Solarenergie

Solarstrom aus dem Boden

Die Solarbranche geht neue Wege und entwickelt innovative Solarbodenplatten aus recyceltem Plastik. Die begeh- und befahrbaren Platten sind auch in der Schweiz erhältlich. Wir haben mit Jessica Müller gesprochen, Geschäftsführerin des Generalimporteurs.

Der Schweizerische Hauseigentümer: Frau Müller, wie sind Sie auf die Solarbodenplatte gekommen?

Jessica Müller: Mein Vater führt seit einigen Jahren einen erfolgreichen Vertrieb für besondere Solarprodukte in Deutschland. Er hat die DACH-Länder unter sich und wollte einen separaten Vertrieb für die Schweiz. Diesen habe ich aufgebaut. So kann ich auf seine Expertise zurückgreifen und mich neben meinen Kindern voll auf meine Firma konzentrieren.

Was hat Sie anfänglich an dem Produkt begeistert?

Jessica Müller: Mich hat die einfache Handhabung und die Vielseitigkeit in der Verwendung begeistert. Die Platten können z.B. auch in Mietwohnungen verlegt werden, da man sie wieder ausbauen und mitnehmen kann. Man muss nur einen optimalen Platz finden, der gut besonnt ist wie den Garten, den Balkon, einen Gehweg oder einen Parkplatz.

Wo findet das Produkt noch Anwendung?

Jessica Müller: Grundsätzlich überall dort, wo tagsüber nicht dauerhaft Gegenstände oder Fahrzeuge stehen: Parkplätze und Zufahrten, Gehwege, Velowege, diverse öffentliche und private Flächen, Terrassen, Balkone, Schwimmbadumrandungen u.v.m. Auch bei denkmalgeschützten Bauten kann es um einiges einfacher sein, Solarbodenplatten genehmigt zu bekommen, da sie ein neutrales und dezentes Erscheinungsbild ergeben und an der Gebäudehülle nichts verändert wird.

Was passiert, wenn ein Auto auf den Platten steht oder Schmutz darauf liegt?

Jessica Müller: Eine Teilverschattung ist kein Problem. Jede Platte verfügt über eine Bypass-Diode, welche die verschattete Platte einfach auslässt und so weiterhin Strom produziert. Die Platten sind auch sehr wartungsarm: Es genügt, wenn sie besenrein gehalten werden. Zudem sind sie vandalismussicher und halten z.B. auch Hagel stand.

Das heisst, selbst wenn grössere Fahrzeuge draufstehen, gehen die Platten nicht kaputt?

Jessica Müller: Ja, denn jede Platte hält zwei Tonnen Radlast stand. Dennoch sollte man keine sehr grossen Lastwagen darauf parken. Grundsätzlich gibt der Hersteller fünf Jahre Produktgarantie.

Wie muss man sich den Einbau vorstellen, und wer kann diesen ausführen?

Jessica Müller: Die Platten sind speziell als «Plug & Play»-System konzipiert. Man sollte vorgängig einen Stringplan entwerfen. Danach müssen nur noch die Plus- und Minuskabel zusammengeklemmt werden. Diesen Schritt kann jeder Gartenbauer, Bodenleger etc. ausführen. Wer handwerklich begabt ist, kann es auch selbst machen. Die Installation im Haus muss jedoch zwingend von einem Elektriker übernommen werden, wegen der Garantie.

Braucht es eine Baueingabe für solch ein Produkt?

Jessica Müller: Es wird empfohlen, sich vorgängig bei der Gemeinde zu erkundigen, ob eine Baueingabe nötig ist. Je nach Bauzone kommt man leider nicht darum herum. Für derartig neue Produkte braucht es in der Schweiz meist etwas Anlaufzeit, bis das Vertrauen hergestellt ist.

Gibt es schon aussagefähige Installationen bzw. Anwendungen im Ausland?

Jessica Müller: Weltweit besteht sehr grosses Interesse an den Platten. In Wien hat eine 100 m2-Parkplatzanlage den ersten Platz des Solarinnovationspreises gewonnen. In Asien entsteht gerade auf einem Hochhaus eine Dachterrasse mit mehreren hundert Quadratmetern, die mit Solarbodenplatten bestückt werden. Grundsätzlich kann man sagen, dass es für die Bodenplatten im privaten, gewerblichen und öffentlichen Raum sehr viel Potenzial gibt. Auch in der Schweiz erreichen uns immer mehr Anfragen, weil das Produkt langsam an Bekanntheit gewinnt.

Nun zu den technischen Daten: Wie viel kann eine solche Anlage produzieren?

Jessica Müller: Pro Quadratmeter liegt man zwischen 160-180 Watt Peak (Wp). Unsere eigene Anlage zu Hause hat eine installierte Leistung von 2,1 Killowattpeak (Kwp). An guten Tagen produzieren wir zwischen 6-8 Kilowattstunden (Kw/h), was uns zu 60-80 % autark macht. Dies ist aber von Projekt zu Projekt unterschiedlich, weil der Verbrauch sehr individuell ist. Wir sind ein Vierpersonenhaushalt (Neubau) mit knapp 200 m2 Wohnfläche. Durch die horizontale Verlegung der Platten ist die Produktion im Winter jedoch deutlich geringer.

Und nun zum Preis: Was muss man sich als Kunde preislich vorstellen?

Jessica Müller: Dies ist individuell, da der Bauaufwand jeweils sehr unterschiedlich ist. Grundsätzlich handelt es sich bei den Solarbodenplatten um ein Produkt im oberen Preis-segment. Die Platten haben nicht nur eine, sondern gleich zwei Funktionen: Sie sind Bodenbelag und Solaranlage zugleich. Die Platten werden in einem speziellen Verfahren hergestellt. Der Rahmen besteht aus 100 % recyceltem Plastik und wird in Europa gefertigt. Dies macht das Produkt auf mehreren Ebenen ökologisch. Man kann sagen, dass es preislich circa doppelt so viel kostet wie eine Photovoltaik-Dachanlage (je nach Hersteller). Auch bezüglich der Leistung muss man kleine Abstriche in Kauf nehmen: Eine Dachanlage erzeugt im Jahresdurchschnitt circa 20 % mehr Ertrag als die Bodenplatten, denn sie hat meist eine optimalere Ausrichtung als die horizontal verlegten Platten.

«Es gibt allgemein sehr viel Potenzial für die Bodenplatten.»

Jessica Müller

«Die Platten haben zwei Funktionen: Sie sind Bodenbelag und Solaranlage zugleich.»

Jessica Müller

Kilowattpeak (kWp): Bezeichnet die Spitzenleistung einer Photovoltaik-Anlage in Kilowatt.

 

Watt Peak (Wp): Bezeichnet die Spitzenleistung einer Photovoltaik-Anlage in Watt. Da die meisten Anlagen Werte von mehr als 1000 Watt Peak erreichen, wird die Angabe vereinfacht und in kWp angegeben. 1000 Watt entsprechen 1 Kilowatt.