Bundespolitik

Leerkündigungen bei Bauvorhaben

von aNR Hans Egloff

Präsident HEV Schweiz

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Mehrere Vorstösse von Exponenten des Mieterinnen- und Mieterverbandes verlangen eine Änderung des Obligationenrechts, um Mietende bei Bauvorhaben vor Leerkündigungen zu schützen. Verbote oder lange, komplizierte und bürokratische Prozeduren sollen Leerkündigungen in Zukunft verhindern.

Haltung des Bundesrats

Was auf den ersten Blick vernünftig erscheint, löst langfristig weder das Problem der Mietenden noch jenes der Hauseigentümer. Denn für das Erreichen der Energiesparziele als auch der Verdichtung nach innen müssen Liegenschaften umfassend saniert oder ersetzt werden können. Ein Ausbau des Mieterschutzes verzögert lediglich die dringend notwendigen Gebäudesanierungen und verursacht zusätzlichen finanziellen und administrativen Aufwand – sowohl für private Vermieter als auch für das Gemeinwesen.

Der Bundesrat hat sich schon mehrmals gegen diese Forderungen gestellt und deren Ablehnung beantragt. Die vorgeschlagenen Massnahmen seien zu aufwendig und komplex. Sie würden zudem nicht nur die Vertragsfreiheit der Vermieter gegenüber den Mietern einschränken, sondern auch die Ausübung des Eigentumsrechts selbst begrenzen. Auch der Ständerat hat eine entsprechende Motion bereits deutlich abgelehnt. Eine vorläufig letzte Motion von Nationalrat Christian Dandrès zu diesem Thema ist noch pendent, da sie vom Nationalrat noch nicht behandelt wurde. Der Bundesrat beantragt jedoch, auch diese Motion abzulehnen.

Grundsatz von Treu und Glauben

Das geltende Recht begrenzt bereits heute die Vertragsfreiheit der Parteien bei der Kündigung. Eine Kündigung ist anfechtbar, wenn sie gegen den Grundsatz von Treu und Glauben verstösst (Art. 271 Abs. 1 OR). Dies ist nach der Rechtsprechung dann der Fall, wenn die Kündigung ohne ein objektives, ernsthaftes und schützenswertes Interesse ausgesprochen wird, also aus reiner Schikane erfolgt. Wenn aber das Verbleiben der Mieter in den Wohnungen Erschwerungen, zusätzliche Kosten oder eine Verzögerung der Bauarbeiten nach sich zieht, verstösst die mit künftigen Arbeiten begründete Kündigung nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben.

Vermieter, die sämtliche Mietverhältnisse in einer Liegenschaft kündigen, tragen das Risiko von Leerständen und einer Veränderung des Zinssatzes. Kein rationaler Hauseigentümer würde dieses Risiko eingehen und sämtliche Mietverhältnisse beenden, wenn es bessere Alternativen gäbe.

Geltendes Recht genügt

Die betroffenen Mieter können die Kündigungen anfechten. Zudem prüft die zuständige Behörde von Amtes wegen, ob das Mietverhältnis erstreckt werden kann, wenn sie das Begehren des Mieters betreffend Anfechtung der Kündigung abweist (Art. 273 Abs. 5 OR). Gemäss den durch das Bundesamt für Wohnungswesen BWO veröffentlichten Statistiken der Schlichtungsverfahren wird eine Mehrheit der Verfahren, die Kündigungen betreffen, durch eine Einigung zwischen den Parteien beendet. Das geltende Recht trägt den betroffenen Interessen ausreichend Rechnung.

Aus diesen Gründen lehnt der HEV Schweiz diese Forderungen entschieden ab und wird auch die letzte noch pendente Motion von Nationalrat Christian Dandrès, Vorstandsmitglied des Mieterinnen- und Mieterverbandes, nach Kräften bekämpfen.

«Vermieter, die ihren Mietern kündigen, tragen das Risiko von Leerständen und einer Veränderung des Zinssatzes.»