech den Einsatz von Putz und Farbe bei qualitativ hochwertigen Bauten und Raumkonzepten. Ziel ist es, die Zusammenarbeit von Fachleuten aus Architektur, Innenarchitektur, Farbgestaltung und Handwerk zu fördern.
Die mit insgesamt 35 000 Franken dotierte Auszeichnung wendet sich explizit an interdisziplinäre Teams aus Planenden und Handwerkern aus der Maler-und Gipserbranche, die das Objekt gemeinsam realisiert haben. Zugelassen waren Schweizer und Liechtensteiner Bauten und Raumkonzepte, fertiggestellt zwischen Januar 2017 und September 2022. Insgesamt wurden 26 Projekte in den Kategorien Putzfassade / Farbgestaltung und Innenraumgestaltung eingereicht, acht davon wurden von der neunköpfigen Jury unter Leitung des Münchner Architekten Andreas Hild ausgezeichnet.