Inneneinrichtung

Frischer Wind für dunkles Holz

Lange galten dunkle Hölzer als verstaubt. Dabei bringen sie Wärme und Tiefe ins Interieur und haben gleichzeitig eine luxuriöse und elegante Ausstrahlung. Auch lassen sich Möbel aus Walnuss oder dunkler Eiche perfekt zu modernen Einrichtungsgegenständen kombinieren.

von Silvia Schaub

Journalistin

Es muss wohl so sein, dass man sich als junger Mensch nicht nur politisch von der älteren Generation abheben will, sondern auch was den Einrichtungsstil angeht. Hell und luftig sollte es deshalb sein, war man doch in einer Zeit aufgewachsen, als dunkles Braun, am besten rustikale Eiche, das Mass aller Dinge war. Und zwar möglichst viel davon in einem Raum, sodass man kaum Luft zum Atmen hatte. Also mussten danach Sessel, Schränke, Stühle, Tische und auch jedes noch so kleine Accessoire in sanftem Beige, Weiss oder auch Grau sein, oft aus blonden Hölzern wie Esche oder Birke. Nur ja nichts Dunkles!

Doch die Zeiten ändern sich eben – und die nächste Generation ist an der Reihe. Weil man irgendwann genug von der makellosen Beige-Welle hatte, ist es nun wieder da: dunkles Holz. Egal ob Nussbraun, Kastanienbraun, Schwarzbraun oder Eichenbraun. Auch der Möbelstil wird abgelöst: So sind schon eine Weile wieder organische, runde und üppige Formen gefragt. Auch möglichst bodennahe Sofas und Sessel im Seventies-Look, ovale Tische und ganz allgemein dunklere Farben. Damit kommt endlich wieder etwas Dynamik ins Interieur.

Und doch wirkt alles sehr neu, wenn man sich die Optik dieser neuen Möbel anschaut. Wie gehäutet von aller Biederkeit und gedrechselter Wucht von einst, zeigen sie sich schlichter als noch in den 1970er- und 1980er-Jahren. Auch wird vermehrt auf die Nachhaltigkeit geschaut, verbotene Hölzer wie Palisander, Ebenholz oder Mahagoni kommen kaum mehr zum Einsatz. Die Vielfalt ist dennoch gross: von Walnuss- über Nussbaum- bis zu Kirschholz. Noch dazu bringen diese Designmöbel aus dunklem Holz einen Hauch von Eleganz in die Wohnung.

Die Mischung machts

Das bedeutet nun nicht, dass man sich gleich völlig von der beigefarbenen Wohnung verabschieden muss. Bereits eine einfache Farbveränderung einzelner Möbel kann schon ausreichen, um eine ganz andere Optik zu erreichen. Ein grosses Sideboard aus dunklem Holz wie das Unda von Ferm Living kann als Blickfang dienen, während kleinere Objekte wie dunkle Salontische den Raum optisch zusammenhalten. Der Drop Leave von &Tradition schmeichelt jeder Sitzecke. Auch die Kommode Spindle von Ethnicraft bringt viel Eleganz ins Schlafzimmer.

Es kommen auch wieder einige Klassiker zu neuen Ehren, die zwar schon einige Jahre auf dem Buckel, aber nichts von ihrer Ausstrahlung eingebüsst haben. Ein gutes Beispiel ist der Hocker von Charlotte Perriand von Hersteller Cassina oder der Wishbone-Stuhl von Carl Hansen & Søn.

Ein klares Statement ist auch der Hocker von Naoto Fukasawa für Zanat aus Walnuss oder gebeiztem Ahorn. Er wird aus nur einem Stamm geschnitzt und kann als Beistelltisch oder sogar als Holzskulptur dienen, soll er doch mit seinen Rundbögen an die Brücke von Mostar in Bosnien-Herzegowina erinnern.

Und es überrascht auch nicht, dass unter der beliebten Stockholm-Kollektion des schwedischen Möbelhauses Ikea gerade die Produkte mit dunklen Hölzern zu den Bestsellern gehören. So etwa das Sideboard mit Nussbaumfurnier oder die formschönen Satztische. Ebenso der Couchtisch mit einer ovalen Tischplatte.

Handwerkskunst statt Massenware

Nicht alle Stücke sind wirklich aus dunklem Holz. Manche wurden aus Eiche oder Birke gefertigt und haben danach dank Lackierungen oder Ölen eine dunklere Farbe erhalten. Noch ein weiterer Aspekt spricht für den neuen Trend. Dass dunklen Holzmöbeln manchmal etwas Schweres anhaftet, hat auch damit zu tun, dass sie oft aus Massivholz gefertigt sind. Sie stehen damit auch für Handwerkskunst statt Massenware. Noch dazu sind sie äusserst robust und halten ein Leben lang.

Selbst bei den Küchenherstellern steht dunkles Holz wieder hoch im Kurs. Sowohl beim deutschen Hersteller Bulthaup wie auch bei Boffi aus Italien findet man Fronten in dunklem Holz im Programm. Zu vergleichen sind sie freilich nicht mit den Modellen unserer Eltern. Sie bestechen durch eine coole Schnörkellosigkeit und lassen sich dadurch auch perfekt mit Edelstahl oder Laminat kombinieren.

Dunkles Holz harmoniert übrigens bestens mit anderen Farben – und auch als Ergänzung zu modernen Einrichtungsgegenständen. Es muss dabei nicht die einst übliche Kombination mit Orange sein. Gerade Blautöne wie Himmelblau oder Eisblau wirken sehr stylish. Auch mit dunklen Grüntönen erreicht man eine besonders elegante Anmutung.

Braun für Erdverbundenheit, Geborgenheit und Gemütlichkeit

Es stellt sich freilich die Frage, ob die vermehrte Nachfrage nach dunklen Hölzern allein eine Generationensache ist. Natürlich nicht. Angesichts all der Krisen und täglichen Hiobsbotschaften sehnt man sich verständlicherweise nach mehr Erdverbundenheit, Geborgenheit und Gemütlichkeit. Genau dafür steht auch die Farbe Braun. Allerdings gilt sie laut dem Buch «Wie Farben wirken» von Eva Heller als die unsympathischste aller Farben und wird von 29 Prozent der Frauen und 24 Prozent der Männer abgelehnt. Das ist mehr als erstaunlich, denn Braun ist nicht nur in der Mode eine bevorzugte Farbe, sondern gehört auch als Wohnfarbe zu den beliebtesten. Als Raumfarbe werde Braun, laut Eva Heller, positiv erlebt. Räume mit braunen Möbeln, braunen Teppichen wirken zwar enger, aber die Begrenzung vermittle Geborgenheit, schreibt sie. Zudem fühle sich ein Raum damit gemütlicher, tiefer und wärmer an.

Aber gut möglich, dass heute eine Umfrage über Braun anders ausfallen würde. Schliesslich ist das Buch vor mehr als 20 Jahren herausgekommen. Sicher aber ist, dass uns diese Farbe guttut. Nicht umsonst kürte der Farbhersteller Pantone einen Braunton zur Farbe des Jahres 2025: das «Mocha Mousse».

Und doch wirkt alles sehr neu, wenn man sich die Optik dieser neuen Möbel anschaut.