Klimagerechtes Bauen hat zwei Seiten. Die eine betrifft das Bauen selbst sowie den Betrieb von Gebäuden: Hier sollen die Treibhausgasemissionen sinken. Dennoch wird sich das Klima weiter verändern. In der Schweiz wird es insgesamt heisser und trockener werden, und extreme Wetterereignisse wie Starkniederschläge werden zunehmen.
Da kommt die andere Seite des klimagerechten Bauens ins Spiel. Dabei geht es darum, Städte, Quartiere und Gebäude so zu planen, dass sie bei Starkniederschlägen nicht überschwemmt werden und sich in heissen Sommern nicht übermässig aufheizen. Denn gegen Hitze auf Klimaanlagen zu setzen, ist langfristig keine gute Idee: Sie verursachen Treibhausgasemissionen wegen der Kältemittel und des Strombedarfs. Zudem heizt die Abluft herkömmlicher Geräte die Umgebung zusätzlich auf. Das grundsätzliche Problem verschärft sich also.
Fenster sorgfältig planen
Wir sollten daher Gebäude so gestalten, dass die Innenräume auch an heissen Sommertagen angenehm kühl bleiben. Effektiv gedämmte Häuser sind grundsätzlich gut dafür gerüstet: Im Winter halten sie die Wärme im Haus und im Sommer draussen. Das funktioniert allerdings nur, solange bei Hitze keine direkte Sonneneinstrahlung ins Gebäude dringt. Wichtig sind daher die Fenster. Diese müssen mehreren, teils widersprüchlichen Anforderungen gerecht werden. Im Sommer sollen sogenannte solare Wärmeeinträge durch Sonneneinstrahlung möglichst vermieden werden. Im Winter hingegen sind sie erwünscht, damit man weniger heizen muss. Zudem muss das ganze Jahr über genügend Tageslicht in die Räume gelangen, und der Ausblick muss gewährleistet sein.
Für eine gute Balance zwischen den verschiedenen Anforderungen genügt bei Wohnbauten ein Fensteranteil von bis zu 30 Prozent. Dies haben Forschende der Hochschule Luzern im Rahmen der Studie «Bereit für den Klimawandel?» herausgefunden und in Handlungsempfehlungen für Bauherrschaften und Planende festgehalten (siehe Kasten). Die Experten raten weiter, die Fenster geschoss- und fassadenweise zu planen und dabei die Verschattung durch andere Gebäude sowie durch das Gelände oder die Vegetation einzubeziehen.
Der Sonne exponierte Fenster sollen bei Bedarf wirkungsvoll beschattet werden können. Optimal ist ein aussenliegender beweglicher Sonnenschutz, der im geschlossenen Zustand Licht durchlässt, wie Lamellenstoren. Auch Auskragungen und andere Festverschattungen mindern die Sonneneinstrahlung, können aber auch die passiven solaren Gewinne im Winter und den Tageslichteinfall stark verringern. Ob Festverschattungen sinnvoll sind, muss projektspezifisch entschieden werden.
Ebenfalls wichtig beim klimaangepassten Bauen ist die thermische Speicherfähigkeit des Gebäudes: Die Raumtemperatur steigt langsamer, wenn massive Bauteile wie Betondecken die Wärme speichern. Abgehängte Decken oder andere Verkleidungen schmälern den Effekt und wirken sich nachteilig aufs Raumklima aus.
Nachtauskühlung nutzen
Die meisten werden den Ratschlag kennen, bei Sommerhitze erst nachts zu lüften. Tatsächlich lassen sich mit dieser sogenannten Nachtauskühlung Räume sehr wirkungsvoll herunterkühlen. Dafür lüftet man während der Nacht quer. Das funktioniert am besten, wenn die Fassadenöffnungen zu mehreren Seiten hin orientiert sind. Lärm oder Sicherheitsbedenken hingegen schränken die nächtliche Fensterlüftung ein.
Auch die Aussenraumgestaltung hat einen Einfluss auf die Temperaturen: Asphalt oder Steinbeläge nehmen Wärme auf und geben diese nachts wieder ab. Grünflächen hingegen kühlen dank des Verdunstungseffekts die Luft. Zudem entlasten sie bei Starkregen die Kanalisation, weil sie Regenwasser speichern.
Klug geplante Häuser bieten auch ohne aufwendige Gebäudetechnik ein angenehmes Innenraumklima. Sinnvoll kann aber etwa eine automatisierte Steuerung der Storen sein, damit diese herunterfahren, bevor die Sonne durch das Fenster hereinscheint. Wenn man die Räume kühlen möchte, sollte man ein energieeffizientes passives System verwenden, beispielsweise eine reversible Erdsonden-Wärmepumpe. Sie kann im Sommer Wärme speichern und im Winter wieder abrufen. Bei der Gebäudeplanung ist es wichtig, die Weichen frühzeitig zu stellen. Denn die richtige Ausrichtung des Baukörpers und die geschickte Platzierung und Dimensionierung der Fenster bewirken viel, lassen sich aber später im Bauprozess nicht mehr oder nur mit grossem Aufwand ändern.
Für Bestandsbauten gelten übrigens die gleichen Regeln wie für Neubauten: Energetisch sanieren, die Speicherfähigkeit erhöhen, indem man allfällige abgehängte Decken entfernt, einen aussenliegenden Sonnenschutz anbringen sowie die Umgebung oder allenfalls Dach oder Fassade begrünen – das alles schützt vor zu grosser Hitze.
Im Sommer sollen sogenannte solare Wärmeeinträge durch Sonneneinstrahlung möglichst vermieden werden. Im Winter hingegen sind sie erwünscht.
Weitere Infos
Forschung und Empfehlungen der Hochschule Luzern: hslu.ch/klimawandel
Ratgeber von Minergie: