Ein Garten soll in erster Linie schön aussehen – nicht? Meist soll er auch pflegeleicht sein oder Gemüse und Früchte liefern. Der Duft steht nur selten auf der Anforderungsliste. Zu Unrecht, denn ein Garten, der mit Düften gestaltet und komponiert wird, öffnet ganz neue Dimensionen. Wer würde Maiglöckchen und Flieder nicht mit Wohlgefühl assoziieren? Rosen und frisch geschnittenes Gras mit entspannter Sommerurlaubslaune? Den erdigen Geruch von Herbstlaub mit Kindheitserinnerungen? Denn das Parfüm von Pflanzen appelliert sofort an die Gefühlswelt.
Duftender Garten für alle Jahreszeiten
Wer die pflanzlichen Wohlgerüche das ganze Jahr über geniessen möchte, kann jetzt mit der Planung beginnen. Den Auftakt machen die Duftveilchen (Viola odorata), die kühle Plätze im lichten Schatten von Gehölzen und lehmigen, nährstoffreichen Boden bevorzugen. Hyazinthen (Hyacinthus orientalis), die meist in Weiss, Gelb, Rot und Violett blühen, folgen ab März. Auch in Gefässen machen sie eine gute Figur. Weiter geht es mit Maiglöckchen (Convallaria majalis), Goldlack (Erysimum cheiri), der immergrünen Duftblüte (Osmanthus burkwoodii), Nelken (Dianthus), vielen Tulpen, zum Beispiel der Zwerg-Tulpe (Tulipa polychroma), und Narzissen, die mit schwelgerischen Duftnoten unsere Nasen verwöhnen.
Im Juni entfaltet der Garten seine sinnlichste Seite und lädt zum Schauen, Berühren und Schnuppern ein. Die Palette an Duftpflanzen ist riesig: Pfingstrosen (Paeonia), Flammenblumen (Phlox), Taglilien (Hemerocallis), Duftsteinrich (Lobularia maritima), Schleifenblume (Iberis umbellata), die Vanilleblume (Heliotropium arborescens) und zahlreiche Duftrosen, speziell die Damaszener-Rosen, haben jetzt ihren grossen Auftritt. Bis in den Juli präsentiert auch die Madonnenlilie (Lilium candidum) ihre weissen, trichterförmigen, lieblich-würzig duftenden Blüten. Für Balkongärten eignen sich besonders Duftgeranien (Pelargonium odorata). Zwischen Zitronen-, Pfefferminz- oder Rosenaroma weisen sie unzählige köstliche Duftvarianten auf.
Aromatische Wandbegrünung
Im Hochsommer schlägt auch die Stunde des Lavendels und der einjährigen Resede (Reseda odorata). Ihre grünlichen Blüten sind eher zurückhaltend, aber ihr Veilchenduft ist unschlagbar. Die Resede steht bei Bienen als Nektarlieferantin hoch in der Gunst und ist übrigens die einzige Nahrungsquelle der Reseden-Maskenbiene (Hylaeus signatus). Die einjährige Pflanze sät man ebenso wie Duftwicken (Lathyrus odoratus), die es in allen Farben von zartem Pastell bis hin zu mehrfarbigen Sorten gibt, im Frühjahr direkt ins Freiland aus. Letztere erreicht als Kletterpflanze eine Wuchshöhe von bis zu eineinhalb Metern und verwandelt Zäune, grosse Kübel oder Balkonkästen in ein Blütenmeer. Andere Ranker, die die Nase bezirzen, sind beispielsweise die Heckenkirsche (Lonicera tellmanniana) oder das Feuer-Geissblatt (Lonicera x heckrottii ‘Goldflame’). Wird sie an Pergolas, Zäunen oder Fassaden platziert, erreicht die wuchsfreudige Pflanze eine Höhe von fünf Metern, wo sie mit ihrem an Honig, Nektar und frische Früchte erinnernden Duft-Bouquet für ein betörendes Erlebnis sorgt.
Lebkuchen oder Kamille?
Aber nicht nur bei den Stauden und Zwiebelpflanzen gibt es duftende Wunder. Auch manche Gehölze beeindrucken mit Aromen, die von fruchtig über würzig bis hin zu exotisch oder sogar an Weihnachtsgebäck erinnernd reichen. Der Katsurabaum (Cercidiphyllum japonicum), auch als Lebkuchenbaum bekannt, trägt diesen Namen nicht zufällig. Im Herbst verfärbt sich sein Laub dramatisch tiefrot und rostorange. Wenn es zu Boden sinkt, verströmt es einen intensiven Duft nach Zimt und Karamell. In der kalten Jahreszeit macht das Sortiment aus winterblühenden Duftsträuchern den Duftgarten perfekt.
Pflanztipps
Duftpflanzen sollten an Orten stehen, wo man sie gut wahrnehmen kann, beispielsweise in der Nähe von Sitzplätzen, am Beetrand oder entlang von Wegen. Ein windgeschützter und sonniger Platz ist ideal, da sich die Aromen dort am besten entfalten. Eine besonders raffinierte Art, in den ganzen Genuss duftender Pflanzen zu kommen, ist ein Senkgarten – ein vertieft angelegtes Gartenareal, das von Mauern umgeben ist. Durch den Windschutz bleiben die Aromen länger erhalten.
Einige Pflanzen entfalten ihre Düfte vor allem in den Abendstunden, um nachtaktive Bestäuber wie Nachtfalter anzulocken. Dazu gehören die Nachtkerze (Oenothera-Arten), Wunderblumen (Mirabilis jalapa) sowie Ziertabak-Arten (Nicotiana alata und N. sylvestris). Ihr Parfüm ist ein Fest für die Sinne. Warum nicht mit diesen Pflanzen eine aussergewöhnliche Atmosphäre im Garten schaffen?
Pflanzen für einen duftenden Rasen
Wie wäre es mit einem Duftrasen? Hierzu pflanzt man an geeigneten Stellen deckende Duftkräuter wie zum Beispiel Zitronenthymian, Römische Kamille, Quendel oder Kriechende Poleiminze. Auch zwischen den Trittplatten des Gehwegs funktioniert das. Im Laufe der Zeit wachsen sie zu einem dichten Teppich zusammen – ein Fest für die Nase, wann immer man darüberläuft!
Warum duften Pflanzen?
Pflanzen produzieren flüchtige organische Verbindungen in ihren Blüten, Blättern oder Wurzeln, um Insekten für die Bestäubung anzulocken. Manche Pflanzen, zum Beispiel der Mais, setzen Duftstoffe frei, wenn sie von Raupen befallen werden, um räuberische Schlupfwespen anzulocken.
Oft dient der Duft auch der Abwehr: Er schreckt Fressfeinde ab oder warnt benachbarte Pflanzen. Eine von Giraffen angeknabberte Akazie setzt Ethylen frei, woraufhin nahe Akazien mehr Bitterstoffe bilden – ungeniessbar für die Giraffe.