Meier meint

Vergesslichkeit

von Markus Meier

Direktor HEV Schweiz

Wir wissen noch nicht, was der nahende Winter in Sachen Pandemie (wieder) alles bringen mag. Hingegen dürfte uns noch in Erinnerung sein, wie es 2020 / 21 und 21 / 22 ausgesehen hat. Masken- und Zertifikatspflicht und weitere Einschränkungen prägten unser aller tägliches Leben. Restaurants wurden zeitweise gänzlich zur Sperrzone oder es durfte nur eine reduzierte Gästezahl bedient werden, auch das teilweise nur im Aussenbereich. Ähnlich sah es bei den Läden aus. Verkaufsgeschäfte ohne sogenannte «Güter des täglichen Bedarfs» mussten ganz schliessen, jene mit gemischten Angeboten durften nur die Regale mit den vorgenannten Produkten zugänglich machen.

Wie waren wir doch seinerzeit froh, dass wir in unmittelbarer Nähe unserer Häuser und Wohnungen einkaufen konnten. Die Dorfläden erlebten einen Boom und die von den Landwirten weitherum betriebenen Hofläden verzeichneten wachsende Kundenströme. Der von zahlreichen Konsumenten intensiv gepflegte Volkssport «Einkaufstourismus ennet der Landesgrenze» ebbte aus naheliegenden Gründen ab. Davon konnten einerseits die Schweizer Arbeitsplätze, unsere Lehrstellen, ja unsere ganze Volkswirtschaft profitieren. Andererseits hörte man landauf landab den Lobgesang, wie praktisch und wertvoll es doch sei, direkt vor der Haustür einkaufen zu können. Oder mit anderen Worten: Es wurde (an)erkannt, dass das Gute eigentlich so nah liegt. Nicht wenige verkündeten denn auch, ihr verändertes Konsumverhalten aufgrund der damit gemachten positiven Erfahrungen auch nach der Rückkehr zur Normalität beibehalten zu wollen.

Und wo stehen wir heute, noch kein ganzes Jahr nachdem sämtliche Einschränkungen wieder aufgehoben werden konnten? Das Wiedererlangen der vollen Mobilität, die Öffnung der Grenzen und wohl nicht zuletzt der starke Schweizerfranken – oder ist es der schwache Euro? – haben die guten Vorsätze schon wieder zur Geschichte werden lassen. Ich lese von drastischen Umsatzrückgängen in Dorfläden und gar von Schliessungen, weil die Kunden ausbleiben. Auch bei vielen der Hofläden bewegt sich die Umsatzkurve wieder in Richtung Vorpandemie-Niveau.

Ich bin überzeugt, dass diese Geschäfte auch in «normalen Zeiten» unsere Aufmerksamkeit und Treue verdienen müssten. Wer weiss: Je nachdem sind wir schneller wieder auf sie angewiesen, als uns dies lieb ist.

«Es wurde (an)erkannt, dass das Gute eigentlich so nah liegt.»