Weinkühlschränke

In vino veritas

Gut Ding will Weile haben, heisst es. Dieser Weisheit begegnet man häufig im Zusammenhang mit der Lagerung edler Weine. Doch unter welchen Voraussetzungen reift guter Wein zur Bestform?

von Leonid Leiva

Conzept-B

 

 

Dass der Genuss von Wein erst nach jahrelanger Aufbewahrung im Weinkeller zur höchsten Freude wird, gilt oft als unanfechtbare Wahrheit. Allerdings profitieren bei Weitem nicht alle Weine von einer langfristigen Lagerung. Weiss- und Roséweine geniesst man in der Regel am besten jung. Das Gleiche gilt für die meisten Rotweine. Nur im relativ kleinen Segment der hochpreisigen Weine, die nach dem Keltern besonders reich an Extrakt und Gerbstoffen (Tanninen) sind, erweist sich die Lagerung über Jahre oder gar Jahrzehnte als vorteilhaft.

Chemische Prozesse

Die Komplexität der Reifung von Wein rührt zum Teil daher, dass viele verschiedene Reifeprozesse gleichzeitig, aber unterschiedlich schnell ablaufen. Dabei reagieren die zahlreichen Inhaltsstoffe des Weins nicht nur mit der Luft, sondern auch untereinander. Die Vielzahl an chemischen Reaktionen führt nur dann zu einem ausgewogen gereiften Wein, wenn die Umgebungstemperatur während der Lagerung mehr oder weniger konstant und im optimalen Bereich bleibt. Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Lichtschutz müssen unbedingt stimmen, damit die chemischen Prozesse, die während der Lagerung im Wein ablaufen, in einem für die Qualität förderlichen Bereich bleiben.

Zudem sollten Weinflaschen mit Korkenverschluss grundsätzlich waagerecht gelagert werden, damit der Korken stets von innen befeuchtet bleibt. Ein ausgetrockneter Korken büsst an Elastizität ein und wird über die Jahre spröde, was schliesslich dazu führen kann, dass zu viel Luft in die Flasche gelangt und der Wein zu stark oxidiert.

Auf das Wohlfühl-Klimakommt es an

Absolut unverzichtbar für eine qualitätssteigernde Lagerung ist das Einhalten der idealen Lagertemperatur. Generell empfiehlt es sich, den Wein möglichst bei einer Temperatur zwischen ca. 8 und 15 Grad zu lagern. Am besten und einfachsten lässt sich Wein in einem komplett unterirdisch gelegenen Keller aufbewahren, denn dort bleibt die Temperatur unabhängig von der Jahreszeit stabil und kühl, die Luftfeuchtigkeit ist akzeptabel und es gibt keine direkte Sonneneinstrahlung.

Wer nichts dem Zufall überlassen möchte, dem sei die Anschaffung eines Wein-Klimaschranks ans Herz gelegt. Die neueste Generation bietet hervorragende Lagerbedingungen, um erlesene Qualität langfristig zu schützen und zu erhalten. Die Klimaschränke verfügen oftmals über verschiedene Temperaturzonen für die unterschiedlichen Weinsorten, die Luftfeuchtigkeit wird konstant gehalten, Geräusche werden gedämpft, Vibrationen unterdrückt und Gerüche mittels Aktivkohle gefiltert. Zudem bieten sie blendfreie Beleuchtung und Schutz vor schädlichem UV-Licht. Es gibt sie als freistehende Schränke oder als Einbaugeräte in unterschiedlichen Grössen. Ziel dieser Geräte: eine langfristige Kellerumgebung erzeugen und für die perfekte Trinktemperatur sorgen.

Doch aufgepasst: Ein dünner, mittelmässiger Wein wird nicht besser, nur weil er unter perfekten Bedingungen gelagert wird. Aber ein herausragender Qualitätswein kann an Substanz und Qualität verlieren, wenn er nicht ideal gelagert wird.

 

Interview: In Weinkühlschränken sind Temperatur und Feuchtigkeit konstant

Zachary Levy ist Gastgeber des «NERI Cantina & Cucina» in Zürich. Tonangebend im Lokal ist der Wein, der aus einer Karte mit 180 verschiedenen Positionen oder direkt in der Cantina ausgesucht werden kann.

Zachary Levy, welcher ist Ihr Lieblingswein?

Mein «Lieblingswein›» ist immer noch unser Hausschaumwein Vadio Espumante Perpetuum. Dieser Schaumwein – ein Solera-Methode-Schaumwein, 14 Monate im Holzfass ausgebaut, aus der Bairrada-Region in Portugal – hat für mich den besten Überraschungs-Faktor. Ich bin in Frankreich aufgewachsen und finde, dass die Champagner-Region die besten Schaumweine der Welt hervorbringt. Aber der Espumante Perpetuum ist Weltklasse und kann sich problemlos mit den besten Champagner messen. Solche Weine anzubieten – das macht meinen Job interessant, dadurch darf ich unseren Gästen zeigen, wie tief und vielfältig die Weinwelt ist.

Auf welche Faktoren bei der Lagerung achten Sie?

Die Weine werden in unserem Walk-in-Weinkeller gelagert. Dieser befindet sich im Erdgeschoss und ist nur mit einer Glasschiebtür vom Restaurant getrennt. Der Weinkeller ist klimatisiert und wird konstant auf 16°C gehalten, was für die meisten Rotweine eine ideale Trinktemperatur ist. Wir haben keinen Weinkühlschrank, nur im Buffetbereich für die offenen Weine. Weissweinflaschen, die von unseren Gästen bestellt werden, werden mit unserem Fast-Chiller in wenigen Minuten runtergekühlt.

Welche Faktoren sind bei der Lagerung im privaten Haushalt zu beachten?

Wenn die Weine nur für ein paar Monate gelagert werden, würde ich mir nicht allzu viele Sorgen machen, solange die Lagertemperatur nicht über 25°C und unter 0°C liegt. Wenn jedoch Weine länger als drei Jahre gelagert werden sollen, dann empfiehlt sich ein kühler (8 bis 18°C) und dunkler Ort dafür. Die Luft sollte auch nicht zu trocken sein, da sonst die Zapfen mit den Jahren spröde werden.

Empfehlen Sie spezielle Weinkühlschränke zur Lagerung?

Weine sollen nicht zu lange in einem normalen Haushalt-Kühlschrank gelagert werden, da die Luftfeuchtigkeit niedrig ist und gewisse Bereiche oft zu kalt sind.

Deshalb sind Weinkühlschränke ideal, da dort sowohl die Temperatur als auch die Luftfeuchtigkeit konstant gehalten werden. Allerdings benötigen sie Platz, weshalb ich einen Keller bevorzuge. Fast alle Häuser und Wohnungen in der Schweiz haben einen Keller. Dieser ist normalerweise relativ feucht, dunkel, und die Temperatur bleibt ziemlich konstant – also ideale Bedingungen für eine unkomplizierte Lagerung.

Das Interview führte Leonid Leiva, Conzept-B