Aus dem Bundeshaus

Sanierungsstau durch Überregulierung?

von NR Gregor Rutz

Präsident HEV Schweiz

Bauliche Erneuerung sei ein «Schreckgespenst», das gestoppt werden müsse. Daher will die Allianz aus Mieterverband und linken Parteien den «Städten und Gemeinden ein Instrument in die Hand geben, um bezahlbaren Wohnraum zu schützen». Das tönt wunderbar. Nur: Wer behauptet, dass Ersatzneubauten «Nachbarschaften zerstören» würden und daher eine Bewilligungspflicht für Abbrüche, Umbauten, Renovationen oder Zweckänderungen fordert, lebt in der Steinzeit. Gerade diejenigen Kreise, die mit Verweis auf den Schutz der Umwelt ständig neue Auflagen wie Heizungsersatz oder Solarpflicht fordern, würden gut daran tun, sich auch einmal über die Umsetzung ihrer Forderungen Gedanken zu machen.

Zur Werterhaltung, inneren Verdichtung und energetischen Verbesserung sind umfassende Gebäudesanierungen oder Ersatzneubauten unabdingbar. Die Klimapolitik der Schweiz fordert im Gebäudebereich diverse Massnahmen für mehr Energieeffizienz. Der technologische Fortschritt macht dies möglich – aber immer verbunden mit Kosten und Aufwand.

Die Wohnschutz-Initiative, die linke Kreise im Kanton Zürich lanciert haben, ist symptomatisch für deren widersprüchliche Politik. Neben einer behördlichen Bewilligungspflicht für Renovationen oder Umbauten fordern sie auch Beschränkungen für die Umwandlung von Mietwohnungen in Stockwerkeigentum oder Auflagen zur Begrenzung der Mietzinse.

Nun sind entsprechende Vorstösse auch noch in Bundesbern hängig. Der Präsident des Mieterverbands verlangt etwa mit einer Motion eine weitere Behinderung von umfassenden Gebäudesanierungen. Nach seiner Vorstellung sollen Vermieter bei «Massenkündigungen» von Mietverträgen zur Umsetzung eines Renovationsprojekts vorgängig – zusätzlich zum allgemeinen Baubewilligungsverfahren – eine spezielle Genehmigung von einer kantonalen oder kommunalen Behörde einholen müssen. Diese Behörde müsste dann prüfen, ob die Kündigung zur Renovation der Mietliegenschaft wirtschaftlich, sozial und ökologisch gerechtfertigt ist, und die Behörde müsste untersuchen, ob keine Möglichkeit besteht, die Renovation in bewohntem Zustand oder mit einem Rochadesystem für die Mieter während der Bauarbeiten durchzuführen.

Solche Forderungen gefährden wichtige Investitionen in den Mietwohnungsbau. Noch mehr komplizierte Verwaltungsverfahren klemmen die Bautätigkeit ab. Im Kanton Genf – wo bereits eine Vorgabe im Sinne der Mieterverbands-Motion besteht – zeigt sich dies deutlich. Sanierungen von Mietliegenschaften sind für Vermieter bereits nach geltendem Recht hürdenreich. Mieter können Sanierungen behindern oder sogar verhindern. Dies ist mit ein Grund für die tiefe Sanierungsquote von lediglich 1 % und eine Abrissquote von gerade mal 0,06 % des schweizerischen Immobilienbestands. Weitere regulatorische Eingriffe ins Mietrecht wären für die angestrebte Erneuerung des Wohnungsbestands kontraproduktiv. Die Forderungen der Motion wären in der Praxis kaum oder nur mit gewaltigem bürokratischem Mehraufwand zu realisieren. Komplizierte Kündigungsverfahren wären die Folge, was Rechtsunsicherheit und noch mehr Rechtsstreitigkeiten nach sich ziehen würde.

Das Bundesgericht bestätigt in konstanter Praxis, dass eine Kündigung im Hinblick auf eine umfassende Sanierung gültig ist und es einem legitimen Interesse des Vermieters entspricht, ein Mietverhältnis aufzulösen, wenn das Sanierungsprojekt nach dem Auszug rascher und günstiger ausgeführt werden kann. Der Kündigungsschutz im Mietrecht ist bereits sehr stark: Jede Kündigung einer Mietwohnung muss auf einem amtlich genehmigtem Formular erfolgen, bei einer Familienwohnung muss je ein separates Formular an Ehegatten / eingetragene Partner geschickt werden, Kündigungen können kostenlos vor paritätischer Schlichtungsbehörde angefochten oder es kann eine Erstreckung des Mietverhältnisses verlangt werden.

Glücklicherweise hat dies der Ständerat erkannt und die erwähnte Motion mit 32 zu 9 Stimmen abgelehnt.

«Solche Forderungen gefährden wichtige Investitionen in den Mietwohnungsbau.»