Garten und Terrasse

Winterblühende Gartengehölze: Sie trotzen Frost und Schnee

Noch schlafen die meisten Gartenpflanzen tief. Aber nicht alle: Winterblühende Gehölze ziehen jetzt alle Blicke – und Nasen – auf sich.

von Judith Supper

Journalistin

Ein kurzer Spaziergang durch den winterlichen Garten lässt wenig Spannendes entdecken. Allerdings – woher stammt dieser feine Honigduft? Vielleicht steckt die Winterheckenkirsche dahinter. Sie öffnet ihre Blüten bereits im Januar. Aber wie sinnvoll ist dieser Blühtermin – möchte sie nicht bestäubt werden?

Auch wenn aktuell nur wenige Vertreter der Insektenwelt nach Nektar suchen, gibt es eine ganze Reihe von Gehölzen, die in der unwirtlichsten Zeit des Jahres mit Blütenextravaganz auftrumpfen. Die meisten stammen aus Nordamerika und Ostasien, wo die Wintermonate meist milder sind als hierzulande.

Minus zwölf Grad: Geblüht wird trotzdem

Winterblühende Sträucher haben einige Tricks auf Lager, um die kalte Jahreszeit zu meistern. Viele haben eine sehr lange Blütezeit – das erhöht die Chance, bestäubt zu werden. Aber das ist nicht alles: Um die wenigen Insekten anzulocken, die an einem warmen Wintertag unterwegs sind, verströmen sie oft betörende Düfte.

Eine Meisterin der Frostresistenz ist die Zaubernuss (Hamamelis). Ihre spinnenartigen Blütenblätter rollen sich bei Frost ein – so trotzt sie Temperaturen von bis zu minus zwölf Grad. Je nach Witterung und Standort erscheinen die zierlichen Blüten schon im Januar an den kahlen Zweigen, und zwar in Gelb (z. B. H. intermedia ‘Arnold Promise’), Orange (H. intermedia ‘Jelena’) oder Rot (H. intermedia ‘Diane’). Die mit der Zaubernuss verwandte Scheinhasel (Corylopsis pauciflora) wächst etwas kleiner, blüht aber ebenfalls sehr zeitig im Jahr mit zartgelben, glockigen Blüten.

Stars mit Duftgarantie

Zwar gilt die Zaubernuss als «Königin der Winterblüher», aber starker Duft ist nicht ihre Kernkompetenz – ganz im Gegensatz zur Fleischbeere (Sarcococca confusa). Von Dezember bis März bildet der immergrüne Kleinstrauch mit dem wenig betörenden deutschen Namen cremeweisse, nach Honig duftende Blüten aus. Später erscheinen erst rote, danach schwarz glänzende Früchte. Die unkomplizierte Fleischbeere ist gut schnittverträglich und macht als Solitär oder als niedrige Hecke eine gute Figur.

Auch der Schneeball (Viburnum) darf sich als Star im Duftsortiment bezeichnen. Je nach Art und Sorte verbreiten seine Winterblüten süsse Nelken-, Honig- oder Vanillearomen. Noch vor dem Laubaustrieb, manchmal schon im Dezember, öffnet der Bodnant-Schneeball (Viburnum bodnantense) seine in Rispen stehenden Blüten. Besonders beliebt ist Viburnum bodnantense ‘Dawn’. Er hat rosafarbene Blüten, aus denen sich im Juni dekorative, dunkelblaue Steinfrüchte entwickeln. Ebenfalls im Dezember beginnt der Winterschneeball (Viburnum farreri) zu blühen – auch er mit viel duftender Energie, allerdings mit etwas blasseren Blüten als diejenigen von ‘Dawn’. Für kleinere Gärten oder Kübel ist der Zwergschneeball Viburnum ‘Nanum’ ideal – er wird nur einen Meter hoch, ist aber ebenso charmant wie seine hochgewachsenen Verwandten.

Vanille und Hyazinthe

Andere Sträucher, die den winterlichen Garten mit Duft und Farbe bereichern, sind die Winterheckenkirsche (Lonicera purpusii) und die Winterblüte (Chimonanthus praecox). Im Sommer sind beide eher unauffällig. Aber im Winter schlägt ihre Stunde. Im Südtessin öffnet die Winterblüte bereits um die Weihnachtszeit ihre gelben Blütenglöckchen; nördlich der Alpen erscheinen sie meist erst im Februar. Sie verströmen einen intensiven Vanille- und Hyazinthenduft – ein olfaktorisches Ereignis! Die Winterblüte erreicht eine Höhe von zwei Metern und steht am besten an einem vollsonnigen, warmen Platz nahe am Haus, auch weil ihre Blüten nicht viel Frost vertragen.

Kein Duft-Trumpf – aber sehr wertvoll

Wer Sträucher mit exotischem Flair mag, dem bieten sich die winterblühenden Vertreterinnen der Mahonien (Mahonia) an. Diese immergrünen Gehölze mit den grossen, gefiederten, stachligen Blättern und dem architektonischen Wuchs sind eher ungewöhnliche Erscheinungen – mitten im Winter punkten sie mit gelben, duftenden Blütentrauben. Ebenfalls gelb und zur ungastlichsten Jahreszeit blüht der Winter-Jasmin (Jasminum nudiflorum). Wer sich im Januargrau nach Farbe an Rankgerüsten, Mauern oder am Balkon sehnt: Er ist die Lösung.

Auch heimische Pflanzen setzen im Winter Akzente. Der Seidelbast (Daphne mezereum) beispielsweise entfaltet ab Februar seine karminroten, duftenden Blüten, aus denen sich knallrote Beeren entwickeln. Die Vogelwelt liebt diese Früchte, für den Menschen sind sie aber hochgiftig. Wo Kinder unterwegs und keine Allergiker im Haus sind, ist der Hasel (Corylus avellana und maxima) vielleicht die bessere Wahl: Noch vor dem Blattaustrieb zeigen sich ab März die männlichen Blüten in Form zierlicher, gelber Kätzchen. Den «Duft-Trumpf» muss der Haselstrauch nicht ausspielen: Er wird vom Wind bestäubt. Als früher Pollenspender ist er bei der Bienenwelt dennoch heiss begehrt – fast so sehr wie der Gelbe Hartriegel (Cornus mas). Ende Februar erscheinen seine gelben Doldenblüten am nackten Holz. Ihr Pollen und Nektar sind für früh erwachende Insekten von grossem Wert – und lassen den Menschen wissen: Der Frühling, er ist schon fast da.

Auch heimische Pflanzen setzen im Winter Akzente. Der Seidelbast beispielsweise entfaltet ab Februar seine duftenden Blüten, aus denen sich später im Jahr knallrote Beeren entwickeln.

Frühblühende Stauden und verwildernde Zwiebeln

Auch bei den Stauden und Zwiebelpflanzen gibt es eine ganze Reihe Frühblühender, die im Spätwinter für Farbe sorgen. Die heimische Schnee- oder Christrose (Helleborus niger) hat ihre Hauptblütezeit zwischen Dezember und Februar – im Februar gesellt sich dieLenzrose (Helleborus orientalis) hinzu. Von Schnee und Frost lassen sich die immergrünen Pflanzen mit den schönen Schalenblüten nicht abhalten. Spätestens jetzt haben auch die Knollen- und Zwiebelpflanzen ihren grossen Auftritt. Verwildernde Blumenzwiebeln bieten ein Blüherlebnis der Sonderklasse. Im lichten Schatten funktioniert das besonders gut mit Winterlingen (Eranthis hyemalis), in der Sonne mit Traubenhyazinthen (Muscari).

Aber auch Schneeglöckchen (Galanthus), Hasenglöckchen (Hyacinthoides), Blaustern (Scilla), viele Krokusse, Wildtulpen und Narzissen gehören zu den Pflanzen, die über Zeit dichte Teppiche bilden.