Online-Wohnungsindex OWI

Umzugswelle sorgt für freie Wohnungen – auch in Zürich

Innert Jahresfrist ist die Zahl ausgeschriebener Wohnungen schweizweit um 70 000 gestiegen – das zeigen die neuesten Daten.

von Adrian A.F. Spiess

MSc Economics, Volkswirtschafter beim HEV Schweiz

von Dr. Ivo Cathomen

Dr. oec. HSG, Stv. CEO SVIT Schweiz

von Dr. Rudolf Marty

Senior Wissenschaftlicher Mitarbeiter, Stv. Leiter Swiss Real Estate Institute

von Prof. Dr. Peter Ilg

Leiter Swiss Real Estate Institute, HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich

Erstmals seit drei Jahren nimmt die Zahl der online ausgeschriebenen Mietwohnungen wieder zu. Ende März 2025 waren auf Online-Portalen schweizweit 410 000 Wohnungen ausgeschrieben – gegenüber 340 000 im Vorjahr. Das entspricht einem Anstieg von 21 Prozent. Die durchschnittliche Insertionsdauer sank dagegen um vier Tage auf neu 23 Tage (vgl. Abbildung 1). Das heisst: Eine Wohnung war im Durchschnitt 23 Tage online, bevor sie vermietet wurde. Diese Entwicklung deutet auf eine wachsende Nachfrage nach Mietwohnungen hin. Das vergrösserte Angebot wurde vom Markt problemlos aufgenommen. Die Zahlen stammen aus der aktuellen OWI-Studie, die das Swiss Real Estate Institute im Auftrag von SVIT Schweiz, HEV Schweiz und dem Immobilienportal Newhome durchgeführt hat.

Gestiegenes Angebot durch vermehrte Umzüge

Die Analyse der empirisch erhobenen Daten zeigt, dass das gestiegene Angebot nicht durch erhöhte Bautätigkeit zustande gekommen ist, sondern durch vermehrte Umzüge der Mieterinnen und Mieter. Es gibt Hinweise auf eine Entladung aufgestauter Umzugswünsche. Die Zahl neu erstellter Wohnungen blieb 2023 weitgehend stabil. Offenbar haben viele umzugswillige Familien und Einzelpersonen ihrem gehegten Wunsch nach neuen vier Wänden Folge geleistet. Jede Wohnungskündigung bedeutet auch ein Marktangebot einer freien Wohnung, was den deutlichen Anstieg von 70 000 Einheiten zumindest teilweise erklärt.

Markus Meier, Direktor des HEV Schweiz, interpretiert die OWI-Studie so: «Mehr Inserate, kürzere Insertionszeiten. Das heisst, dass die Nachfrage das Angebot weiterhin deutlich übersteigt». Wer tiefere Mieten will, müsse endlich mehr bauen statt blockieren, ergänzt Meier. «Vorschriften schaffen keinen Wohnraum. Es braucht echte Lösungen. Mehr Flexibilität, mehr Tempo, mehr Bau – kurz: mehr Wohnraum», schliesst er.

Marcel Hug, CEO SVIT Schweiz, weist auf eine wichtige Bedingung für einen funktionierenden Wohnungsmarkt hin: «Wenn alle Umzugswünsche in Erfüllung gehen sollen, dann müsste das Angebot pro Jahr in der Grössenordnung von 10 bis 15 Prozent des Wohnungsbestands liegen», sagt er. Die Volksinitiative des Mieterverbands zur staatlichen Regulierung des Mietwohnungsmarkts sei darum kontraproduktiv, da sie den dringend erforderlichen Wohnungsneubau weiter bremse. «Eine Unterversorgung ist Sand im Getriebe des Transaktionsmarkts», sagt Hug weiter.

Deutliche regionale Unterschiede

In allen 26 Kantonen ist die Zahl der ausgeschriebenen Wohnungen gestiegen; in 23 zeigt sich eine Zunahme des Insertionsvolumens bei kürzeren Insertionszeiten. Nur drei Kantone (ZG, SZ, ZH) verzeichnen längere Insertionszeiten, wobei diese weniger als 20 Tage betragen und somit klar unter dem Schweizer Schnitt von 23 Tagen liegen. Der Kanton Zug verzeichnet mit einer Ausschreibungszeit von nur 12 Tagen erneut die kürzeste Insertionszeit der Schweiz. Stark rückläufige Insertionszeiten verzeichnen die drei Kantone Appenzell Ausserrhoden, Solothurn und Tessin. Ein Überangebot an Mietwohnungen besteht in den beiden Westschweizer Kantonen Neuenburg und Jura mit Insertionszeiten von 38 respektive 49 Tagen. Wenig verwunderlich ist, dass Kantone mit kurzen Insertionszeiten wie Zürich, Genf und Zug ein hohes Mietzinsniveau aufweisen gegenüber Kantonen mit entspannten Mietwohnungsmärkten wie Neuenburg und Jura.

Gemäss Roman Timm, CEO Newhome, verdeutlichen die Studienergebnisse die Dynamik auf dem Mietwohnungsmarkt. Die regionalen Unterschiede werden klar sichtbar. Timm beobachtet eine Entwicklung bei Online-Portalen: «Dies spiegelt sich in der unterschiedlichen Zunahme von Suchabos auf unserem Immobilienportal.» Die Anzahl Suchabos sind neben der Insertionsdauer ein wichtiger Indikator für die regionale Nachfrage, schliesst Timm.

Weitere Entspannung in der Stadt Zürich

Die Wohnungsknappheit ist gemessen an der Insertionsdauer von nur 10 Tagen in der vergleichsweise kleinen Stadt Chur am ausgeprägtesten (Abbildung 2). Das Wohnungsangebot in Chur hat sich infolge reger Umzugstätigkeit und grosser Neubauprojekte gegenüber der Vergleichsperiode von 600 auf 1200 Ausschreibungen verdoppelt. Das bringt zwar eine leichte Entspannung, aber noch keine Abkühlung des überhitzten Churer Mietwohnungsmarktes. In Winterthur, Genf und Luzern ist die Lage auch reichlich angespannt.

Die empirische OWI-Studie offenbart ein unerwartetes Ergebnis: Die Anspannung in der Stadt Zürich hat sich im Vergleich zu den zwei vorangegangenen Perioden deutlich gelöst. Obwohl Zürich mit Wohnungs-Demonstrationen und Schlagzeilen zum Mietwesen die Medien beherrscht, liegt die Limmatstadt mit einer Insertionsdauer von 18 Tagen nur im Mittelfeld der untersuchten Städte. Im vergangenen Jahrzehnt gehörte Zürich noch zu den Städten mit der stärksten Anspannung auf dem Mietwohnungsmarkt. Über 23 300 inserierte Wohnungen verzeichnete Zürich Ende März 2025. Dies ist ein sattes Plus von 41 Prozent und gleichzeitig der höchste Stand seit Aufzeichnungsbeginn 2017. Das massiv gewachsene Angebot kam vor allem aufgrund von mehr Umzügen zustande. Der Zuwachs des Angebots verteilt sich auf alle Preissegmente. Inzwischen erfordert die Vermietung von Wohnungen in der Stadt Zürich sogar mehr Geduld als im restlichen Kanton Zürich.

In allen untersuchten Städten suchen Mieterinnen und Mieter vermehrt kleinere und damit auch mehrheitlich günstigere Mietwohnungen. Bei grossen und teuren Wohnungen mit fünf und mehr Zimmern weisen die Städte Freiburg, Basel, Lausanne und Winterthur eine abnehmende Nachfrage auf. 

Über den Online-Wohnungsindex OWI

Der OWI Online-Wohnungsindex erfasst statistisch die Anzahl der im Internet ausgeschriebenen Mietwohnungen in der Schweiz. Der Index wird vom Swiss Real Estate Institute (SwissREI) erstellt im Auftrag des Hauseigentümerverbands Schweiz (HEV Schweiz), des Schweizerischen Verbands der Immobilienwirtschaft (SVIT Schweiz) und des Immobilienportals Newhome. Die jährlich publizierte Studie basiert auf der Auswertung der Online-Inserate von Mietwohnungen der führenden Immobilienportale in der Schweiz. Die Marktabdeckung beträgt über 80 Prozent.