Rosen

So funktioniert der Rosenschnitt

Eine Gattung, so viele Ausprägungen: Wie werden Rosen richtig geschnitten? Ein Fachmann kennt die Antwort.

von Judith Supper

Journalistin

Schnell ist der Überblick verloren, wenn man sich als Laie in den vielen Ausformungen der Königin der Blumen verliert. Strauch-, Kletter-, Bodendecker- oder englische Rosen – und wie war das mit den Polyanthas? Heutzutage sollen etwa 30 000 Rosensorten im Handel sein, und es werden ständig mehr. Egal ob Wild- oder moderne Rose: Für jede Form gibt es unterschiedliche Schnittmassnahmen – die im März, spätestens bis Ende April umgesetzt sein müssen.

Einer, der sich mit der Königin der Blumen gut auskennt, ist Dominik Huber, stellvertretender Geschäftsführer der Richard Huber AG aus Dottikon. Das Unternehmen blickt auf bald 150 Jahre Rosenerfahrung zurück. Der Schaugarten umfasst rund 800 Sorten, im betriebseigenen Versuchsgarten sind ständig 70 eigene Züchtungen sowie 80 bis 100 Versuchssorten unter Beobachtung. Bis eine neue Rose auf den Markt kommt, können acht bis zehn Jahre vergehen.

Ein Missverständnis will Dominik Huber gleich zu Beginn aus dem Weg räumen. «Wer Rosen züchtet, schafft etwas Neues, nämlich eine neue Variante aus zwei Sorten. Das ist nicht das Gleiche wie Rosen vermehren – da erhält man von der einen Art nur identische Formen.»

Gar nicht schneiden? Bloss nicht!

Eine alte Gärtnerweisheit besagt, dass wenn die Forsythien blühen, der Rosenschnitt ansteht. Aber warum schneidet man Rosen überhaupt? «Das hat einen einfachen Grund: Es fördert ihre Gesundheit. Sie bleiben vital, gesund und in Form, die Blüte ist reicher. Alte, vergreiste Rosen reagieren empfindlicher, produzieren kaum Blüten und reagieren stärker auf Krankheitserreger und Wetterkapriolen.» Und ja, der Schnitt zur Forsythienblüte würde grundsätzlich den richtigen Termin markieren. Aber noch besser sei es, die Pflanzen zu beobachten. Wenn die ersten Blattknospen anschwellen, ist der ideale Zeitpunkt gekommen.

Wer Rosen zwar mag, aber keine Zeit und Lust hat, sich mit ihrer Pflege zu befassen, dem empfiehlt der 41-Jährige Wildrosen. «Da kann es reichen, sie nur alle paar Jahre per Schnitt zu verjüngen, also kräftig runterzuschneiden und alte Triebe oberhalb des Wurzelstocks zu entfernen.» Überhaupt nicht zu schneiden sei der grösste Fehler, egal ob Wildrose oder andere Form. «Das war schon der Leitspruch meines Grossvaters, der noch heute gilt: Ein starker Rückschnitt mündet in einem starken Austrieb und damit in vielen Blüten. Da darf man ruhig auch mal radikal agieren, denn das fördert den Neuaustrieb von der Basis her.»

Zeigen sich sehr wüchsige, hellgrüne Triebe mit nur wenigen Dornen, die direkt aus der Erde unter der Rose austreiben, dann heisst es: unbedingt ausreissen, nicht abschneiden. «Das ist die Unterlage, auf welche die Edelrose gepfropft wurde. Liesse man sie weiterwachsen, würde dies die erwünschte Form stark schwächen.» Um zu verhindern, dass sich der Neuaustrieb mit den Krankheiten des Vorjahres infiziert, sollte man altes, noch an der Pflanze haftendes Laub händisch entfernen. Gleiches gilt für das herabgefallene Laub, das sich über den Winter rund um die Pflanze angesammelt hat. Es sollte im Grüngut entsorgt werden.

«Ein starker Rückschnitt mündet in einem starken Austrieb und damit in vielen Blüten. Da darf man ruhig auch mal radikal agieren.»

Schnittempfehlungen des Rosenprofis

Wildrosen stellen die Urform aller Rosenarten und -sorten dar, die heute auf der ganzen Welt blühen. Gängige Vertreterinnen sind die Hundsrose (Rosa canina) oder die Weinrose (Rosa rubiginosa). Wildrosen sind in der Regel einmalblühend. «Daher reicht es, zu dicht stehendes, altes und vertrocknetes Holz zu entfernen», erklärt Huber. Gleiches gelte für Historische und Alte Rosen.

Edelrosen werden häufig als Teehybriden bezeichnet. Erkennungsmerkmale sind der schlanke, aufrechte Wuchs und die kräftigen geraden Stängel bei sehr edler Blüte. Floribundarosen sind eine Kreuzung, die aus grossblumigen Polyantha-Rosen mit Teehybriden entstanden ist. «Bei beiden Formen gilt, schwache, dünne und abgestorbene Triebe zu entfernen und drei bis fünf kräftige Triebe auf drei bis fünf Augen ab Boden zurückzuschneiden», so die Empfehlung des Fachmanns. Augen: Das sind die jungen, im Entstehen begriffenen Triebknospen.

Bei Englischen Rosen handelt es sich um Züchtungen aus England, die auf den britischen Züchter David Austin zurückgehen. Ihr Wuchs ist aufrecht-buschig, weswegen sie Strauchrosen ähneln. «Diejenigen Sorten, die kleiner als einen Meter bleiben, schneidet man wie Edel- und Floribundarosen», erklärt Huber. Werden sie höher: regelmässig auslichten und dabei zu dichtes, schwaches und abgestorbenes Holz entfernen. «Die verbliebenen Triebe kürzt man zu einem Drittel ein.»

Öfter blühende Strauchrosen sollten jährlich einen Rückschnitt erhalten. Zu dichtes, altes und sich überkreuzendes Holz wird entfernt. Die übrig gebliebenen kräftigen Triebe werden etwa um einen Drittel eingekürzt und die Seitentriebe auf zwei bis drei Augen zurückgeschnitten. Auch bei Strauchrosen, die nur einmal blühen, entfernt man altes, quer stehendes oder dürres Holz von der Basis her, allerdings zurückhaltender. «So entwickeln sich im Herbst die farbenprächtigen Hagebutten, die den ganzen Winter über Freude bereiten.»

Bodendeckerrosen und Miniaturrosen – letztere Rosen sind Nachkommen der aus China stammenden Rosa chinensis ‘Minima’ – werden auf fünf bis sechs kräftige Triebe mit drei bis fünf Augen ab Boden zurückgeschnitten, die restlichen von der Basis her ausgelichtet.

Für öfterblühende Kletterrosen sei der alljährliche Schnitt besonders wichtig, denn sie blühen am diesjährigen Holz. «Je stärker der Rückschnitt, desto mehr junge, blütentragende Triebe bilden sich.» Je nach Sorte kürzt man die Haupttriebe um etwa einen Drittel ein. Seitentriebe, die im Vorjahr schon geblüht hatten, werden auf zwei bis drei Augen zurückgeschnitten.

Einmalblühende Kletterrosen sind nur auszulichten. «Es wird lediglich zu dichtes, altes und dürres Holz entfernt. Die starken Jungtriebe werden in der ganzen Länge belassen, denn diese Kletterrosen blühen am mehrjährigen Holz.»