Abstimmung

Das «Stromfresser-Gesetz» verteuert das Wohnen für alle

Politik Das Bundesgesetz über den Klimaschutz (KlG), das am 18. Juni 2023 zur Abstimmung kommt, bedeutet im Klartext ein Verbot von fossilen Energieträgern. Der Stromverbrauch und die Strompreise werden dadurch massiv steigen.

Im November 2019 reichte der Verein Klimaschutz Schweiz die überparteiliche Volksinitiative «Für ein gesundes Klima (Gletscher-Initiative)» ein. Der Bundesrat hat im April 2020 beschlossen, der Volksinitiative einen direkten Gegenvorschlag gegenüberzustellen. Dieser beinhaltet ebenfalls ein Netto-Null-Ziel bis 2050, will aber – abweichend von der Volksinitiative – fossile Brenn- und Treibstoffe nicht verbieten. Zudem sollen CO2-Emissionen durch Senken im In- und Ausland neutralisiert werden können. Aus Sicht des HEV Schweiz gehen sowohl die Volksinitiative als auch der direkte Gegenvorschlag zu weit, sind zu absolut und verfolgen zu viele starre Ziele. Sie liefern beide keine Antwort auf die Frage, wie diese Ziele erreicht werden sollen. Es ist klar, dass es eine Absenkung der Emissionen braucht. Das kann aber nur in einem realistischen Zeitraum und mit überlegten Massnahmen gelingen.

Mit dem indirekten Gegenvorschlag zur Gletscherinitiative vom April 2022 stellte das Parlament der Gletscherinitiative eine Gesetzesvorlage mit dem Charakter eines Rahmengesetzes gegenüber. Zur bedingt zurückgezogenen Gletscherinitiative hat das Parlament vorsorglich ein Nein beschlossen. Den direkten Gegenvorschlag des Bundesrates zur Initiative haben National- und Ständerat, nachdem sie im Herbst 2022 das Bundesgesetz über den Klimaschutz (KIG) beschlossen haben, definitiv beerdigt. Vor diesem Hintergrund kommt nun am 18. Juni der indirekte Gegenvorschlag des Parlamentes zur Abstimmung.

Gebäudesektor trifft es am stärksten

Das Bundesgesetz über den Klimaschutz (KlG) beschreibt einen Absenkpfad mit konkreten Verminderungszielen: Bis 2040 müssen die Treibhausgasemissionen gegenüber 1990 um insgesamt 75 Prozent reduziert werden. Für Gebäude, Verkehr und Industrie gelten Zwischenziele. Hauseigentümer und Hauseigentümerinnen werden im Gebäudesektor mit den schärfsten Vorgaben aller Sektoren konfrontiert. Während für die Industrie bis 2040 eine Senkung um 50 Prozent gegenüber dem Wert von 1990 gilt und für den Verkehr eine solche um 57 Prozent, muss der Sektor Gebäude die Emissionen um 82 Prozent senken. Dies nachdem der Gebäudesektor bereits 2020 eine Senkung um 39 Prozent erreicht hatte – notabene mit freiwilligen Massnahmen, ohne Gesetzeszwang. Bis 2050 dürfen Verkehr und Gebäude gar keine Treibhausgase mehr ausscheiden – für die Industrie gilt eine Reduktion um 90 Prozent.

Erzwungener Wechsel zu «optimierter Strom-Heizung»

40 Prozent der aktuell 900 000 fossilen Heizungen in der Schweiz sind jünger als zehn Jahre und haben somit kaum die Hälfte ihres Lebenszyklus erreicht. Mit Blick auf den vorgenannten Zielwert der Emissionsreduktion im Gebäudesektor müssen viele Heizungen vor Erreichen ihrer Nutzungsdauer ersetzt werden. In den meisten Fällen wird das eine Wärmepumpe sein müssen. Der Einsatz von Wärmepumpen ist jedoch längst nicht überall möglich und bedingt aus Effizienzgründen meist zusätzliche kostenintensive, wärmetechnische Ertüchtigungen wie Anpassung der Heizungsverteilung, Fensterersatz und Optimierung der Gebäudehülle. Die Erstinvestition für die geforderten energetischen Massnahmen muss unmittelbar und vollumfänglich geleistet werden, auch wenn sich die Ausgaben über die Lebensdauer der Bauteile amortisieren lassen.

Das Risiko tragen Strombezüger selbst

Der heutige Stromverbrauch von rund 60 TWh wird künftig auf gut 90 TWh prognostiziert. Der steigende Strombedarf und die sukzessiven Stilllegungen der schweizerischen Atomkraftwerke bis 2044 schaffen eine Produktionslücke von 40 bis 50 TWh, die durch den Zubau neuer Anlagen aufgefüllt werden muss. Dass dies durch erneuerbare Energieträger gesichert und garantiert werden kann, erscheint aus heutiger Sicht äusserst unrealistisch. Das Risiko tragen letztlich wir als Strombezüger alle selbst. Strom ist bereits heute teure Mangelware, Blackouts werden drohen.

Wohnkosten steigen, Versorgungssicherheit sinkt

Auch Hauseigentümer, Stockwerkeigentümer und Mieter, die bereits mit erneuerbarer Energie heizen, müssen mit massiv höheren Strompreisen und Blackouts rechnen. Während so die Wohnkosten für alle steigen, sinkt gleichzeitig die Versorgungssicherheit. In Gebäuden, die heute mit Öl oder Gas beheizt werden, müssen auch jüngere Heizungsanlagen vorzeitig ersetzt werden. Das ist teuer und wirtschaftlich unsinnig. Ein schneller und unkomplizierter Heizungsersatz ist bereits heute aufgrund des Fachkräftemangels und der langen Wartelisten bei den Förderbewilligungen kaum mehr möglich. Bei einem Heizungsausfall sind oft aufwendige und teure Provisorien nötig, um den Engpass zu überbrücken.

Ältere Menschen und Familien mit kleinen und mittleren Einkommen werden unter den hohen Strompreisen und den aufgezwungenen Sanierungskosten besonders leiden. Für Hauseigentümer von Gebäuden mit Baujahr 1990 und älter wird das Wohnen durch höhere Stromkosten und staatlich verordnete Gebäudesanierungen gleich doppelt teurer – was besonders Senioren zum Zwangsverkauf ihres Eigenheims nötigen kann. Das Ansparen für Wohneigentum ist für viele junge Menschen und Familien nicht mehr möglich; das Eigenheim wird wohl für viele ein Traum bleiben – und für andere zum Albtraum werden. Das Bundesgesetz über den Klimaschutz wird das Wohnen für alle massiv verteuern und gefährdet die Versorgungssicherheit zulasten unserer Gesellschaft.

Das Bundesgesetz über den Klimaschutz ist überstürzt, unsinnig und teuer. Der HEV Schweiz unterstützt die Energiestrategie 2050 nach wie vor. Der Verband sagt aber klar Nein zum unausgegorenen «Stromfresser-Gesetz» und empfiehlt deshalb, an der Volksabstimmung vom 18. Juni 2023 zum untauglichen Bundesgesetz über den Klimaschutz (KlG) ein Nein in die Urne zu legen. HEV Schweiz

Richtwerte Treibhausgasemissionen für einzelne Sektoren gem. Art. 4 KlG

Prozentuale Verminderung
gegenüber 1990

1990

2020

2030

2035

2040

2045

2050

Emissionen insgesamt
(inkl. Verminderungen
Ausland und NET)

53,7

-20  %

-50 %

-62 %

-75 %

-87 %

-100 %

Emissionen Inland

53,7

-19 %

-34  %

-47  %

-60  %

-73 %

-90  %

Gebäude

17,1

-39 %

-54 %

-74  %

-82  %

-90  %

-100  %

Verkehr

14,9

-8 %

-27  %

-39  %

-57  %

-78  %

-100  %

Industrie (mit CCS)

13,0

-17 %

-28 %

-38  %

-50  %

-72  %

-90  %

Industrie (ohne CCS)

13,0

-17 %

-28  %

-36  %

-43  %

-49  %

-56  %

Quelle HEV Schweiz gem. KlG Art.4

Was ist ein indirekter Gegenvorschlag?

Eine Volksinitiative verlangt eine Änderung der Bundesverfassung. Das Parlament oder der Bundesrat kann als Alternative einen direkten Gegenentwurf oder einen indirekten Gegenvorschlag ausarbeiten. Mit dem direkten Gegenentwurf schlägt das Parlament oder der Bundesrat als Antwort auf die Initiative einen anderen Verfassungsartikel vor. Mit dem indirekten Gegenvorschlag schlägt das Parlament oder der Bundesrat anstelle einer Verfassungsänderung eine Gesetzesänderung oder ein neues Gesetz vor.

 

Im vorliegenden Fall besteht der indirekte Gegenvorschlag aus dem Bundesgesetz über den Klimaschutz (KlG). Dagegen hat die SVP das Referendum ergriffen, weshalb das Gesetz dem Volk zur Abstimmung unterbreitet wird. Die Gletscher-Initiative wurde zugunsten des KlG bedingt zurückgezogen. Sollte der Gegenvorschlag jedoch abgelehnt werden, kommt die Gletscher-Initiative gleichwohl zur Abstimmung.