Baurecht

Wissenswertes zum privatrechtlichen Baurecht

Baurecht Der Eigentümer eines Grundstücks kann einer Drittperson das Recht einräumen, auf seinem Grundstück ein Gebäude zu erstellen, obschon der Person der Boden eigentumsmässig nicht gehört. Was gilt es hierbei zu beachten?

von Mascha Santschi Kallay

Dr. iur., Rechtsanwältin, Meggen, Konsulentin bei epartners Rechtsanwälte AG, Zürich

von Roland Pfäffli

Prof. Dr. iur., Notar, Thun, Konsulent bei Von Graffenried Recht, Bern

Das öffentlich-rechtliche Baurecht befasst sich mit den Vorschriften der Bauordnung und mit den Beschränkungen im Zonenplan. Es ist vor allem für das Baubewilligungsverfahren massgebend. Im Streitfall sind hier die Verwaltungsgerichte als Rechtsmittelinstanzen zuständig.

Beim privatrechtlichen Baurecht hingegen geht es darum, dass der Eigentümer eines Grundstücks einer anderen Person das Recht einräumt, auf seinem Grundstück ein Gebäude zu erstellen. Das privatrechtliche Baurecht ist im Zivilgesetzbuch (ZGB) geregelt, weshalb bei Streitigkeiten die Zivilgerichte entscheiden.

Das Baurecht als Dienstbarkeit

Im Normalfall gehören ein Gebäude und der damit verbundene Boden dem gleichen Eigentümer. Diesen Grundsatz bezeichnet man als Akzessionsprinzip. Wer auf fremdem Boden bauen will, braucht dazu die Einwilligung des Bodeneigentümers. Dies geschieht durch den Abschluss eines öffentlich (notariell) beurkundeten Dienstbarkeitsvertrags, der im Grundbuch eingetragen wird. Man unterscheidet zwischen unselbstständigen und selbstständigen Baurechten.

Unselbstständige und selbstständige Baurechte

Von einem unselbstständigen Baurecht spricht man, wenn die Person dieses Baurecht nicht übertragen darf. Es ist auch nicht vererblich. Ist das Baurecht zeitlich nicht befristet, erlischt es mit dem Tod der berechtigten Person.

Einen Sonderfall stellt das Baurecht dar, das als Grunddienstbarkeit ausgestaltet ist. Hier ist der jeweilige Eigentümer eines Grundstücks berechtigt, während der jeweilige Eigentümer eines anderen Grundstücks belastet ist. Diese Art von Baurecht kann auch übertragen werden, aber nur zusammen mit dem jeweils belasteten bzw. berechtigten Grundstück.

Ein Baurecht ist hingegen selbstständig, wenn die berechtigte Person das Recht übertragen und damit auch vererben kann.

Dauer und Verlängerung

Ein Baurecht kann zeitlich befristet oder auf unbestimmte Zeit eingeräumt werden. Ist das Baurecht jedoch selbstständig, also übertragbar und vererblich, kann es auf höchstens 100 Jahre begründet werden.

Ein Baurecht kann zudem vor Ablauf der Baurechtsdauer verlängert werden, und zwar auf eine neue Dauer, die 100 Jahre – seit der Verlängerung – aber wiederum nicht überschreiten darf. Insgesamt kann ein Baurecht folglich länger als 100 Jahre dauern, allerdings nur mittels einer Verlängerung, der alle Vertragsparteien zustimmen müssen.

Baurecht als eigenes Grundstück

Wird für das selbstständige Baurecht bzw. für das zu erstellende Gebäude beispielsweise eine Hypothek aufgenommen, muss das Baurecht verkehrsfähig ausgestaltet sein. Dies geschieht durch die Aufnahme des Baurechts als eigenes Grundstück im Grundbuch. Möglich ist das, sofern das Baurecht mindestens 30 Jahre und (wie erwähnt) höchstens 100 Jahre dauert. Hier wird – neben dem Grundbuchblatt für den Boden – ein separates Grundbuchblatt für das Baurecht eröffnet. Man spricht nun von einem selbstständigen und dauernden Baurecht. In der Praxis trifft man diese Konstellation oft an. Äusserlich ist dieses Auseinanderfallen des Eigentums allerdings nicht sichtbar.

Übertragungsbeschränkungen

Bei einem selbstständigen und dauernden Baurecht kann das Gebäude (ohne Boden) verkauft werden. Die freie Übertragbarkeit des Baurechts ist damit zwar zulässig, kann aber insofern eingeschränkt werden, als der Bodeneigentümer der Übertragung zustimmen muss. Diese Zustimmung lässt sich nur in Ausnahmefällen verweigern, beispielsweise wegen mangelnder Kreditwürdigkeit des Erwerbers oder wenn der Erwerber die Verpflichtungen des Baurechtsvertrags nicht übernehmen will.

Beidseitiges Vorkaufsrecht

Von Gesetzes wegen hat der Eigentümer eines selbstständigen und dauernden Baurechts ein Vorkaufsrecht, wenn der Boden verkauft wird. Gleichfalls hat der Eigentümer des Bodens ein gesetzliches Vorkaufsrecht am Baurechtsgrundstück, wenn der Baurechtsberechtigte das Gebäude verkauft.

Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts sind die gleichen Bedingungen einzuhalten, wie diese von einem (Dritt-)Erwerber zu erfüllen wären. Möglich ist allerdings, dass der Kaufpreis bereits im Voraus, d. h. im Baurechtsvertrag, festgelegt wird. Dies nennt sich ein (preislich) limitiertes Vorkaufsrecht. So oder anders: Das Vorkaufsrecht ist innert dreier Monate nach Kenntnis des Inhalts des Kaufvertrags auszuüben. Das gesetzliche Vorkaufsrecht kann vertraglich ausgeschlossen werden.

Baurechtszins

Für die Einräumung eines Baurechts wird regelmässig ein Zins vereinbart. Dieser und allfällige weitere vertragliche Bestimmungen können im Grundbuch vorgemerkt werden. Die Vormerkung bewirkt, dass die Schuldpflicht für den Zins sowie die vertraglichen Bestimmungen von einem allfälligen Erwerber des Baurechtsgrundstücks automatisch übernommen werden.

Heimfall

Nach Ablauf der Baurechtsdauer fallen die vom Baurechtsberechtigten erstellten Gebäude in das Eigentum des Bodeneigentümers. Dieser hat dafür eine angemessene Entschädigung zu entrichten (so der Gesetzgeber in Art. 779d ZGB). Es ist aber auch möglich, dass die Vertragsparteien die Grundsätze für die Bemessung der Entschädigung im Voraus festlegen. Dies kann empfehlenswert sein, da es in der Praxis nicht selten zu Meinungsverschiedenheiten bezüglich der «angemessenen Entschädigung» gemäss Gesetz kommt.

Stockwerkeigentum

Die Begründung von Stockwerkeigentum an einem selbstständigen und dauernden Baurecht ist zulässig, ebenso die Begründung eines Unterbaurechts. Allerdings muss in beiden Fällen beachtet werden, dass das Baurecht zeitlich befristet ist.

Im Baurechtsvertrag kann jedoch bestimmt werden, dass für solche Fälle die Zustimmung des Bodeneigentümers vorbehalten bleibt.

Fazit

Beim Kauf eines Baurechtsgrundstücks sind stets drei Dinge zu bedenken: Erstens wird man nicht Eigentümer des Bodens. Zweitens muss man in der Regel einen Baurechtszins bezahlen. Und drittens geht das Gebäude nach Ablauf der Baurechtsdauer in das Eigentum des Bodeneigentümers über, sofern das Baurecht nicht verlängert wird.