Vögel sind gern gesehene Gäste im heimischen Garten, und entsprechend beliebt ist die Vogelfütterung. Nicht zuletzt, da die gefiederten Freunde an der Futterstation gut beobachtet werden können. Dennoch sind die Meinungen von Experten gespalten, wenn es um das Füttern von Wildvögeln geht, insbesondere, wenn diese nicht fachgerecht erfolgt. Klar ist: Mit aktivem Vogelschutz darf das Füttern nicht verwechselt werden (siehe Kasten). Und: Es gibt schlechtere und bessere Futterstationen. Nachfolgend die wichtigen «Do’s und Dont’s» zur Vogelfütterung.
Soll man überhaupt Vögel füttern?
Die schweizerischen Vogelschutz-Organisationen haben die Frage, ob man Vögel überhaupt füttern soll, bisher nicht systematisch erforscht. Sie haben sich auf eine «Nützt’s nüt, so schad’s nüt»-Position geeinigt. Immerhin empfehlen sie der Bevölkerung, es dennoch zu tun, weil es tolle Naturerlebnisse ermöglicht.
Eine über 40 Jahre geführte britische Studie von Kate E. Plummer, Kate Risely, Mike P. Tom und Gavin M. Siriwardena vom 21. Mai 2019 hat dagegen nachgewiesen, dass Füttern tatsächlich nützlich und empfehlenswert ist: «Da, wo Vögel gefüttert werden, wachsen nicht nur die Populationen – auch die Artenvielfalt nimmt zu.» Beim Füttern von Wildvögeln sollten jedoch nicht nur die Bedürfnisse der Vögel, sondern auch diejenigen der Umwelt und der Menschen mitberücksichtigt werden.
Gute Futterstationen für Menschen
1 Ein Futterhäuschen sollte rasch, einfach und sicher montiert werden können. Es sollte ohne Leitern, Werkzeuge, Schrauben, Nägel und Drähte unkompliziert aufgehängt oder – vor Katzen sicher – aufgestellt werden können.
Am besten wird das Häuschen aufgehängt. Wo dies nicht möglich ist, stellt man es auf ein Metallrohr, statt auf ein Dreibein, welches zum Mähen und Wischen immer im Wege steht.
2 Der Vogelfreund sollte von Weitem sehen können, wenn das Futter ausgeht.
3 Das Futterhaus sollte bei jedem Nachfüllen kurz mit Schwamm und Tuch sauber gereinigt werden können.
4 Die Futterzufuhr muss so eingestellt werden können, dass von verschiedenartigem Futter immer nur so viel auf den Teller kommt, wie die Vögel laufend frisch und trocken wegfressen.
5 Das Nachfüllen des Futters muss auch bei Regen und Schnee einfach und unkompliziert funktionieren. Dabei darf das Futter nicht nass werden.
6 Ein Restaurant für Vögel sollte kein Schandfleck, sondern eine ästhetische Bereicherung des Gartens sein.
Gute Futterstellen für die Umwelt
1 Das beste Restaurant für Vögel ist ein natürlicher, vielfältiger Garten mit Blumenwiesen, Büschen, Hecken, Bäumen, Früchten, Samen, Larven, Raupen, Würmern, Wasser und Insekten.
2 Auch Futterhäuser – als Ergänzung eines vogelfreundlichen Gartens – sollten aus natürlich abbaubaren oder wiederverwendbaren Materialien wie Holz, Metall und Glas gebaut sein. Kunststoffe jeder Art sind nicht umweltfreundlich.
3 Vogelhäuser sollten nicht mit giftigen Imprägnierungsmitteln behandelt werden müssen. Sie brauchen ein natürliches, wetterfestes Dach und eine Unterkonstruktion ohne Fungizide und andere Gifte.
4 Die Futterstellen sollten dauerhaft und nachhaltig sein und nicht verrotten oder jährlich weggeworfen werden müssen.
Gute Restaurants für die Vögel
1 Das beste Restaurant für Vögel ist– wie gesagt – ein wilder Blumengarten mit Büschen, Bäumen, Wasser und Insekten. Auch ein zusätzliches Futterangebot in einem Futterhäuschen sollte gutes Essen und Trinken anbieten: Sonnenblumen-, Hanf- und andere Kerne und Samen sind für alle Meisenarten, Kleiber, Spatzen und Rotkehlchen ideal. Auch ungesalzene Erdnüsse, Mehlwürmer und ähnliches Trockenfutter bewährt sich. Nahrungsreste von Menschen sollte man vermeiden. Auch Plastiknetzchen mit Fettfutter sind für Vögel gefährlich. Oft verheddern sie sich darin. Was Vögel besonders mögen, erkennt man daran, wie schnell sie es wegfressen. Einige Vögel – wie zum Beispiel Amseln – fressen Würmer, Beeren und Früchte, die sie besser am Boden als in der Futterstation finden.
2 Ein Vogel-Restaurant sollte aus allen Richtungen gut anfliegbar sein und auch bei viel Flugverkehr noch funktionieren.
3 Das Vogelhaus sollte einen für die Vögel gut greifbaren Landesteg aufweisen. Der Landesteg besteht am besten aus Holz und – ebenso wie ein Treppenhandlauf im Freien – nicht aus Metall oder Plastik, an dem man bei Frost festklebt.
4 Der Landesteg darf nicht linear sein. Er sollte rund sein, damit die Vögel nach dem Fressen seitlich wegfliegen oder wegfallen können, ohne sich umdrehen zu müssen und dabei versehentlich dazu eingeladen werden, ihr Geschäft ins Futter zu verrichten.
5 Das Futter soll hygienisch – am besten in Glas, das vor jeder Füllung sauber aus dem Geschirrspüler kommt – dargeboten werden.
6 Das Futterhaus sollte für Vögel sicher vor Katzen platziert sein.
Text: Samuel Gerber
Über den Autor
Samuel Gerber ist der Entwickler der Futterstation «Lovenest-Feeder». Er ist Architekt im Ruhestand und hat sich intensiv mit der fachgerechten Vogelfütterung beschäftigt. Weitere Informationen: love-nest.ch
Das sagt die Vogelwarte Sempach
Grundsätzlich sind die bei uns ausharrenden Kleinvögel gut an die winterlichen Bedingungen angepasst, und sie finden selbst ausreichend Nahrung. Trotzdem ist die Zufütterung oftmals willkommen. Die Winterfütterung kann dann eine Überlebenshilfe sein, wenn über längere Zeit eine geschlossene Schneedecke liegt oder Bodenfrost herrscht.
Diejenigen Vögel, die von einer Zufütterung profitieren, zählen allerdings zu häufigen Arten und sind meist nicht bedroht. Gefährdete oder seltene Arten hingegen kommen kaum an eine Futterstelle. Für sie sind der Erhalt und die Förderung vielfältiger Lebensräume unabdingbar.
Das Futter sollte möglichst der natürlichen Nahrung der Vögel entsprechen. Für Körnerfresser empfehlen sich Mischungen, die hauptsächlich aus Sonnenblumenkernen und Hanfsamen bestehen. Weichfresser nehmen Äpfel, Baumnüsse, Haferflocken oder Weinbeeren. Gewürztes, Essensreste oder Brot sowie Mischungen mit Ambrosia-Samen sind zu vermeiden. Manche Krankheitserreger werden mit dem Kot von Vogel zu Vogel übertragen. DerKot darf daher nicht in Kontakt mit dem Futter kommen. Es empfehlen sich folglich vor allem Futterhäuser mit schmalen Krippen oder säulenförmige Futterautomaten. Das Gemisch aus Körnerresten und Kot, welches unter Futterhäusern jeweils anfällt, sollte regelmässig weggeräumt werden. Redaktion