Erneuerbar heizen

Vom Ölkessel zur Wärmepumpe mit Erdsonde

Erneuerbar heizen Wie kommen wir weg vom Öl? Mit dieser Frage haben sich Stockwerkeigentümerinnen und Stockwerkeigentümer aus Bülach an eine Impulsberatung «erneuerbar heizen» gewandt – und die passende Antwort erhalten.

von Remo Bürgi

Faktor Journalisten, im Auftrag des BFE

Oliver Mathys arbeitet als Energieberater bei Stadtwerk Winterthur. Heute verlässt er seine Stammlande und reist nach Bülach. Dort soll er im Rahmen einer Impulsberatung «erneuerbar heizen» (siehe Infobox) prüfen, wie sich die bestehende Ölheizung der Siedlung Sonnengarten durch ein erneuerbares Heizsystem ersetzen lässt. Zur Vorbereitung auf das Beratungsgespräch hat sich Mathys bereits in zahlreiche Unterlagen zu den sechs Mehrfamilienhäusern der Siedlung eingelesen. «Anhand von Informationen zur Siedlung und zur zentralen Ölheizung sowie von Plänen zur Energieversorgung der Gemeinde Bülach habe ich überprüft, welche Möglichkeiten infrage kommen», erklärt Mathys. So weiss er bereits, dass in der Umgebung zwar kein Fernwärmenetz vorhanden ist, aber Erdsonden gebohrt werden könnten.

Zu grosse Ölheizung

Vor Ort wird Mathys von Adelino Zuccolo und Rolf Hugentobler begrüsst, zwei der Stockwerkeigentümer der Siedlung Sonnengarten. Obwohl die Ölheizung noch einwandfrei läuft, ist es den Bewohnerinnen und Bewohnern der sechs Mehrfamilienhäuser ein Anliegen, sie demnächst zu ersetzen. «Wir sind uns einig, dass wir von der fossilen Energie wegkommen wollen», bekräftigt Zuccolo. Ausserdem sei die Ölheizung überdimensioniert, ergänzt Hugentobler. «Als die sechs Häuser 2005 gebaut wurden, bestanden Pläne, noch zwei weitere Häuser zu realisieren. Daher wurde die Heizung auf acht Mehrfamilienhäuser ausgelegt.» Die letzten beiden Gebäude wurden aber nie realisiert. Durch den zu grossen Heizkessel geht viel Energie verloren, die eine neue Heizung einsparen könnte.

Erdsonden-Wärmepumpe als Favorit

Während des Gesprächs mit Zuccolo und Hugentobler klärt Impulsberater Mathys noch einige letzte Fragen zur Liegenschaft und zur Heizung, um später einen Bericht mit einem Vergleich verschiedener Lösungen erstellen zu können. Er empfiehlt für die Siedlung Sonnengarten eine Erdsonden-Wärmepumpe. In der Siedlung gibt es gleich mehrere Stellen, wo sich problemlos Sonden bohren lassen. Auch eine Pelletheizung wäre grundsätzlich möglich, doch es fehlt an Lagerplatz für die Pellets. Deswegen sieht der Impulsberater die Pelletheizung lediglich als Spitzenlastkessel, ergänzend zur Wärmepumpe. Da die Stockwerkeigentümerinnen und - eigentümer unschlüssig sind, ob eine zentrale Heizung für die ganze Siedlung oder dezentrale Heizungen in jedem Gebäude besser wären, vergleicht Mathys auch diese beiden Varianten in seinem Bericht.

Steigende Preise wegen hoher Nachfrage

Im Gespräch werden auch finanzielle Aspekte thematisiert. Zuccolo erwähnt, dass eine vergleichbare Siedlung in Bülach vor einigen Jahren ebenfalls die Heizung saniert habe, und fragt den Impulsberater, ob er sich an den Kosten dieser Sanierung orientieren könne. Mathys verneint: «Aufgrund der hohen Nachfrage nach erneuerbaren Heizsystemen und nach Fachleuten sind die Kosten in den letzten Jahren gestiegen.» Über die gesamte Lebensdauer einer Heizung sei eine Erdsonden-Wärmepumpe aber dank tiefer Energiekosten dennoch eine lohnenswerte Investition. Er rät den Eigentümern, die Sanierung der Heizung rechtzeitig – bei einem Projekt dieser Grössenordnung mindestens zwei Jahre vor der geplanten Inbetriebnahme – anzugehen. So bleibt auch genug Zeit für die Planung der Finanzierung (siehe Infobox unten).

Information an der Eigentümerversammlung

Die Hinweise des Impulsberaters nehmen Zuccolo und Hugentobler gerne auf. Es wird aber wohl noch Klärungsbedarf geben, bis sich die 30 Stockwerkeigentümerschaften auf ein Heizsystem geeinigt haben. Um den Entscheid zu erleichtern, erläutert Mathys drei Wochen später an der nächsten Eigentümerversammlung die möglichen Varianten zum Ersatz der Ölheizung. «Um alle Häuser zu beheizen, ist eine Heizleistung von etwa 150 Kilowatt nötig», erklärt Mathys den Anwesenden. Die Erdsonden für die von ihm empfohlene zentrale Wärmepumpe können in der Siedlung Sonnengarten 400 Meter tief gebohrt werden. «Um bei dieser Tiefe die benötigte Heizleistung zu erreichen, braucht es etwa neun Sonden.» Als Ergänzung zur Erdsonden-Wärmepumpe empfiehlt der Impulsberater, die Dächer der sechs Mehrfamilienhäuser mit Photovoltaikanlagen auszurüsten. Der selbst produzierte Solarstrom lässt sich sowohl für den Betrieb der neuen Wärmepumpe wie auch für das Aufladen von Elektroautos nutzen.

Die Präsentation und die anschliessende Fragerunde vermittelten den Stockwerkeigentümerschaften rund um Adelino Zuccolo und Rolf Hugentobler einen guten ersten Eindruck. Darauf basierend wollen sie sich an einer der nächsten Versammlungen für das neue Heizsystem entscheiden. Sie wissen nun, dass der überdimensionierte Ölkessel problemlos durch eine erneuerbare Alternative ersetzt werden kann.

Wie sich der Heizungsersatz bei Stockwerkeigentum finanzieren lässt

Es gibt hauptsächlich drei Möglichkeiten, wie Stockwerkeigentümergemeinschaften den Ersatz der Heizung finanzieren können:

1.  mit Geldern aus dem Erneuerungsfonds;

2. mit einem Darlehen, das einige Banken direkt an Stockwerkeigentümergemeinschaften vergeben;

3. indem die Hypotheken der einzelnen Eigentümer erhöht werden.

 

Weitere Informationen dazu finden Sie auf: erneuerbarheizen.ch/heizung-finanzierung

 

Daneben werden erneuerbare Heizsysteme durch Bund, Kantone und weitere Akteure finanziell gefördert, eine Übersicht dazu bietet: energiefranken.ch

 

Investitionen in energiesparende Massnahmen lassen sich ebenso von den Steuern abziehen wie Einzahlungen in den Erneuerungsfonds. Dadurch fallen die Investitionskosten für ein erneuerbares Heizsystem am Ende deutlich tiefer aus, als es auf den ersten Blick scheint.

Impulsberatung «erneuerbar heizen»

Die Impulsberatung «erneuerbar heizen» ist ein Angebot des Bundes, das Eigentümerschaften von Ein- und Mehrfamilienhäusern sowie Stockwerkeigentümerschaften kostenlos in Anspruch nehmen können. Dabei besichtigt eine Fachperson das Gebäude und gibt im persönlichen Gespräch einen Überblick zu den Möglichkeiten, die bestehende Heizung durch ein erneuerbares Heizsystem zu ersetzen. Auch eine grobe Kostenschätzung und Tipps zum weiteren Vorgehen sind Teil der unverbindlichen Beratung. Eine Impulsberaterin oder einen Impulsberater in der Nähe finden Sie auf: erneuerbarheizen.ch