Gehölze binden durch ihr Wachstum Kohlenstoff, liefern uns Holz als Baumaterial und bieten während ihres langen Lebens vielen Tieren Unterschlupf und Nahrung. Wenn das Leben von Gehölzen zu Ende geht, ermöglichen sie einer Vielzahl von Lebewesen wiederum neues Leben. Asthaufen, Baumstrünke, abgestorbene Äste an noch lebenden Bäumen oder gar ganze tote Bäume – Totholz gibt es in verschiedenen Formen. Der Begriff Totholz ist aber irreführend. Denn in der Natur lebt Holz immer, auch wenn der eigentliche Organismus abgestorben ist.
In der Waldwirtschaft ist schon seit Jahren bekannt, dass Totholz ein wichtiger Bestandteil der natürlichen Dynamik ist. Daher wird es auch gezielt gefördert und ist Teil der Forstwirtschaft. Durch unser Bedürfnis an auf- und ausgeräumten Landschaften ist der Totholzanteil aber so klein, dass viele Arten, die auf Totholz leben, vom Aussterben bedroht sind.
In privaten Gärten trifft man Totholz selten an und oft nur als Asthaufen oder Scheiterbeigen. Dabei ist jede Art von Totholzstruktur ein vielfältiges Mikrohabitat.
Wenn ein Baum stirbt und stehen bleibt, wird er zu stehendem Totholz. Dieses ist besonders für Vögel von grosser Bedeutung. Viele Vögel suchen im toten Holz nach Käferlarven, Insekten und Würmern. Durch die Arbeit von Spechten und Pilzen entstehen mit der Zeit Höhlen, in denen verschiedene Vogelarten, Fledermäuse oder Siebenschläfer ihre Nester bauen.
Haben Sie in Ihrem Garten keinen toten Baum stehen – oder es fehlt an Platz, um einen solchen hinzustellen? Auch unbehandelte Pfähle können bereits wertvoll sein: als Kletterhilfe für Rosen oder als Lebensraum für Bienen, Pilze und Käfer. Mehrere dicke Hölzer lassen sich als Sichtschutz und Abtrennung einsetzen.
Durch die Arbeit von Spechten und Pilzen entstehen mit der Zeit Höhlen, in denen gewisse Vogelarten, Fledermäuse oder Siebenschläfer ihre Nester bauen.
Totholz ist nicht gleich Totholz
Grundsätzlich ist die Artenvielfalt bei Laubbäumen viel grösser als bei Nadelgehölz. Mit fortschreitendem Verfall spielt die Art des Holzes eine kleinere Rolle. Nachdem Harze und Gerbstoffe abgebaut wurden, siedeln sich mehr Pilze und Insekten an, und der Prozess schreitet voran. So sind beispielsweise die Larven des Gelbbindigen Zangenbocks vorwiegend in morschen Stämmen von Fichten und Kiefern zu finden. Während beispielsweise Buchenholz schneller zersetzt wird, braucht Holz mit hohem Gerbstoffgehalt wie z. B. Baumnuss, Birke und Kastanie länger, bis es abgebaut wird.
Käfer
Verschiedene holzfressende Insekten hinterlassen kunstvolle Frassgänge im Holz. Einige Arten hinterlassen ganz charakteristische Frassspuren und lassen sich dadurch genau bestimmen. Bei uns sind etwa 1700 Käferarten zu mindestens einem Zeitpunkt in ihrem Leben auf Totholz angewiesen. Dies entspricht circa einem Fünftel aller in der Schweiz vorkommenden Käferarten. Grössere Äste oder Scheite können zu einem Haufen aufgeschichtet werden. Ob geordnet oder wild spielt keine Rolle, Hauptsache, der Stapel wird gut besonnt – Käfer mögen es nämlich hell. Zuerst beginnen Borkenkäfer Löcher in die Rinde zu fressen. Werftkäfer legen ihre Eier ins Holz ab, und die Larven fressen sich tief ins Holz. Das bietet Pilzsporen viel Angriffsfläche. Die Larven der Nagekäfer leben in trockenem Holz und können teilweise auch Schäden an Möbeln anrichten. Andere Arten ernähren sich von vermoderndem Holz oder von holzzersetzenden Pilzen. Unter dem Stapel bleibt das Holz stets feucht. Dort verstecken sich Feuersalamander und finden Schnecken, Regenwürmer und Spinnen als Nahrung.
Lebensraum für Säugetiere
Das Schnittgut von Sträuchern und Bäumen in einer Ecke des Gartens locker aufschichten. Auch Laub und Grüngut kann dazwischengeschichtet werden. Dank der Feuchtigkeit und Wärme, die durch den Verrottungsprozess entsteht, leben viele Weichtiere in solchen Asthaufen. Auch Igel und andere Säugetiere, die auf Futtersuche sind, werden angezogen. Im Herbst ziehen sich Igel, Mäuse, Insekten, Reptilien und Amphibien zur Überwinterung in solche Asthaufen zurück.
Aus Ästen und Schnittgut lässt sich auch eine sogenannte Benjeshecke bauen. Diese äusserst naturnahe und kostengünstige Variante zur Abtrennung kann einen wertvollen Beitrag zur Biodiversität leisten. Der Gedanke hinter dieser Heckenart ist, dass nach der ersten Aufschichtung Vögel, Kleinsäuger und Insekten darin Schutz suchen. Vor allem die Vögel bringen Samen von Pflanzen aus der Umgebung ein, die im Schutz der Hecke gedeihen. Mit der Zeit bildet sich so eine artenreiche Wildhecke.
Pilze
Obwohl Totholz auch von verschiedensten Tier- und Bakterienarten zersetzt wird, leisten Pilze den grössten Beitrag, um den Kreislauf des Holzes abzuschliessen. Schon allein für Buchenholz sind über 250 Pilzarten bekannt, die es zersetzen. Nur wenige Pilze greifen lebende und gesunde Bäume an, die meisten beginnen sich in krankem oder totem Holz auszubreiten.
Der aschgraue, wulstige Echte Zunderschwamm ist einer dieser Pilze. Er kommt in vielen Teilen der Erde vor und ist auch in Europa weit verbreitet. In der Natur ist er der häufigste und wichtigste Zersetzer von Laubholz und somit wichtiger Bestandteil des natürlichen Kreislaufs. Viele Insekten und zum Teil auch Säugetiere ernähren sich von den Pilzen am und im Holz. Seit etwa 10 000 Jahren verwenden Menschen diesen Pilz vielfältig, beispielsweise als Zunder – daher der Name. Heute wird er vorwiegend zur Dekoration gesammelt. Ivo Eugster, Redaktor, pflanzenfreund.ch
Pflanzenfreund
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