Heizen

So gelingt der Heizungsersatz im Mehrfamilienhaus

von Remo Bürgi

Faktor Journalisten, im Auftrag des BFE

Nach wie vor werden fast 60 Prozent der Wohngebäude hierzulande durch eine Öl- oder Gasheizung mit Wärme versorgt. Das muss sich möglichst rasch ändern, wenn die Schweiz ihre Klimaziele erreichen will. Wer auf ein erneuerbares Heizsystem umsteigt, leistet einen wertvollen Beitrag dazu und spart langfristig Geld. Das gilt auch für die Eigentümerschaften von Mehrfamilienhäusern und Überbauungen. Wie sie den Heizungsersatz am besten angehen, weiss Energieberater Markus Marti von der Firma «green-sun.ch».

Durch Fachleute beraten lassen

Marti empfiehlt, rechtzeitig eine Impulsberatung «erneuerbar heizen» in Anspruch zu nehmen. Dabei handelt es sich um eine kostenlose Beratung, bei der von «erneuerbar heizen» zugelassene Fachleute konkrete Empfehlungen zum Ersatz einer bestehenden Heizung durch ein erneuerbares System geben (siehe Infobox). «Als Erstes mache ich mir jeweils vor Ort ein Bild von der Ausgangslage», erklärt Marti. Was für ein Heizsystem ist installiert? Wie viele Wohnungen versorgt es, und wie hoch ist der Energiebedarf? Welche Art von Wärmeverteilung bringt die Wärme in die Räume? Wie sind die geologischen Bedingungen am Standort? Neben solchen Fragen nimmt er bei der Begehung auch die Wünsche der Eigentümerschaft auf.

Verschiedene Heizsysteme möglich

Auf Basis der gesammelten Informationen erstellt Marti einen Bericht in Form der Checkliste von «erneuerbar heizen», die beispielsweise eine Abschätzung der Heizleistung und eine Kostenprognose enthält. Der Bericht bietet der Eigentümerschaft aber auch Empfehlungen, welche erneuerbaren Heizsysteme am besten zum Objekt passen. Wenn ein lokales Fernwärmenetz am Standort verfügbar ist, sollte primär diese Variante geprüft werden. Ansonsten gehören Marti zufolge Wärmepumpen zu den Favoriten. Bei grösseren Immobilien dienen meist Grundwasser oder Erdwärme als Energiequelle. Allerdings ist es je nach Untergrund nicht überall möglich, entsprechende Sonden für die Erschliessung zu bohren. Als weitere Variante sind Holzheizungen möglich, die mit Pellets oder Schnitzeln automatisch betrieben werden. Für die Brennstoff-Lagerung ist allerdings Platz nötig, weshalb Holzheizungen nicht für alle Objekte infrage kommen. Für die Heizungsunterstützung eignet sich zudem der Einsatz von Solarthermie-Anlagen. Dies macht insbesondere dann Sinn, wenn der Heizungsersatz mit einer Dach- oder Gesamtsanierung kombiniert wird. «Am Ende entscheidet der Kunde, welches Heizsystem ihn am meisten überzeugt», sagt Marti. «Ich empfehle jeweils, vor dem definitiven Entscheid zwei oder drei konkrete Offerten bei Heizungsinstallateuren einzuholen.»

Tiefere Energiekosten

Beim Vergleich der Kosten verschiedener Heizsysteme sollte man unbedingt den gesamten Lebenszyklus betrachten. Dazu gehören neben der Investition auch die Ausgaben für Wartung und Unterhalt sowie – besonders wichtig – die Energiekosten. Diese sind bei erneuerbaren Heizungen meist deutlich tiefer als bei Öl- und Gasheizungen, sodass die erneuerbaren Systeme in der Gesamtbetrachtung besser abschneiden. Zudem bieten die Kantone, gewisse Gemeinden und weitere Organisationen namhafte Förderbeiträge für den Heizungsersatz durch ein erneuerbares System. Und: Die Investitionen in eine erneuerbare Heizung lassen sich von den Steuern abziehen. Beides macht den Umstieg auf ein klimaneutrales Heizsystem wirtschaftlich noch attraktiver. Eine fossile Heizung eins zu eins zu ersetzen, schadet also nicht nur der Umwelt, sondern auch dem eigenen Portemonnaie.

Zu beachten ist auch, dass Mehrfamilienhäuser mit hoher energetischer Qualität und einer erneuerbaren Energieversorgung auf dem Markt immer attraktiver werden dürften. Zum einen legen die Mieterinnen und Mieter zunehmend Wert darauf, in einem umweltschonenden Gebäude zu leben. Zum anderen haben Mietobjekte mit tieferen Nebenkosten auch aus finanzieller Sicht einen Marktvorteil. Es lohnt sich daher insbesondere für Eigentümerschaften von Mietobjekten, in eine erneuerbare Heizung zu investieren, um den Werterhalt ihrer Immobilie zu sichern.

Gelungenes Beispiel in Nyon

Wie man den Heizungsersatz in einem grossen Gebäude angehen kann, zeigt das Beispiel einer Siedlung in Nyon. Die Wohnbaugenossenschaft «La Paix» ersetzte die zentrale Gasheizung für neun Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 104 Wohnungen durch dezentrale Wärmepumpen und liess auf den Dächern Solarpanels montieren. Die Umsetzung erfolgte in Etappen. Gestartet wurde mit einem ersten Wohngebäude als Pilotprojekt. Dabei wurde insbesondere die Dachfläche der Immobilie gedämmt und mit Photovoltaikmodulen versehen sowie die Gasheizung durch eine Luft-Wasser-Wärmepumpe ersetzt. Weil das Resultat sowohl bezüglich Energieeffizienz wie auch punkto Wohnkomfort überzeugte, gab die Eigentümerschaft grünes Licht für die Sanierung der übrigen Liegenschaften.

Dezentrale Lösung

Dass die neun Gebäude jeweils eine eigene Wärmepumpe erhielten, ist einerseits auf die Kosten zurückzuführen – eine einzige zentrale Wärmepumpe wäre teurer gewesen. Andererseits lassen sich so aber auch Wärmeverluste in den Aussenleitungen vermeiden. Abgestimmt auf den Heizwärmebedarf der Bauten wurden unterschiedliche Wärmepumpentypen gewählt. In den kleineren Immobilien mit jeweils sechs Wohnungen sorgen Luft-Wasser-Wärmepumpen für die Beheizung, in den grösseren Gebäuden mit je 16 Wohneinheiten kommen Erdwärmesonden zum Einsatz.

Durch die Sanierung des Dachs und den Heizungsersatz konnte die Baugenossenschaft den Heizwärmebedarf der Siedlung um 20 Prozent reduzieren und den CO2-Ausstoss sogar um 90 Prozent. Damit erreichte die Eigentümerschaft das Ziel, einen wesentlichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten. Gleichzeitig profitieren die Bewohnenden nun von einem höheren Wohnkomfort, ohne dass die Mieten angehoben werden mussten.

Durch die Sanierung des Dachs und den Heizungsersatz konnte die Baugenossenschaft den Heizwärmebedarf der Siedlung um 20 Prozent reduzieren und den CO2-Ausstoss sogar um 90 Prozent.

Impulsberatung «erneuerbar heizen»

Die Impulsberatung «erneuerbar heizen» ist ein Angebot des Bundes, das Eigentümerschaften von Ein- und Mehrfamilienhäusern sowie Stockwerkeigentümerschaften kostenlos in Anspruch nehmen können. Dabei besichtigt eine Fachperson das Gebäude und gibt im persönlichen Gespräch einen Überblick zu den Möglichkeiten, die bestehende Heizung durch ein erneuerbares Heizsystem zu ersetzen. Auch eine grobe Kostenschätzung und Tipps zum weiteren Vorgehen sind Teil der unverbindlichen Beratung. Eine Impulsberaterin oder einen Impulsberater in der Nähe finden Sie auf erneuerbarheizen.ch