Chelsea Flower Show

Chelsea-Inspirationen für den Garten

Künstliche Intelligenz, Überflutungsbecken, Stadtwald – und das alles in Bordeauxrot: Die Chelsea Flower Show bot auch in diesem Jahr Bemerkenswertes.

von Judith Supper

Journalistin

Mitte Mai hat die prestigeträchtigste Garten-Show der Welt, die Chelsea Flower Show, wie jedes Jahr im noblen Londoner Stadtteil Chelsea stattgefunden. Etwa 168 000 Menschen besuchten den fünftägigen Anlass, um sich von den Kreationen führender britischer Gartendesignerinnen und Landschaftsarchitekten inspirieren zu lassen. Welche Ideen aus den 31 Showgärten lassen sich in einem Schweizer Garten realisieren? Die Autorin war für den Hauseigentümer vor Ort – und hat genau hingeschaut.

Spaltengarten

In vielen Gärten dominierten Steine – als Akzente, Sitzgelegenheiten, zu Haufen aufgeschichtet oder als Felsspaltenbepflanzung. Warum sie nicht weiterdenken, wie im «Red Cross ‹Here for Humanity› Garden» (6)? Hier bildeten sechseckige Elemente Pflaster, Stufen, Behälter, Brunnen und Trittsteine – das Schlagwort dazu: Öko-Brutalismus. Die aus Hypertufa – einem porösen Ersatz für Tuffstein – hergestellten Strukturen boten Alpenpflanzen aus allen Regionen der Welt formschöne Wachstumsbedingungen.

Im «Seawilding»-Garten (3) waren vertikal aufgerichtete Sandsteinfelsen um einen mit Seegras bepflanzten Salzwasserpool gruppiert. In den Pool selbst hatte die gemeinnützige Organisation Seawilding lebendige Austern platziert. Solch ein «Spaltengarten» oder «Spaltenbeet» gilt als Weiterentwicklung des Steingartens. Hier werden flache Steine hochkant und sehr eng aneinander in ein mageres Pflanzsubstrat gesteckt. Designer Nigel Dunnett hatte in seinem «Hospitalfield Arts Garden» (4) ein ähnliches System verwendet, um Pflanzen im Sand auszustellen, eingebettet in an Sanddünen erinnernde Metallstrukturen.

Dynamische Wasserfeatures

Wasser war in fast jedem Garten vorhanden, aber nicht statisch, sondern in Bewegung: als Bach, Wasserfall, in Überflutungsbecken, Brunnen. Diverse Konzepte aus der Permakultur fanden dabei ihren Einsatz, unter anderem die «Swales» wie im Killik & Co «Save for a Rainy Day Garden» (7), flache, bewachsene Mulden zur Wasserspeicherung. Zentral dabei war die Frage: Wie mit flutartigen Regenfällen umgehen? Mehrere Gärten stellten Konzepte vor, wie sich stauendes Wasser ableiten lässt und welche Pflanzenarten sowohl mit nassen Füssen als auch mit trockenem Boden zurechtkommen. Das Interesse an Designs, die trockenheit- und flutresistent sind, war deutlich zu erkennen. Es gab Ideen zum Mulchen und zur Regenwasserspeicherung. So zeigte der «Garden of the Future» klimaresistente, essbare Pflanzen, grüne Technologien wie Sonnenkollektoren, Regenwassersammler – und überdies eine «Kreislauftoilette», die menschliche Exkremente in Kompost umwandelt. Der «C6»-Balkongarten (8) stellte unter anderem Ideen vor, wie sich Regenwasser auffangen und speichern lässt – in diesem Fall bis zu 450 Liter.

Spiel mit den Farben

Auch 2025 gaben warme Töne in Chelsea den Ton an. Altrosa, beige, violett, rostrot, braun – dies waren die kennzeichnenden Farben für Bodenbeläge und Wände, oft aus recycelten Materialien hergestellt. Gleiches Bild bei den Pflanzen: Rot- und Burgundtöne dominierten – oft vor einem üppigen grünen Hintergrund. Wärme erschaffen durch Farbe, das gelang nicht nur durch Blüten. Beispielhafte Vertreterinnen: die Rosen "Tuscany Superb" und "Charles de Mills" oder die Grosse Sterndolde (Astrantia) "Burgundy Manor" oder der Mohn "Lauren’s Grape". Auch bei den Gehölzen fielen viele dunkellaubig Arten auf. Allen voran die Bluthasel (Corylus maxima "Purpurea"), der dramatisch lilafarbenen Holunder (Sambucus "Milk Chocolate") oder die Blutbuche (Fagus sylvatica Atropunicea), kugelförmig in Form geschnitten. Nicht zu vergessen: Die lilafarbenen, im Siebdruckverfahren bedruckten Glasplatten im «The King’s Trust Garden: Seeding Success» (1).

Wege und Böden: Keep it simple

Der «Seeding Success»-Garten zeigte exemplarisch einen weiteren Chelsea-2025-Trend: ungeformte, mäandernde Pfade aus Schotter, Sand oder Naturstein. Designer Joe Perkins liess sich von einer vulkanischen Umgebung inspirieren – und wollte zeigen, wie viel Hoffnung in einem einzelnen Samenkorn liegt. Im «Hospice UK Garden» (5) von Designer Tom Hoblyn dominierte eine mediterrane Landschaft – samt klimatoleranter Bepflanzung und Basaltschotter als Wegmaterial. Bei den Pflanzen setzte er auf Arten, die robust auf sich verändernde Klimabedingungen reagieren: etwa Östlicher Erdbeerbaum (Arbutus andrachne) oder Chilenische Myrthe (Luma apiculata). Vielleicht sehen wir diese Gehölze auch in unseren Gärten künftig häufiger.

Urban Forest

Bäume: Anno 2025 schlug in Chelsea ihre Stunde. Mehrschichtige Stadtwald-Gärten mit Bäumen, Sträuchern, Stauden und Bodendeckern liegen voll im Trend – sie fördern Biodiversität und mentale Gesundheit. Inspiriert vom japanischen Shinrin-yoku («Waldbaden»), setzen Urban Forests auf Atmosphäre und Achtsamkeit.

Mehrstämmige Bäume, etwa Birken oder Ginkgos, waren ein grosses Thema. Im Avanade-Garden (9) sogar ergänzt durch KI-Sensoren zur Überwachung von Wachstum und Luftqualität. Der als bester Showgarten gekürte «Cha No Niwa Garden» (2) von Kazuyuki Ishihara kombinierte diverse Ahornbäume mit Schwertlilien, sanft sprudelnden Wasserelementen, kunstvoll platzierten Steinen und Moos. Auch andere Gärten imitierten Waldszenarien – der «Komorebi-Garten» sogar eines, das sich auf dem Balkon nachbilden lässt. Inspiriert vom japanischen Begriff «Komorebi», der das durch die Baumkronen fallende Sonnenlicht beschreibt, vermittelte er ein Gefühl der Ruhe und Naturverbundenheit.

Was lässt sich also von Chelsea mitnehmen?

Vieles – glücklicherweise braucht nicht alles davon viel Platz. Spaltengärten passen auch ins Kleinformat, ein Kiespfad wirkt natürlicher und dunkellaubige Gehölze setzen spannende Kontraste. Wer mit Farben spielt, Wasser in Bewegung setzt oder gezielt mit mineralischen Böden arbeitet, schafft Atmosphäre – und macht seinen Garten widerstandsfähiger gegen Hitze oder Starkregen. Vielleicht nicht gleich einen Stadtwald pflanzen, aber warum kein mehrstämmiges Gehölz? Chelsea inspiriert zu neuen Ideen – auch in der Schweiz.