Seit dem 16. August 2022 ist klar, dass auch die Mehrheit der nationalrätlichen Kommission für Wirtschaft und Abgaben (WAK-N) den Handlungsbedarf in Sachen Eigenmietwert wiederholt und deutlich konstatiert hat und handeln will. Der Ständerat hatte sich bereits anlässlich der Sommersession 2021 für einen verfassungskonformen Systemwechsel ausgesprochen, indem ein reduzierter und begrenzter Abzug für private Schuldzinsen in Höhe von 70 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge weiterhin zulässig sein soll. Um auch jungen Familien und weniger Begüterten den Kauf von Wohneigentum zu erleichtern, schlägt der Ständerat einen beschränkten «Ersterwerberabzug» bei den Hypothekarzinsen vor.
Der HEV Schweiz unterstützt die ausgewogene Vorlage des Ständerates. Die Vorlage der WAK-N geht jedoch in einigen Punkten weiter als jene des Ständerates: Die Mehrheit der WAK-N will einen Unterhaltskostenabzug beibehalten. Ein Abzug solcher Gewinnungskosten ist aus Sicht des HEV Schweiz aus dem steuersystematischen Blickwinkel aber nur dann angebracht, wenn im Gegenzug ein Ertrag – z. B. bei Zweit- und Renditeliegenschaften – erwirtschaftet wird. Fällt die Eigenmiete beim Erstwohnsitz, müssen systemkonform grundsätzlich auch die Abzüge von Gewinnungskosten fallen.
Schuldzinsabzug
Zudem beantragt die WAK-N einen privaten Schuldzinsabzug in Höhe von 100 Prozent statt nur 70 Prozent der steuerbaren Vermögenserträge und streicht den vorgesehenen Schuldzinsabzug für Ersterwerber. Zur Förderung von Wohneigentum, wie es Art. 108 Abs. 1 BV fordert, ist eine Begrenzung des privaten Schuldzinsabzugs und die Einführung eines Schuldzinsabzugs für Ersterwerber aber dringend nötig. Besonders Neuerwerber investieren ihr gesamtes Kapital in die Immobilie. Sie haben damit in den meisten Fällen keine steuerbaren Vermögenserträge und können keinerlei private Schuldzinsen abziehen.
Damit wird nach Ansicht des HEV Schweiz «das Fuder überladen». Eine derart «angereicherte» Vorlage erscheint als politisch chancenlos. Der HEV Schweiz wird sich weiterhin für eine system- und verfassungskonforme Vorlage analog dem Entscheid des Ständerates einsetzen, um die Abschaffung der Strafsteuer für Wohneigentümer nicht zu gefährden.
Der HEV Schweiz zeigt sich erfreut, dass die Kommission für einen Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung votiert. Die ebenfalls thematisierte generelle Beschränkung der «Eigenmietwert-Steuer» auf 60 Prozent der Marktmiete wäre hingegen pure Augenwischerei gewesen. Die Probleme – administrativer Aufwand, Einsprachen und Verfahren, Unmut und Unverständnis, problematische Verschuldungsanreize, Gefahr der Altersvorsorge etc. – wären unverändert bestehen geblieben. HEV Schweiz
Mit den Forderungen der WAK-N wird nach Ansicht des HEV Schweiz «das Fuder überladen». Eine derart «angereicherte» Vorlage erscheint als politisch chancenlos.
Eigenmietwert-Abschaffung
Der HEV Schweiz wird sich weiterhin für eine system- und verfassungskonforme Vorlage einsetzen und in der Zeitung «Der Schweizerische Hauseigentümer» sowie online über Entwicklungen berichten. Auf der HEV-Schweiz-Website finden sich Unterlagen, Medienmitteilungen und weitere Infos zum Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung:
Wie geht es weiter?
Systemwechsel bei der Wohneigentumsbesteuerung.
Gemäss Programm der Herbstsession wird die Vorlage am 29. September 2022 im Nationalrat beraten.
Sofern der zu fällende Nationalratsbeschluss von jenem des Ständerats abweichen wird – wovon ausgegangen werden muss –, geht die Vorlage in das sogenannte Differenzbereinigungsverfahren. Dort werden die entsprechenden Punkte bis zu dreimal in beiden Räten beraten. Wenn sich die beiden Räte auch nach drei Differenzberatungen nicht einigen können, findet eine Einigungskonferenz statt, die aus Mitgliedern der vorberatenden Kommissionen (hier: Kommissionen für Wirtschaft und Abgaben) zusammengesetzt wird. Eine dort beschlossene Vorlage wird dann abermals beiden Räten unterbreitet.
Verabschiedet das Parlament danach einen Gesetzesentwurf, besteht die Möglichkeit, dass dagegen das (fakultative) Referendum ergriffen werden könnte. Werden die dafür erforderlichen 50 000 gültigen Unterschriften innert 100 Tagen gesammelt, muss die Gesetzesvorlage dem Stimmvolk zur Abstimmung an der Urne unterbreitet werden.
Der HEV Schweiz wird die weiteren Entwicklungen mit höchster Aufmerksamkeit begleiten und laufend darüber berichten.