Um die Energieversorgung im Jahr 2050 vor dem Hintergrund des Pariser Klimaabkommens zu gewährleisten, führt der Weg über erneuerbare Energien hin zu einer Elektrifizierung der Haushalte mit hohem Selbstversorgungsgrad. 5 % des heute in der Schweiz verbrauchten Stroms wird von PV-Anlagen produziert. Im europäischen Vergleich ist dieser Anteil zwar bescheiden, zeigt aber das grosse Potenzial. Zur Deckung des Energiebedarfs spielen erneuerbare Energien, allen voran die Photovoltaik, eine immer grössere Rolle. Der PV-Zubau soll die Schweiz von fossilen Energien und Stromimporten aus dem Ausland unabhängiger machen.
Trotz Energiewende ist die Schweiz noch stark auf das Ausland angewiesen, sogar beim Energieträger Sonne. Die Photovoltaik ist neben einheimischer Wasserkraft der zweitgrösste Pfeiler der Energiepolitik 2050. 2008 wurden gemäss Frauenhofer-Institut noch 45 % aller PV-Module in Europa produziert. Heute werden 92 % in Asien hergestellt, wobei allein China mit 70 % weltweiter Spitzenproduzent ist. Lediglich 5 % der verbauten Module stammten 2020 laut Swissolar aus einheimischer Produktion. Bewegt sich die Schweiz nach Öl und Gas in eine indirekte Solar-Abhängigkeit? Auf dem Weg zur Energieunabhängigkeit muss sich die Schweiz in Koordination mit der EU für eine vermehrte Produktion in Europa einsetzen. Ob Russland den Gashahn zudreht oder China den Export von PV-Anlagen stoppt, das heutige Klumpenrisiko ist offensichtlich.
Solare Plusenergiebauten (PEB), wie sie heute vermehrt zum gebauten Standard gehören, leisten einen wichtigen Beitrag zum energieoptimierten, klimabewussten Bauen. Während PV-Auf- und Indach-anlagen in den Sommermonaten Spitzenerträge mit teilweise grossem Überschuss erzielen, leisten PV-Fassadenmodule auch im Winter mit tiefem Sonnenstand einen wichtigen Teil zur Deckung des erhöhten Eigenstrombedarfs. Die Herausforderung auf dem Weg zur Energieunabhängigkeit besteht darin, die Energie zum Zeitpunkt des Verbrauchs zur Verfügung zu haben. Damit die Elektrifizierung funktioniert, bräuchte demnach jedes Haus einen eigenen oder externen Energiespeicher. Eine komplette Energieautarkie bedingt Verbundüberlegungen mit intelligenten, bidirektional vernetzten Systemen.
Preisträger HEV-Sondersolarpreis
Am 27. Oktober 2022 fand die Preisverleihung des 32. Schweizer Solarpreises im Kultur- & Kongresshaus in Aarau statt.
Das 1974 errichtete Doppeleinfamilienhaus (DEFH) Tropiano Sutter in Appenzell / AI wurde 2021 saniert. Der bisherige Gesamtenergieverbrauch sank durch die bessere Dämmung von 44 600 kWh / a auf 11 000 kWh / a. Bei der Sanierung wurde darauf geachtet, das Haus optisch und technisch zu modernisieren. Gleichzeitig wurde aber auch dafür gesorgt, dass sich der Plusenergiebau (PEB) gut in das traditionelle Dorfbild eingliedert. Die 17,8 kW starke, teilflächig dachintegrierte PV-Anlage produziert jährlich 16 600 kWh CO2-freien Solarstrom. Das Haus weist somit eine Eigenenergieversorgung von 151 % auf. Mit Solarstromüberschüssen von 5600 kWh / a können drei E-Autos jährlich gut 10 000 km fahren. Dafür erhält das DEFH den HEV-Sondersolarpreis 2022.
Die Sanierung des Doppeleinfamilienhauses am westlichen Dorfrand von Appenzell / AI zeigt vorbildlich auf, wie Bauten aus den 70er Jahren energetisch optimiert werden können, ohne dabei ihren ursprünglichen Charakter zu verlieren. Das Haus mit dunklem Dach mit der nicht ganzflächig dachintegrierten PV-Anlage und der hellen Holzfassade fügt sich harmonisch in das traditionelle Dorfbild ein. Das Gebäude wurde seit seiner Errichtung vor 47 Jahren mehrfach umgenutzt und diente als Tierarztpraxis oder Wohnhaus mit Gästezimmern. Eine richtige Sanierung fand in dieser Zeit aber nicht statt. Es wurde lediglich pinselsaniert. So standen 2021 grössere Umbauarbeiten an, um das Haus technisch auf einen modernen Stand zu bringen. Die in die Jahre gekommene Gebäudehülle wurde mit Steinwolle zusätzlich gedämmt und mit einer hinterlüfteten Holzschalung verkleidet. Damit konnten die Wärmedurchgangskoeffizienten (U-Werte) der Fassade und des Daches auf einen Viertel reduziert werden. Eine Wärmepumpe mit Tiefenbohrung ersetzt die alte Ölheizung. Dank dieser Massnahmen sank der Gesamtenergiebedarf um 75 %. Auch während der Sanierung wurde Nachhaltigkeit gross geschrieben. Ausgemusterte Bauteile wurden – soweit möglich – wiederverwendet. Teile bestehender Gartenplatten wurden neu als Sockelabschluss genutzt. Praktisch alle Bauarbeiten konnten durch Lokale Unternehmen im Umkreis von 20 km ausgeführt werden. Die 17,8 kW starke PV-Anlage auf der Dachsüdseite versorgt die beiden Haushalte mit CO2-freiem Solarstrom. Die grossflächige und dachintegrierte PV-Anlage produziert jährlich rund 16 600 kWh / a. Damit wird der Energiebedarf zu 151 % gedeckt und gleichzeitig ein Solarstromüberschuss von jährlich 5600 kWh erzeugt. Für die gelungene Sanierung, die durch bewusstes und kontrolliertes Handeln aller Beteiligten eine vorbildliche Qualität schafft, erhält das Doppeleinfamilienhaus Tropiano Sutter den HEV-Sondersolarpreis 2022.
Stefan Aeschi, HEV Schweiz
Preisträger HEV-Sondersolarpreis
Bauherrschaft:
Familie Nicole und Marco Tropiano Sutter
Architekt:
Dominik Sutter Architektur GmbH