Meier meint

«Wetter-Hektik»

von Markus Meier

Direktor HEV Schweiz

«Eisige Kälte, Bise und Strassenglätte – und es wird nicht besser.» Diese Schlagzeile sprang mir in den ersten Tagen dieses Jahres aus einer Zeitung entgegen. Was daran schlecht ist – was es offenkunding sein muss, weil es nicht besser wird –, erschloss sich mir nicht. Schliesslich ist im Januar eine solche Wettermeldung nichts Aussergewöhnliches, es ist ja Winter. Passend waren auch die Zeilen im Folgetext. «Die Woche startet mit frostigen Temperaturen und rutschigen Strassen, dazu bläst eine fiese Bise. Das dürfte sich die nächsten Tage nicht ändern. Fast überall liegen die Temperaturen im Minusbereich.» So weit, so gut.

Die nächsten Sätze musste ich dann aber zweimal lesen, um sicher zu sein, dass meine Augen mich nicht getäuscht hatten. «In der Schweiz ist es zum Wochenstart bitterkalt. In Zürich misst das Thermometer bis zu minus 3 Grad.» Ein anderes Medium bemühte sogar das Wortkonstrukt einer «Polarklatsche», welche die Schweiz mit Temperaturen von bis minus 10 Grad treffen sollte. Bitte wie? Minus 3 Grad sind bitterkalt, eine eisige Kälte? Und noch ein paar Minusgrade mehr sind eine quasi vom Nordpol verabreichte Ohrfeige? Spontan erinnerte ich mich dazu meiner militärischen Ausbildungs- und Beförderungsdienste Anfang der 1980er-Jahre. In jenen Wintern waren zweistellige Minustemperaturen vielfach an der Tagesordnung. Damals war es aber einfach kalt, ohne dass dies in jeder Wetterprognose zusätzlich aufgebauscht werden musste. Übrigens war es auch eine Zeit, in der man von wintertauglicher, nach dem Zwiebelschalenprinzip aufgebauter Armeebekleidung noch nicht einmal zu träumen wagte. Der wärmende «Helly Hansen» und die zur Kälteabweisung alubeschichteten Einlegesohlen stammten aus Privatbeständen.

Wo immer es sich heute ums Thema Wetter dreht, scheint der Grundtenor von permanentem Alarmismus beherrscht zu sein. Mit viel Kreativität wird einem nicht zu bremsenden Einsatz von Adjektiven bis hin zum Superlativ gehuldigt. Das Wetter wird quasi zur Dauergefahr, das Verlassen der schützenden Behausung zum täglichen Risiko. Meiner Ansicht nach besteht das eigentliche Risiko hier vielmehr im Abstumpfen gegenüber all diesen Meldungen, so dass eine berechtigte, effektive Gefahrenmeldung dann kaum mehr wahrgenommen zu werden droht. Deshalb schiene mir – gerade neben all den vielen heutigen Unwägbarkeiten auf dem Globus – eine etwas weniger alarmistische «Wetter-Hektik» wünschenswert.

«Eine etwas weniger alarmistische Wetter-Hektik schiene mir wünschenswert.»