Erneuerbar heizen

Heizungsersatz im Stockwerkeigentum

Bei Stockwerkeigentum kann es herausfordernd sein, eine Mehrheit für ein erneuerbares Heizsystem zu finden. Eine aktive und offene Kommunikation sowie eine Impulsberatung «erneuerbar heizen» helfen, die beste Lösung zu finden.

von Remo Bürgi

Faktor Journalisten

Wer als Stockwerkeigentümerin oder -eigentümer ausserhalb der eigenen vier Wände etwas ersetzen oder sanieren lassen will, braucht die Einwilligung der Miteigentümerschaften. Die Heizung gehört in der Regel zum Gemeinschaftseigentum, folglich entscheidet die Eigentümerversammlung, ob und wie sie ersetzt wird. Eine Mehrheit für ein erneuerbares Heizsystem zu finden, ist nicht immer ganz einfach, weil nicht alle Beteiligten dieselbe Ausgangslage haben. Die Lebenssituation und die finanziellen Möglichkeiten unterscheiden sich manchmal stark, was die Meinungsbildung prägt. Oft wissen Eigentümerschaften auch nicht, welche Heizsysteme möglich sind und welche Vor- und Nachteile sie haben.

Impulsberatung «erneuerbar heizen» bringt Übersicht

Bevor man als Miteigentümerin respektive -eigentümer oder Immobilienverwaltung den Heizungsersatz vor die Eigentümerversammlung bringt, lohnt sich eine Beratung durch eine Fachperson. Die Impulsberatung «erneuerbar heizen» ist ein kostenloses Angebot, das sich für eine Auslegeordnung zu diesem Thema besonders eignet (siehe Infobox). Die Energieingenieurin Petra Tanner aus Basel führt regelmässig Impulsberatungen für die Verwaltungen von Stockwerkeigentümergemeinschaften durch. «Es gibt einige Herausforderungen zu meistern, wenn man im Stockwerkeigentum eine fossile Heizung durch ein erneuerbares System ersetzen will», sagt Tanner. So komme es immer wieder vor, dass die Leute falsche oder veraltete Informationen zu den technischen Möglichkeiten hätten. «Ich muss beispielsweise oft erklären, dass eine Wärmepumpe durchaus mit Radiatoren funktioniert und keineswegs nur für Neubauten infrage kommt.»

Unterschiedliche Prioritäten

Tanner stellt bei ihren Beratungen auch immer wieder fest, dass die verschiedenen Generationen unterschiedliche Schwerpunkte setzen. Während bei jüngeren Eigentümerschaften die Bereitschaft zur Investition in ein erneuerbares Heizsystem eher grösser ist, haben ältere Besitzerinnen und Besitzer teilweise andere Prioritäten. Dazu kommt, dass bei einigen Objekten mit Stockwerkeigentum der Erneuerungsfonds unterfinanziert ist. Deshalb sind für grössere Projekte wie den Heizungsersatz zusätzliche Beiträge aller Parteien der Stockwerkeigentümergemeinschaft nötig, um die Investitionskosten zu decken.

Heizungsersatz finanzieren

Im Wesentlichen bestehen drei Möglichkeiten, um den Heizungsersatz bei Stockwerkeigentum zu finanzieren:

● Erneuerungsfonds: Das über die Jahre von den Eigentümerschaften in den Erneuerungsfond einbezahlte Geld kann für den Ersatz der Wärmeerzeugung verwendet werden.

● Darlehen: Einige Banken gewähren Darlehen direkt an Stockwerkeigentümergemeinschaften, ohne dass jeder einzelne Eigentümer seine Hypothek aufstocken muss. Die Stockwerkeigentümergemeinschaft haftet mit ihrem Vermögen, die einzelnen Eigentümerinnen und Eigentümer mit ihren jährlichen Beiträgen.

● Hypotheken: Der Heizungsersatz kann auch über eine Erhöhung der Hypotheken pro Eigentümer finanziert werden. Banken müssen bei einer Kreditvergabe die Einkommensverhältnisse und / oder den Liegenschaftswert neu überprüfen.

Bei der Finanzierung darf nicht vergessen werden, dass erneuerbare Heizsysteme durch Bund, Kantone und teilweise auch durch die Gemeinde sowie weitere Akteure finanziell unterstützt werden. Auf der Plattform energiefranken.ch kann man mittels Standortsuche selbst prüfen, welche Förderbeiträge verfügbar sind. Je nach Grösse und Typ der neuen Heizung belaufen sich die Beträge auf mehrere Tausend Franken. Zudem lassen sich Investitionen in Massnahmen, die dem Energiesparen dienen, von den Steuern abziehen. Auch die Einzahlungen in den Erneuerungsfonds sind abzugsberechtigt, die Ausgaben aus dem Fonds hingegen nicht. Summa summarum sind die Investitionskosten für den Umstieg auf eine erneuerbare Heizung also in der Regel deutlich tiefer, als es auf den ersten Blick scheint.

Fakten präsentieren

Wie vorgehen, wenn sich die Miteigentümerinnen und Miteigentümer nicht einig sind? Für Impulsberaterin Tanner ist es wichtig, dass man zuerst sachlich die Vor- und Nachteile verschiedener Heizsysteme darlegt. Das kann bereits gegen Vorurteile oder veraltetes Wissen helfen. Als entscheidendes Instrument sieht sie die Wirtschaftlichkeitsberechnung: «Die Kosten verschiedener Systeme über den Lebenszyklus darzustellen, ist meist das überzeugendste Argument für den Umstieg auf ein erneuerbares Heizsystem.» Zudem haben alle erneuerbaren Heizsysteme gemeinsam, dass sie die CO2-Emissionen reduzieren und den Wert der Liegenschaft erhöhen.

Rasche Umsetzung

Haben sich die Parteien der Stockwerkeigentümergemeinschaft geeinigt, wie die Heizung ersetzt wird, sollten mehrere Offerten eingeholt und verglichen werden. Wenn man sich für einen Anbieter entschieden hat, müssen die Behörden informiert und die Gesuche für Förderbeiträge eingereicht werden – beides zwingend vor Beginn der Umsetzung. In vielen Fällen berät die Heizungsinstallateurin oder der Heizungsinstallateur die Bauherrschaft bei diesen Angelegenheiten oder erledigt sie sogar selbst. Der eigentliche Heizungsersatz geht dann auch in einem Mehrfamilienhaus oder einer Überbauung recht schnell und unkompliziert über die Bühne: In der Regel sind die Arbeiten innerhalb weniger Wochen abgeschlossen. Wichtig ist es gerade bei Stockwerkeigentum, den Ersatz der Heizung rechtzeitig anzugehen – am besten, wenn die bestehende Anlage zehn Jahre oder älter ist. So lässt sich ohne Zeitdruck eine für alle zufriedenstellende Lösung finden.

Die Heizung gehört in der Regel zum Gemeinschafts-Eigentum, folglich entscheidet die Eigentümer-Versammlung, ob und wie sie ersetzt wird.

Impulsberatung «erneuerbar heizen»

Die Impulsberatung «erneuerbar heizen» ist ein Angebot des Bundes, das Eigentümerschaften von Ein- und Mehrfamilienhäusern kostenlos in Anspruch nehmen können. Dabei besichtigt eine Fachperson das Gebäude und gibt im persönlichen Gespräch einen Überblick zu den Möglichkeiten, die bestehende Heizung durch ein erneuerbares Heizsystem zu ersetzen.

Auch eine grobe Kostenschätzung und Tipps zum weiteren Vorgehen sind Teil der unverbindlichen Beratung. Eine Impulsberaterin oder einen Impulsberater in der Nähe finden Sie auf www.erneuerbarheizen.ch