Gesundheit

Unangenehme Spinnentiere

Tierwelt Zecken haben erstaunliche Fähigkeiten und einen spannenden Entwicklungszyklus. Leider werden die faszinierenden Tierchen zu Recht als Krankheitsüberträger gefürchtet.

von Alexandra von Ascheraden

Journalistin

 

 

Weltweit gibt es etwa 900  Zeckenarten. Zecken sind keine Insekten, sondern gehören zu den Spinnentieren (Arachnida) und dort zur Unterfamilie der Milben (Acari). Wie alle Spinnentiere haben auch adulte Zecken acht Beine. Sie schlüpfen aber mit nur sechs aus dem Ei. Die restlichen Beine bekommen sie erst im Laufe ihres Entwicklungszyklus.

Die Zecke, die wir für gewöhnlich an uns selbst oder unseren Haustieren finden, die Gemeine Schildzecke (auch Holzbock genannt), bezeichnen die Wissenschaftler als «Ixodes ricinus». Es ist ein Gerücht, dass sie sich von Bäumen auf Hund und Frauchen fallen lässt – sie wartet im Unterholz oder in hohen Gräsern. Ihren Wirt für die nächste Blutmahlzeit wittert sie mit ihrem «Hallerschen Organ»: Damit kann sie die Buttersäure wahrnehmen, die Säugetiere und Menschen im Schweiss haben. Auch plötzliche Wärmezunahme und Vibrationen nimmt die Zecke wahr. Naht ein potenzieller Wirt, streckt sie die Vorderbeine schräg in die Luft und lässt sich einfach abstreifen. Schon einige Zehntelsekunden Kontakt genügen der Zecke, um sich blitzschnell am künftigen Wirt festzuklammern.

Paarung ist reines Glücksspiel

Hat das adulte Zeckenweibchen eine geeignete Stelle gefunden, beginnt sie, ihren Stechapparat in die Haut zu bohren und zu saugen. Um über längere Zeit unbemerkt die Blutmahlzeit einzunehmen, injiziert sie einen Entzündungshemmer, ein Lokalanästhetikum und einen Zement für die Befestigung. Nach zwei Wochen ist sie vollgesogen, paart sich auf dem Endwirt – sofern ein Männchen in der Nähe ist – und lässt danach vom Wirt ab. Am Boden legt sie zwischen 1000 und 3000 Eier und stirbt. Drei Wochen später schlüpfen schon die sechsbeinigen Larven der nächsten Generation. Die Paarung ist ein reines Glücksspiel. Adulte männliche Holzböcke lassen sich auch auf den potenziellen Endwirt abstreifen, saugen aber nur, wenn sie kurz vor dem Austrocknen sind. Vielmehr hoffen sie, im Fell auf paarungsbereite Weibchen zu treffen – was nicht immer auf Anhieb klappt. In dem Fall heisst es warten. Wie so oft im Zeckenleben.

Viele Erreger im Zeckenmagen

Zecken können beim Blutsaugen auf Tier und Mensch Krankheiten übertragen. Werner Tischhauser, Zeckenspezialist der Fachstelle Schädlingsprävention der Stadt Zürich, erklärt: «Im Zeckenmagen leben bis zu 50 verschiedene Mikroorganismen. Es sind längst nicht alle erforscht, und so weiss man nicht genau, welche potenziell für Mensch oder Tier gefährlich sein könnten.»

Das von Zecken übertragene FSME-Virus, das beim Menschen die Frühsommer-Meningoenzephalitis auslöst, kennt man jedoch sehr gut. «Die FSME-Impfung ist seit 2019 mit gutem Grund in der ganzen Schweiz – ausgenommen in den Kantonen Genf und Tessin – empfohlen. Die Fälle haben sich in den letzten zehn Jahren verdoppelt», erklärt Tischhauser. «Das Gefahrenpotenzial wird wegen des Klimawandels immer grösser. Die Leute unterschätzen das Risiko stark. Die steigenden Temperaturen und die milden Winter lösen eine massive Dynamik aus – sowohl bei den Zecken als auch bei den Erregern, die sie in sich tragen.» Es gebe infolge schwerer FSME- Infektionen jedes Jahr mehrere Todesfälle in der Schweiz, betont Tischhauser.

In der Schweiz sind zudem je nach Region 5 bis 50 Prozent der Zecken mit dem Bakterium Borrelia burgdorferi infiziert. Borreliose kann mit Antibiotika behandelt werden. Der Erreger kann auch Hunde befallen, obschon diese meist eine natürliche Resistenz mitbringen.

Kontrolle ist die beste Prävention

Tischhauser rät, Hund, Katze und auch sich selbst nach jedem Spaziergang in der Natur gründlich abzusuchen. So werden festgesogene Zecken früher entdeckt und lassen sich noch vor dem Stich von Kleidern, Haut oder Fell entfernen. FSME-Viren werden direkt nach dem Stich über die Speicheldrüse übertragen. Die Übertragung von Borrelien hingegen beginnt meistens mit einer zeitlichen Verzögerung von zwölf Stunden nach Saugbeginn. Sofern man Zecken stets umgehend entfernt, ist man bezüglich Borreliose auf der sicheren Seite. Doch jetzt kommt Tischhausers schlechte Nachricht: «Etwa die Hälfte aller Zeckenstiche werden nicht bemerkt.»

Hat sich eine Zecke festgesetzt, gelingt das Entfernen am besten mit einer Zeckenzange oder einer spitz zulaufenden Splitterpinzette. Die Zecke muss direkt über der Haut gefasst und mit kontinuierlichem Zug entfernt werden, ohne sie zu quetschen. Keinesfalls angeblich bewährte Hausmittel wie Klebstoff oder Öl auf die betroffene Stelle auftragen. Sie bringen die Zecke in Stress, wodurch sie noch mehr Speichel absondert. Im Fall einer Borreliose-Infektion der Zecke erhöht das die Gefahr der Übertragung zusätzlich.

Für Hunde und Katzen gibt es zudem verschiedene Präparate, die meist als Halsbänder oder Spot-on angeboten werden. Es lohnt sich, mehrere Produkte auszuprobieren, um das geeignete für das eigene Tier zu finden. Tischhauser mahnt: «Ich bekomme allen Ernstes Anfragen, ob man solche Halsbänder nicht auch Kindern anlegen könne, um sie zu schützen. Das sollte man tunlichst unterlassen. Es hat seinen Grund, dass sie nur für Tiere zugelassen sind.»

 

 

«Im Zeckenmagen leben bis zu 50 verschiedene Mikroorganismen. Es sind längst nicht alle erforscht, und so weiss man nicht genau, welche potenziell für Mensch oder Tier gefährlich sein könnten.»

Werner Tischhauser

Die Braune Hundezecke

Eine neue Zeckenart aus dem Mittelmeerraum hat sich in der Deutschschweiz ausgebreitet:die Braune Hundezecke. Hat sie sich erst festgesetzt, hilft nur noch der Schädlingsbekämpfer.

Die Braune Hundezecke (Rhipicephalus sanguineus) verdankt ihren Namen einer rötlich-braunen Färbung. Ursprünglich war dieser blutsaugende Parasit in Afrika heimisch. Heute aber lebt er im Mittelmeerraum, im Tessin und zunehmend auch in der Deutschschweiz.

Im Gegensatz zu unserer heimischen Zecke liebt es die Braune Hundezecke warm und trocken. Anders als der heimische Holzbock kann die Braune Hundezecke den gesamten Entwicklungszyklus in der trockenen Wohnungsluft durchlaufen. Sie hält sich in beheizten Wohnungen oder Zwingern beim Blutwirt (Hund) auf und vermehrt sich . Deshalb muss man unbedingt verhindern, dass sie sich dort festsetzt. Denn die Zecke kann auch für den Menschen zum Problem werden, wenn der Hund als Wirt fehlt, etwa weil er über längere Zeit mit einem Teil der Familie in den Ferien ist oder stirbt. Dann suchen die hungrigen Tierchen einen Ersatzwirt und saugen notfalls auch am Menschen. Die Braune Hundezecke kann verschiedene Krankheitserreger auf den Hund übertragen. So zum Beispiel «Babesia canis Vogeli», die sogenannte Hundemalaria, «Hepatozoon canis», den Erreger der Hepatozoonose, die nur behandelt, aber nicht vollständig geheilt werden kann, oder den bakteriellen Erreger «Ehrlichia canis», der das «Zeckenfieber» auslöst. Auf Menschen übertragbar ist das Bakterium «Rickettsia conorii», der Erreger des Boutonneuse-Fiebers. Die ersten Anzeichen dieser Krankheit sind eine schwarze, eitrige Kruste an der Einstichstelle, Lichtempfindlichkeit und hohes Fieber. Das Fieber muss mit Antibiotika behandelt werden.

Gewöhnlich wird die Braune Hundezecke im Fell von Hunden eingeschleppt, die Herrchen und Frauchen in die Ferien begleitet haben. Daher sollte schon am Ferienort regelmässig das Fell nach Zecken abgesucht werden, damit man sie nicht mit nach Hause schleppt. Hat sich die Zecke nämlich erst einmal ausreichend mit dem Blut des Hundes vollgesogen, legt sie bis zu 2000 Eier in Ritzen und Spalten oder hinter Wandverkleidungen. Nach zwei bis drei Wochen schlüpfen daraus Larven, die bis zu 80 Tage ohne Nahrung auskommen. Dies ist der Grund, warum man diese Zeckenart nur mithilfe eines Schädlingsbekämpfers wieder los wird. Er behandelt gezielt alle Ritzen und potenziellen Verstecke mit einem geeigneten Biozid oder Akarizid.