Erstmals war beim Prix Lignum 2024 die Eingabe in zwei Kategorien möglich: Holzbauten und Schreinerarbeiten. Nicht weniger als 583 Einreichungen zählte der Wettbewerb 2024 am Ende – 462 Holzbauten und 121 Schreinerarbeiten. Diese enorme Fülle sichteten unabhängige, interdisziplinär zusammengesetzte Fachjurys in fünf Grossregionen vom Genfer- bis zum Bodensee.
Sie studierten die Arbeiten sorgfältig und begutachteten eine nähere Auswahl vor Ort. Marc Angélil, Architekt und emeritierter Professor am Departement Architektur der ETH Zürich, amtete als Jurypräsident. Am Ende zeichneten die regionalen Jurys bis zu fünf Projekte in jeder Kategorie aus. Diese qualifizierten sich damit für die Runde der nationalen Preisvergabe.
Ausserdem wurde 2024 erstmals ein Publikumsfavorit pro Eingabekategorie ausgeschrieben. Das Publikum konnte dafür online abstimmen. In der Kategorie Holzbauten holte eine innovativ konstruierte Schwerlastbrücke in Arth am meisten Stimmen der Web-Community, in der Kategorie Schreinerarbeiten schwang eine Aroser Après-Ski-Attraktion in der Publikumsgunst obenaus.
Gold für kreislauffähige Zürcher Sportbauten
Gold verleiht die nationale Jury des Prix Lignum in der Kategorie Holzbauten wiederverwendbaren Sportbauten in Stadt und Kanton Zürich. Sie sind demontierbar und reaktionsfähig, klug konstruiert und spielerisch schön – Holzbau in Höchstform.
Das modulare Prinzip erlaubt Konfigurationen mit einer oder zwei Turnhallen und Nebenräumen. Anstatt – wie im Modulbau üblich – Böden, Decken und Wände unnötig aufzudoppeln, dienen Zwischenräume als Entrée oder Flur. Die allerorts zugänglichen Schraubkonstruktionen und bisweilen ausgefuchste Details wie die flächenbündig verschraubten Doppelstützen der Turnhallen ebnen einem unbeschadeten Rückbau den Weg.
Siedlungsverdichtung in Langenthal holt Silber
Die Pappelhöfe in Langenthal frischen eine Arbeitersiedlung auf und verdichten sie. Die drei neuen Reihenhausriegel zeigen beispielhaft, wie Transformation geht. Dafür gibt es Silber in der Kategorie Holzbauten.
Mit der Wohnkolonie Im Hard schuf der Langenthaler Architekt Hector Egger während des Zweiten Weltkriegs eine beispielhafte Anlage für «arbeitergerechten» Wohnungsbau. Nun ergänzt die Verdichtung durch lange Riegel in den Zwischenräumen die Sanierung der bestehenden Bauten sowie den Ersatzneubau von vier weiteren Häusern. Serielle Fertigung verbindet sich hier mit einfacher Handwerklichkeit. Farbe sorgt für heitere Stimmung.
Fussgängerbrücke in Bulle erhält Bronze
Eine bestechende Brücke für den Langsamverkehr in Bulle erhält Bronze in der Kategorie Holzbauten. Das Bauwerk ist ein Teil gelungene Stadtentwicklung: Es verbindet das Stadtzentrum von Bulle im Norden mit einem Viertel mit neuen Wohnungen im Süden. Die Brücke besticht gestalterisch wie konstruktiv.
Die «Passerelle des Buissons» interpretiert den Fachwerkträger neu. Die seitlichen Diagonalen bestehen aus überkreuzten Fichtenlatten. Dreischichtplatten bilden ein Vordach und sorgen für die nötige Steifigkeit der Brücke. Unter dem Lärchenholzboden übernehmen Diagonalstreben diese Aufgabe.
Ein Festsaal sichert sich Schreiner-Gold
In der Kategorie Schreinerarbeiten hat es der Festsaal im neuen Drei-Häuser-Hotel «Caspar» im aargauischen Muri an die Spitze geschafft. Der Saal ist optisch und akustisch ein Genuss. Tilla Theus und ihr Team sprechen von einem «fliessenden Raumerlebnis» und dem hölzernen Duft einer «intimen, in edler Eiche gefassten Schatulle».
Die faszinierend strukturierte Oberfläche ist dabei mehr als ein schickes Dekor: Dank CNC-Schnitttechnik und eines eigens gefertigten Werkzeugs liessen sich die 20 000 pyramidalen Elemente aus wertvollem Eichenholz fast abfallfrei schneiden. Versetzt angeordnet, sorgen die Dachgeometrie und die strukturierte Oberfläche für gute Akustik – gemeinsam mit Schlitzen, Hohlräumen, Akustikvliesen und Hinterlagen.
Silber für Räume, die der Seele guttun
Silber gibt es in der Kategorie Schreinerarbeiten für den subtilen Ausbau des Hauses 8 der Klinik Beverin im bündnerischen Cazis. Statt Beton prägt nach dem Umbau Holz das Innere und schafft Räume mit einer ruhigen Grundstimmung. Vom Bestand blieb im Zuge dieses Charakterwechsels nicht mehr viel übrig, nur ein Betongerippe aus Stützen und Decken.
Ein neues Atrium bringt mehr Licht in die Räume. Im Innern zeigt das Material Holz so richtig, was es kann: Mit einer lokalen Schreinerei entwickelte der Architekt Wände aus Lärchenholz, die gleichzeitig Schränke sind.
Küchendesign in Schwarz mit Bronze geehrt
Bronze in der Kategorie Schreinerarbeiten geht an eine durch und durch nachhaltig entworfene Küche in einem umgebauten Volketswiler Bauernhaus aus dem 18. Jahrhundert.
Vierkant-Fichtenhölzer von 30 mal 30 Millimeter fügen sich in traditioneller Überblattung zum filigranen, beliebig erweiterbaren Gerüst. «Keine Schraube, kein Klebstoff, keine Auszüge oder Scharniere», lautete die Idee – und bis auf die verklebten Zinken und die angeschraubten Stahlbleche ist das auch gelungen.
Ein echtes Novum ist die Oberflächenbehandlung. Der Bauherr mischte dafür Russ aus dem Schornstein mit Alkoholsprit. So wurde das im Grunde günstige Fichtenholz mit holzeigenen Partikeln veredelt.
Themenheft zum Prix Lignum
Der Verlag Hochparterre gibt ein Themenheft in drei Sprachen zum Prix Lignum 2024 heraus. Es erscheint im Oktober und stellt alle 39 ausgezeichneten Projekte vor. Das Themenheft ist bei Lignum kostenpflichtig bestellbar (lignum.ch > Shop >Architektur).
Alle Auszeichnungen in den fünf Preis-Regionen sowie sämtliche eingereichten Projekte zum Prix Lignum 2024 werden auf der Prix-Lignum-Website präsentiert.
Wanderausstellungen zeigen die Preisträger 2024 ab diesem Herbst bis Ende 2025 in allen Landesteilen.