Die Vorstossflut in Bundesbern ist drastisch: Reichten die 246 National- und Ständeräte vor 30 Jahren noch rund 700 Vorstösse pro Jahr ein, sind es heute bereits gegen 2000. Dies ist nicht nur mit bürokratischem Aufwand, sondern auch mit Kosten verbunden: Die Behandlung eines Vorstosses kostet im Schnitt über 6000 Franken – Folgekosten nicht miteingerechnet.
Besonders beliebt sind in linken Kreisen Vorstösse mit Forderungen nach weiteren staatlichen Eingriffen in den Wohnungsmarkt. So verlangte der Genfer Ständerat Carlo Sommaruga, Präsident des Mieterverbands, kürzlich mit einer Motion, dass Mietzinserhöhungen aufgrund von Änderungen des Referenzzinssatzes stark begrenzt werden, solange die durchschnittliche Inflation über die letzten zwölf Monate über 1,5 oder 2 Prozent liegt.
Sommaruga will quasi mitten im Spiel die Spielregeln ändern – dies ist weder fair noch sinnvoll. Es ist gerade auch der von Sommaruga präsidierte Mieterverband, der unablässig Kostenmieten verlangt. Nachdem die Kosten nun zum ersten Mal seit 2008 gestiegen sind, findet der Mieterverband die Koppelung von Mietzinsen und Kosten – in diesem Fall die Kosten für die Hypothekarzinsen – plötzlich nicht mehr gut. Als der hypothekarische Referenzzinssatz kontinuierlich sank, störte sich niemand an der geltenden Regelung. Hauseigentümer sind bereits seit September 2022 mit steigenden Zinsen konfrontiert, der hypothekarische Referenzzinssatz für die Mieten wurde hingegen erst im Juni 2023 angepasst. Dass die Mieter – mit einiger Verzögerung – nun die gestiegenen Wohnkosten mittragen müssen, ist durchaus fair. Denn die Mieten steigen nur dort, wo sie in den letzten 15 Jahren entsprechend dem hypothekarischen Referenzzinssatz kontinuierlich nach unten angepasst wurden, sowie dort, wo der Mietvertrag nach dem 3. März 2020 unterzeichnet wurde.
Dass die Mieten in der Schweiz an den hypothekarischen Referenzzins gekoppelt sind, führte dazu, dass Leute in bestehenden Mietverhältnissen in den vergangenen Jahren immer weniger bezahlen mussten. Mit Preissteigerungen waren namentlich Personen konfrontiert, die eine neue Wohnung suchten. Jetzt trifft der gestiegene Referenzzinssatz ausnahmsweise die Bestandesmieten. Diese sind aber nach wie vor deutlich günstiger als Neumieten.
Im Übrigen befeuern höhere Mietzinse nicht automatisch die Inflation. Da man jeden Franken nur einmal ausgeben kann, dämpfen höhere Mietzinse die allgemeine Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen, was zur Bekämpfung der Inflation beitragen kann. Zudem ist der Effekt von Zinserhöhungen auf die Mieten bekannt, und das Wissen um diesen Zusammenhang fliesst jeweils in den Zinsentscheid der SNB ein.
Das eigentliche Ziel dieser Motion ist die Umverteilung von privaten Eigentümern zu Mietern. Die gestiegenen Wohnkosten sowie die Inflation sollen ausschliesslich von den Hauseigentümern getragen werden. Das ist inakzeptabel. Der Ständerat hat dies erkannt und die Motion mit deutlicher Mehrheit abgelehnt. Sie ist daher erledigt, weitere folgen allerdings …
«Als der Referenzzinssatz ständig sank, störte sich niemand an der geltenden Regelung.»