Der Schweizerische Hauseigentümer: In den Sommerferien zieht es viele in den Süden. Kommt man mit einem E-Auto wirklich in Apulien & Co. an?
Peter Schmid: Natürlich kommen Sie mit dem Elektroauto bis nach Süditalien, aber: Sie müssen Ihre Reise im Vorfeld aktiv und besser planen als mit einem Benziner oder Dieselauto. Elektrisch fahren bedingt vorausschauendes Denken – Ladestopps müssen eingeplant werden. Dann klappt es mit der Reise in den Süden.
Die eingeschränkte Reichweite ist wohl die grösste Angst beim Elektrischfahren?
Ja, das Thema Reichweite beschäftigt Autofahrerinnen und -fahrer definitiv am meisten. Gemäss einer Studie des Bundesamts für Statistik (BFS) legen Schweizer Autolenker aber durchschnittlich pro Tag nur eine Strecke von rund 38 km zurück. Dafür werden 8 kWh Energie benötigt, die an einer Heimladestation mit einer Ladeleistung von 11 kW in 45 Minuten geladen sind, an einer Schnellladestation in nur 10 Minuten. Die Angst, nicht anzukommen, ist also im Alltag für viele unbegründet.
Neben der Reichweite werde ich häufig gefragt, wie ökologisch ein E-Auto ist und welche Lademöglichkeiten es dafür gibt – unterwegs wie auch zu Hause. Gerade seitens Stockwerkeigentümergemeinschaften tauchen Fragen auf. Denn neben Einstellhallen bei Mietshäusern kann es auch bei Garagen von Stockwerkeigentümergemeinschaften herausfordernd sein, eine passende Ladeinfrastrukturlösung zu finden.
Welchen Trends sehen wir in der E-Mobilität entgegen?
Ein Trend ist die Elektrifizierung weiterer Segmente. Automobilhersteller werden ihre Modellpalette für elektrisch angetriebene Fahrzeuge ausbauen. Ein anderer ist die kontinuierliche Verbesserung der Batterietechnologie. Heute und in den nächsten fünf bis zehn Jahren dominieren noch Lithium-Ionen-Batterien. Jedoch wird zurzeit intensiv geforscht – in Zukunft sollen Festkörperbatterien eingesetzt werden. Diese verfügen über eine höhere Energiedichte und ermöglichen mehr Reichweite und kürzere Ladezeiten als Lithium-Ionen-Akkus.
Zudem wird uns in Zukunft die Frage beschäftigen, woher die Energie für das E-Auto stammt. Ebenso, wie sich das Auto als Energiespeicher nutzen lässt und zur Netzstabilität beitragen kann. Bidirektionales Laden ist zentral. Ein Auto steht im Schnitt 23 Stunden pro Tag. Wie kann das Auto in dieser Zeit intelligent genutzt werden? Und wie überzeugt man E-Autofahrer, ihr Steckerfahrzeug für das öffentliche Netz zur Verfügung zu stellen? Diesbezüglich wird es interessante neue Geschäftsideen geben.
Stichwort Stromknappheit – was passiert mit all den Elektroautos?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass es in der Schweiz zu einem grossflächigen Blackout kommen wird. Aber klar, Stromknappheit ist aktuell ein sehr wichtiges Thema. Im schlimmsten Fall müsste ein E-Auto bei temporären Lastspitzen vom Netz genommen werden. Ein Lastabwurf bei Überlast im Netz ist teilweise bereits vorgeschrieben. Damit wird ein Ladevorgang kontrolliert heruntergefahren und pausiert. Der Netzbetreiber hat in kritischen Netzsituationen die Möglichkeit, Lasten vom Netz zu trennen, um einen grossflächigen Stromausfall zu vermeiden.
Ausblick: Ein Ziel der «Roadmap Elektromobilität» des Bundes ist, dass bis 2025 50 Prozent aller neu zugelassenen Autos Steckerfahrzeuge sind. Was ist mit Wasserstoff als Antrieb?
Wasserstoff ist als Antrieb für PKWs ineffizienter als Strom. Ein wasserstoffbetriebenes E-Auto kommt auf einen Wirkungsgrad von ca. 30 Prozent, ein Elektromotor hat einen Wirkungsgrad von 90 Prozent. Entsprechend denke ich nicht, dass sich Wasserstoff für PKWs durchsetzen wird – eher in der Aviatik oder Schifffahrt. Interessant ist Wasserstoff aber als Speichermedium für überschüssige Energie.
Im Hinblick auf das Ziel der «Roadmap Elektromobilität» ist es wichtig, dass bis 2025 auch die Zuverlässigkeit von öffentlichen E-Ladestationen zunimmt. Zudem empfehle ich allen Beteiligten, in Sachen Ladestationen in Einstellgaragen proaktiv zu sein.
Das Interview führten Stefan Aeschi, Experte Bau- und Energietechnik, und Yvonne Lemmer, Redaktorin, HEV Schweiz
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