Längst spüren wir die Auswirkungen des sich verändernden Klimas auch im Garten: verbrannte Rasenflächen, verdorrende Stauden, Gemüse, das mickrig wächst. Selbst den Sitzplatz unter dem Sonnenschirm meiden wir, weil sich hier die Hitze wie in einem Backofen staut. Verantwortlich für die Hitzeinseln sind die verbauten Flächen aus Beton, Teer, Metall oder Glas, die sich in der Sonne stark aufheizen und die Energie in Form von Wärmestrahlung wieder abgeben.
Wie wäre es stattdessen mit einem «Keep-it-cool-Garten»? Mit der entsprechenden Planung muss niemand an einem glutheissen Sommertag aus dem Garten ins wohltemperierte Haus fliehen. Ein solcher Keep-it-cool-Garten zeichnet sich vor allem durch eines aus: durch von Pflanzengrün gespendetem, natürlichem Schatten. Im öffentlichen Raum wird das Prinzip längst umgesetzt. Schon 2021 hatte der Zürcher Stadtrat einen Objektkredit von 1,8 Millionen Franken bewilligt, um zusätzliche 1200 Bäume zu pflanzen. Denn Bäume sind eine wirksame Massnahme zur Hitzeminderung in der Stadt: Sie spenden Schatten, verdunsten Wasser und verbessern das lokale Klima. Zudem sind sie wichtig für die Stadtökologie und reduzieren die Feinstaubbelastung.
Der Naturschatten hat die Nase vorn
Aber nicht nur in der Stadt hat ein Kühle spendender Hausbaum Vorteile. Insbesondere, wenn man seinen natürlichen Schatten mit dem von Markisen oder Sonnenschirmen vergleicht. Unter einem dichten Blätterdach staut sich die Hitze nicht, sondern ist «bewegt». Tatsächlich sind Bäume in der Lage, die Umgebungstemperatur vor allem durch zwei Faktoren zu reduzieren: die sogenannte Evapotranspiration und die Beschattung. Evapotranspiration bezeichnet die Verdunstungsleistung von Wasser aus der Tier- und Pflanzenwelt sowie von Boden- und Wasseroberflächen. Wenn ein Baum oder eine Wiesenfläche Wasser verdunstet, erhöht dies die Luftfeuchte in der direkten Nähe – aber auch der Umgebung wird Wärme entzogen. Ein grosskroniger Baum kann an einem heissen Sommertag mehrere hundert Liter Wasser verdunsten und dabei eine Temperaturreduktion von über 7 Grad bewirken. Ein höchst willkommener Kühleffekt an Hitzesommertagen und in Tropennächten.
Doch damit solch eine pflanzliche Klimaanlage gesund wächst und nicht ständig beschnitten werden muss, braucht sie Platz. Ist nur wenig Raum verfügbar, sind kleinwüchsige Kirsch-, Apfel- oder Birnbäume die beste Wahl. Sie können weitaus mehr als nur Schatten spenden, erfreuen auch mit malerischer Blüte und feinen Früchten. Auch Nektarinen, Pfirsiche, Pflaumen oder Zwetschgen gibt es im Mini-Format, das kaum höher als drei Meter wird. Für grössere Gärten empfehlen sich Hochstamm-Obstbäume. Mit ihrer Stammlänge von etwa 1,80 Metern können die meisten Menschen unter der Krone umherlaufen und den Rasen mähen, ohne sich den Kopf zu stossen. Auf einem Liegestuhl lässt es sich unter dem beschattenden Blätterwerk herrlich faulenzen.
Stressfaktoren
Neben den Obstbäumen gibt es vom Amberbaum über den Feldahorn bis hin zum Eisenholzbaum eine riesige Bandbreite anderer möglicher Hausbäume. Wer an die Zukunft denkt, trifft seine Wahl im Hinblick auf die Klimatauglichkeit dieser Bäume. Hohe Temperaturen bei wenig Regen sind für alle Pflanzen herausfordernd, ganz besonders aber für Bäume im Jungstadium. Sogenannte «Klimabäume» reagieren auf diese Stressfaktoren weniger empfindlich. Doch bei jedem Gehölz gilt: die richtige Pflanze für den richtigen Standort. Vor dem Besuch in der Baumschule sollte man daher die Bodenfeuchtigkeit und -verhältnisse, das Licht und das Mikroklima prüfen. Und sich bestenfalls im Klaren darüber sein, wie sich Wuchs und Schattenwurf des Baums im ausgewachsenen Zustand auf das benachbarte Grundstück auswirken.
«Gebauter» Schatten
Wer zu wenig Platz für einen Baum hat, kann sich für eine Pergola entscheiden. Wenige Quadratmeter reichen, um diese meist aus Holz- oder Metall gefertigten Konstruktionen zu errichten. Pergolas sind klassische Gestaltungselemente des Gartens und haben von alters her den Zweck, Schatten zu spenden – den liefern die sie berankenden Pflanzen. Das können Clematis, Kletterrosen, Weinreben, Trompetenblumen oder Glyzinien sein. Wo geringe Spätfrostgefahr herrscht und der Standort sehr sonnig ist, bietet sich die Kiwi an – sowohl die «klassische» Kiwipflanze (Actinidia deliciosa) als auch ihre frosthärtere Schwester, die Beerenkiwi (A. arguta). Damit die Pergola ihre Funktion als Schattenspenderin schon früh im Jahr ausüben kann, sollte die Pflanzenwahl auf mehrjährige Gewächse fallen. Denn bis einjährige Kletterer wie Schwarzäugige Susanne oder Prunkwinde verlässlich Schatten bieten, ist der Hochsommer schon da. Auch von Kletterpflanzen bewachsene Hauswände tragen dazu bei, dass sich die Fassade weniger schnell aufwärmt: Laut dem Kanton Zürich sind das unmittelbar angrenzend an begrünte Fassaden durchschnittlich 4,8 Grad.
Schatten ist das eine – verdunstendes Wasser das andere. Idealerweise weisst ein Keep-it-cool-Garten zusätzliche Wasserelemente auf. Das kann ein klassischer Teich sein, ein Quellstein, ein mit Regenwasser gespeister Brunnen oder ein Wasserbecken. Speziell bewegtes Wasser leistet einen enormen Beitrag zur Hitzeminderung.
Je mehr bedeckte oder versiegelte Flächen ein Garten aufweist (das können Steinplatten, Fliesen, Beton und vor allem Asphalt sein), desto mehr heizt er sich auf. Und je mehr Pflanzen wachsen, desto besser kühlt er sich ab. Wenn das keine guten Nachrichten sind, um cool dem nächsten Hitzesommer entgegenzublicken.