Steuern

Immobilie geerbt

Im vorliegenden Fall geht es um die Überbauung eines Grundstücks durch eine Erbengemeinschaft mit anschliessender Veräusserung oder Vermietung.

von Fabian Stritt

Steuerberater, BDO AG

Ausgangslage: Eine Erbengemeinschaft, die Eigentümerin einer Liegenschaft ist, beschliesst, das geerbte Haus abzureissen und auf dem Grundstück ein Mehrfamilienhaus zu erstellen, damit im Nachgang die einzelnen Wohnungen als Stockwerkeigentum veräussert oder vermietet werden können.

Vorab gilt es für die steuerliche Beurteilung zu unterscheiden, ob die Wohnungen als Privatvermögen oder Geschäftsvermögen gelten.

Steuerfolgen beim Verkauf der Wohnungen im Privatvermögen

Auf Stufe der Direkten Bundessteuer stellt ein Gewinn aus dem Liegenschaftsverkauf einen steuerfreien, privaten Kapitalgewinn dar. Auf Stufe der Kantons- und Gemeindesteuer wird eine Sondersteuer, die sogenannte Grundstückgewinnsteuer, erhoben. Dabei ist die Steuerbemessung und Belastung kantonal sehr unterschiedlich ausgestaltet. Massgebend ist die Gesetzgebung am Ort der gelegenen Sache. Wohnen die Erben beispielsweise im Kanton Aargau und die Wohnungen befinden sich im Kanton Zürich, wird die Grundstückgewinnsteuer im Kanton Zürich erhoben und abgerechnet. In der Steuerinformation «Besteuerung der Grundstückgewinne» der Schweizerischen Steuerkonferenz (SSK) finden Sie einen Überblick über die kantonalen Unterschiede. Das Dokument ist öffentlich zugänglich und via Internetsuche abrufbar.

Im Grundsatz kann festgehalten werden, dass die Grundstückgewinnsteuern beim damaligen Erbgang im Beispiel aufgeschoben wurden (Steueraufschub), wobei es Sonderbestimmungen in den Kantonen SH, NE und GE zu beachten gibt. Erst beim Verkauf der Wohnungen durch die Erbengemeinschaft werden die Grundstückgewinnsteuern fällig. Der steuerpflichtige Gewinn ergibt sich aus der Differenz zwischen dem Veräusserungserlös und den Anlagekosten. Darunter fallen insbesondere der Kaufpreis des Grundstücks, die Baukosten, Investitionen in die ursprüngliche Liegenschaft und die Verkaufsunkosten (Notar, Makler). Nicht anrechenbar sind die Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Erbgang (Grundbuchgebühren, Erbschaftssteuern). Liegt der Erwerb des veräusserten Grundstücks weit zurück, ist es oft schwierig oder unmöglich, den damaligen Kaufpreis festzustellen. Um die Veräusserer von Altbesitz nicht zu stark zu belasten und im Interesse einer effizienten Steuererhebung, enthalten die meisten Steuergesetze für diese Fälle Sonderregelungen, wie die Bestimmung des massgebenden Erwerbspreises zu erfolgen hat. Die effektive Steuerbelastung ergibt sich aus dem steuerbaren Grundstückgewinn und dem anwendbaren Steuertarif, wobei sich der Steuertarif nach der Besitzesdauer richtet. Je länger die Besitzesdauer, desto tiefer die Steuern.

Neben den Grundstückgewinnsteuern fallen je nach Kanton zusätzlich Handänderungssteuern und/oder Grundbuchgebühren an.

Vorsicht vor unerwarteten Steuerfolgen

Obige Ausgangslage birgt aber ein zusätzliches, nicht unerhebliches (steuerliches) Risiko:

Liegenschaften, die vor einem Erbgang im Privatvermögen stehen, behalten grundsätzlich ihren steuerlichen Status – auch nach dem Versterben des Erblassers. Wenn die Erben diese Liegenschaften nach dem Erbgang lediglich verkaufen, wird daraus nicht automatisch Geschäftsvermögen.

Besonders unangenehm für die Erben ist es jedoch, wenn alle Mitglieder der Erbengemeinschaft nach einem Verkauf zum Liegenschaftshändler werden und dadurch eine Umqualifikation des vermeintlichen Privatvermögens in Geschäftsvermögen stattfindet. Dies ist nicht nur wegen des Verkaufsgewinns des Immobilienbestandes der Erbengemeinschaft unangenehm, sondern auch weil sich diese Qualifikation auf alle späteren Liegenschaftsverkäufe und Erträge aus Liegenschaften der Erben auswirken kann, auch solche, die nicht mit der Erbengemeinschaft zusammenhängen.

Welche Faktoren können zur Umqualifikation einer Erbengemeinschaft führen?

Erstellen einer Überbauung auf der geerbten Landparzelle auf eigenen Namen und eigene Rechnung (Planmässigkeit).

Fremdfinanzierung dieser Überbauung (Einsatz erheblicher fremder Mittel).

Kurze Besitzdauer. Es wird in der Regel nicht auf die Haltedauer der ursprünglichen Landparzelle, sondern auf diejenige der Liegenschaft abgestellt.

Begründung von Stockwerkeigentum. In der Folge wird nicht nur eine einzige Immobilie verkauft, sondern diverse Stockwerkseinheiten. Jeder Verkauf zählt für sich.

Hat ein Erbe berufliche Nähe oder Branchenkenntnisse, so müssen sich das alle Erben anrechnen lassen (spezielle Fachkenntnisse).

Steuerfolgen beim Verkauf der Wohnungen im Geschäftsvermögen

Gewinne aus dem Verkauf von Grundstücken unterliegen der ordentlichen Einkommenssteuer, wenn sie aus dem Geschäftsvermögen eines Selbstständigerwerbenden stammen. Zur selbständigen Tätigkeit zählt auch der gewerbsmässige Liegenschaftshandel. Eine Gewerbsmässigkeit liegt vor, wenn die betreffende Tätigkeit über eine blosse Verwaltung des Privatvermögens hinausgeht und die oben aufgeführten Kriterien zumindest teilweise (und damit nicht kumulativ) erfüllt werden.

Die Kantone unterscheiden zwischen einem dualistischen und einem monistischen System. Dualistische Kantone besteuern den gesamten Veräusserungsgewinn aus der selbstständigen Tätigkeit gemeinsam mit dem übrigen Einkommen (LU, OW, GL, ZG, FR, SO, SH, AR, AI, SG, GR, AG, TG, VD, VS, NE, GE und Direkte Bundessteuer), monistische Kantone besteuern lediglich die wiedereingebrachten Abschreibungen mit dem übrigen Einkommen, der Wertzuwachsgewinn unterliegt der Grundstückgewinnsteuer (ZH, BE, UR, SZ, NW, BS, BL, TI, JU), wobei auf Stufe Direkte Bundessteuer weiterhin die Einkommenssteuer greift. Unabhängig von den kantonalen Lösungen werden auf Veräusserungsgewinne des Geschäftsvermögens Sozialversicherungsbeiträge erhoben (analog zum Einkommen aus einer selbstständigen Erwerbstätigkeit).

Steuerfolgen für vermietete Liegenschaften

Die Mietroherträge gehören zum steuerbaren Einkommen. Der Mietrohertrag ergibt sich aus den Bruttomieterträgen abzüglich der bezahlten Nebenkosten. Zusätzlich können die Liegenschaftsunterhaltskosten in Abzug gebracht werden, wobei eine Auswahl zwischen den effektiv angefallenen Kosten und einem Pauschalabzug besteht. Der Steuerwert der Liegenschaft ist beim steuerbaren Vermögen zu deklarieren. Die Hypothekarschulden und -zinsen können beim steuerbaren Vermögen bzw. beim steuerbaren Einkommen in Abzug gebracht werden. Die Aufteilung der Einkommens- und Vermögensfaktoren auf die einzelnen Erben erfolgt gemäss der Erbquote.

Steuerhotline

Steuern und Immobilien – beim HEV finden Sie Rat!

Wohneigentum wird auf vielfältige Art und Weise besteuert. So fallen im Zusammenhang mit einer Liegenschaft beispielsweise Handänderungs-, Grundstückgewinn- und Vermögenssteuern, Einkommens- oder Ertragssteuern und Mehrwertsteuern an. Umso wichtiger ist es, die zulässigen Abzüge zu kennen. Die Steuerspezialisten von BDO geben Ihnen Auskunft.

Am Donnerstag, 23. Februar 2023, 09.00–16.00 Uhr, beantworten die Steuer- und Immobilienspezialisten von BDO Ihre Fragen. Rufen Sie am 23. Februar 2023 an: Tel. 0800 438 438

Aus dem HEV Verlag

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Der HEV-Ratgeber richtet sich vorgängig an private Immobilieneigentümer und dient bei Steuerfragen als Nachschlagewerk sowie als leicht verständlicher Leitfaden. Er begleitet die fiktive Familie Miller beim Kauf, bei der Nutzung sowie beim Verkauf der Immobilie aus steuerlicher Perspektive. Der Ratgeber soll Immobilieneigentümer sensibilisieren, vor jedem Entscheid in Bezug auf die Immobilie auch die steuerlichen Aspekte gebührend zu berücksichtigen und in die Planung miteinzubeziehen.

 

Der Ratgeber wurde von Sibylle Merki, diplomierte Steuerexpertin, Master of Advanced Studies FH in Mehrwertsteuer, verfasst und 2022 von Sandro M. Hattemer, eidg. Diplomierter Steuerexperte, LL.M UZH International Tax Law, Executive MBA Universität Zürich, umfassend überarbeitet und aktualisiert. Beide Autoren verfügen über langjährige Erfahrung im Bereich Steuern und Immobilienfragen.

 

Überarbeitete Neuauflage 2022, «Immobilien-Wegweiser durch den Steuerdschungel», Sandro M. Hattemer (Neuauflage); Sibylle Merki (1. Auflage). Fr. 39.– für Mitglieder, Fr. 46.– für Nicht-Mitglieder, hev-shop.ch