Heizungsersatz

Neue Wärme für das alte Wirtshaus

In Heiden AR wurde das Gasthaus «Zum Schützengarten» behutsam saniert. Das frühere Restaurant bietet nun Wohnungen und einen Co-Working-Space. Geheizt wird mit einer elegant in die alte Bausubstanz integrierten Luft-Wasser-Wärmepumpe.

von Michael Staub

Journalist BR, Kriens

Die 2020 gegründete Wohnbaugenossenschaft «Anders Wohnen» will alte und junge Menschen ansprechen. Dafür setzt sie einerseits auf Neubauten, andererseits auf die Sanierung bestehender Bauten. So hybrid wie der bisherige Gebäudepark ist auch die Organisation. Ursprünglich war eine klassische Genossenschaft mit Mieterinnen und Mietern geplant. «Das hat aus Finanzierungsgründen nicht geklappt. Deshalb sind wir auf ein anderes Modell umgeschwenkt», berichtet Valentin Surber. Er ist Architekt und Gründungsmitglied von «Anders Wohnen». Die gewählte Struktur ist interessant: Für die Wohnungen gilt das Stockwerkeigentümermodell. Doch die gemeinschaftlichen Räume und Anlagen, so etwa die Gärten, die Werkstatt, der Gemeinschaftsraum oder die Garagen, sind im Besitz der Genossenschaft. «So können wir die Idee eines gemeinschaftlichen, verbindlichen Zusammenlebens garantieren», sagt Valentin Surber.

Neues und Altes

Von 2021 bis 2023 erstellte «Anders Wohnen» zwei Neubauten mit insgesamt zehn Wohnungen. Die Vollholzbauten mit dachintegrierter Photovoltaik stehen an einer Hanglage. Der Ausbau der Wohnungen erfolgte gemäss den Wünschen der Eigentümerschaften. Diesen Herbst beginnt nun das zweite Kapitel. Unterhalb der Neubauten, an der Schützengasse, wurde das Gasthaus «Zum Schützengarten» saniert. Der Bau wurde um 1860 erstellt und lange als Restaurant und Pension genutzt. 2012 gab die Wirtin den Betrieb aus Altersgründen auf, danach stand das Gebäude leer. Bei der Instandsetzung und Modernisierung wurden unter anderem eine Aussenmauer neu aufgebaut und die westseitigen Fassaden erneuert. Nach Abschluss der sorgfältigen Arbeiten erstrahlt das Gasthaus nun in neuem Glanz. Der frühere Kellerraum im strassenseitigen Erdgeschoss ist zum Co-Working-Space geworden. Auf der Rückseite des Gebäudes befinden sich Lager- und Technikräume, im ersten und zweiten Obergeschoss gibt es je eine Familienwohnung mit einer Wohnfläche von 125 Quadratmetern.

Vor dem Umbau besassen der «Schützengarten» und das direkt angebaute Nachbargebäude jeweils eine eigene Gasheizung. Für den Ersatz dieser Anlagen wurden verschiedene Varianten evaluiert. Michael Gemperle, zuständiger Projektleiter bei der H. Fatzer AG (St. Gallen), berichtet: «Zuerst prüften wir eine Erdsonden-Wärmepumpe. Dafür gab es jedoch keine Bewilligung, weil das Grundwasser hier bereits in 60 Metern Tiefe beginnt. Als Zweites erwogen wir eine hinter dem Haus aufgestellte Luft-Wasser-Wärmepumpe.» Wegen des unmittelbar hinter dem Haus ansteigenden Hangs hätte diese Variante aber grössere Erdarbeiten bedingt. Deshalb verfiel man auf eine innen aufgestellte Luft-Wasser-Wärmepumpe.

Grosse Heizleistung

Gewählt wurde eine «Aerotop S15.2» mit einer Heizleistung von 15 Kilowatt. Die Maschine steht im Technikraum auf einem übergrossen Betonfundament. Kein Baufehler, sondern eine Vorkehrung: Bei einem zukünftigen Ersatz in 15-20 Jahren fände auch eine grössere, schwerere Wärmepumpe Platz. Für den «Schützengarten», der seit der Sanierung sehr gut gedämmt wurde, wäre die Heizleistung zu gross. Doch die neue Anlage versorgt auch das unsanierte Nachbargebäude. «Technisch war das keine grosse Sache. Wir haben drei Heizgruppen angehängt. Eine mit Fussbodenheizung für den neuen Co-Working-Space, eine mit Niedertemperatur-Radiatoren für den Schützengarten und eine dritte mit Hochtemperatur-Radiatoren für den Altbau», sagt Michael Gemperle. Neben der Heizwärmeversorgung übernimmt die Wärmepumpe auch die Warmwasseraufbereitung für beide Gebäude. Das Nachbargebäude, das derzeit von der Gemeinde als Flüchtlingsunterkunft genutzt wird, will die Genossenschaft «Anders Wohnen» mittelfristig ebenfalls sanieren.

Ungeplantes Weihnachtswunder

In der Gemeinde Heiden gab es mit Luft-Wasser-Wärmepumpen «einige schlechte Erfahrungen bezüglich Schallschutz», wie Michael Gemperle sagt. Deshalb legte man beim Projekt grossen Wert auf besonders gute Schallwerte. Erreicht wird dies mit Kulissenschalldämpfern in den Luftkanälen. Diese Kanalanlage ist, wie oft bei Sanierungsprojekten, relativ aufwendig (siehe Hauseigentümer 20/2024). Zwischen den alten Eingangstüren auf der Rückseite des Gebäudes befindet sich ein neuer Betonschacht. Durch ihn wird die Luft angesaugt und zur Wärmepumpe geführt. Hier gibt die Luft einen Teil ihrer enthaltenen Wärme ab und wird auf die Vorderseite des Gebäudes geführt. Durch ein Wetterschutzgitter in der strassenseitigen Fassade wird die Luft wieder ausgeblasen. Eine akustisch ideale Lösung – im Verkehrslärm geht das Geräusch vollständig unter, und sämtliche Abstände zu Nachbarparzellen können problemlos eingehalten werden. Dank der farblich perfekten Integration des Gitters fällt die «neumödige» Heizungsanlage nicht weiter auf.

Das gut vorbereite Projekt hätte im Frühling 2025 umgesetzt werden sollen. Doch die altersschwache Gasheizung gab just im November 2024 ihren Geist auf. «Zum Glück hatten wir bereits die Baubewilligung. Wir installierten sofort eine Notheizung für den Schützengarten und gaben auf der Baustelle Vollgas. Die Bauarbeiten liefen gut, wenn auch in einer feuchteren und kälteren Witterung als gewünscht. Aber just vor Weihnachten konnten wir die neue Wärmepumpenheizung in Betrieb nehmen, und seitdem funktioniert sie anstandslos», sagt Michael Gemperle. Ein Ausfall der Heizung kurz vor Weihnachten sei übrigens gar nicht selten, merkt der Installateur an: «Eine frühzeitige Planung lohnt sich immer. Es ist einfacher, ein bewilligtes Projekt umzusetzen, als unter Zeitdruck eine bewilligungsfähige Lösung finden zu müssen.»

Gut vereinbar

Die technische Beratung übernahm Marco Pattaro, Verkaufsberater bei Elco. Der Wärmepumpen-Spezialist, der am Fototermin leider nicht teilnehmen konnte, weist auf zwei interessante Punkte hin: «Denkmalschutz und Wärmepumpe werden häufig als Opponenten betrachtet. Aus Sicht der Technik sowie der Architektur ist es aber möglich, überzeugende Lösungen wie hier im Schützengarten zu finden.» Auch bezüglich komplexer Wohn- oder Bausituationen müsse man sich nur selten Sorgen machen: «Wir haben hier ein tipptopp saniertes wie auch ein noch unsaniertes Gebäude. Doch beide können denselben Wärmeerzeuger nutzen. Ein Heizungsersatz lohnt sich auch bei etappierten Sanierungen.» Mit dem Ergebnis ist Valentin Surber ebenfalls zufrieden: «Am Anfang wurde ein Ersatzneubau diskutiert. Doch viele haben sich für den Erhalt der Bausubstanz und der schönen Fassaden eingesetzt. Ich bin sehr glücklich, dass wir uns für den Umbau entschieden haben. Das Haus konnte für die nächsten Generationen gerettet werden, viel graue Energie wurde vermieden. Das gesamte Bauprojekt wie auch die Heizungssanierung haben hervorragend geklappt.»

Projektdaten

Alte Heizungslösung

Zwei Gasheizungen mit 8 respektive 6 Kilowatt Leistung für Raumwärme und Warmwasser.

 

Neue Heizungslösung

Innen aufgestellte Luft-Wasser-Wärmepumpe Elco Aerotop S15.2. Pufferspeicher für Heizung (Volumen 400 Liter), Warmwasserspeicher (Volumen 500 Liter). Wärmeverteilung über zwei Heizgruppen (Schützengarten: Niedrigtemperatur-Fussbodenheizung, Altbau: Hochtemperatur-Heizkörper).

 

Architektur

Valentin Surber Architektur ETH SIA GmbH, St. Gallen

 

Installation

H. Fatzer AG, St. Gallen

 

Beratung

Elcotherm AG, Regionalcenter Winterthur