Vögel

Gesellig und (fast) überall zu Hause

Tierwelt Der Haussperling begleitet den Menschen seit jeher. Der «Allerweltsvogel» ist zwar weit verbreitet, doch nicht überall geht es ihm gleich gut. Nistkästen und ein abwechslungsreich gestalteter Garten können ihm eine Hilfe sein.

von Carine Hürbin

Mitarbeiterin Kommunikation, Schweizerische Vogelwarte Sempach

«In einem leeren Haselstrauch, da sitzen drei Spatzen, Bauch an Bauch»: so beginnt der Schriftsteller Christian Morgenstern ein Gedicht über die drei Haussperlinge – im Volksmund Hausspatzen oder einfach Spatzen – Erich, Franz und Hans. Ein Merkmal des kleinen Vogels hat der Dichter damit deutlich hervorgehoben: Fast immer trifft man ihn in Gruppen an, und dies oft begleitet von eifrigem Tschilpen. Häufig trifft man den geselligen Singvogel in der Nähe des Menschen an, weswegen er den meisten bekannt ist. Nicht verwunderlich also, dass er neben Gedichten Eingang in zahlreiche umgangssprachliche Ausdrücke wie «der Spatz in der Hand» oder «Dreckspatz» gefunden hat.

Nahe am Menschen

Die gemeinsame Geschichte von Haussperling und Mensch begann vor rund 12 000 Jahren mit dem Ackerbau. Wie es dazu kam, ist nicht genau geklärt. Sicher ist, dass heute der Haussperling fast überall dort brütet, wo sich Menschen angesiedelt haben. Diese Nähe verschafft ihm ganzjährig ein umfangreiches Nahrungsangebot. Ausgewachsene Vögel ernähren sich hauptsächlich von Körnern und Sämereien; für die Aufzucht ihrer Jungen sind sie jedoch auf Insekten angewiesen. Als Brutplatz wählt der Haussperling verschiedene Hohlräume und Nischen an Gebäuden. Die Paare brüten gemeinsam in lockeren Kolonien. Gegenüber Eindringlingen verteidigen sie kein festes Revier, sondern nur die unmittelbare Nähe des eigenen Nests.

Allgemein ist der Haussperling ein äusserst geselliger Vogel: Für die meisten Aktivitäten wie Nahrungssuche, Ruhen, Singen oder Baden findet er sich in Gruppen zusammen. Dabei zeigen die Sperlinge auch, wie lernfähig sie sind: Einige haben bemerkt, dass sie sich an Hotelbuffets, in Gartenbeizen und sogar in Supermärkten an allen möglichen Auslagen, Resten und Abfällen bedienen können. Um in Supermärkte zu gelangen, haben die «frechen Spatzen» gelernt, die Lichtschranken automatischer Türen auszulösen. Sie gelangen hinein, picken rasch an einem Brot und entschwinden hinaus. Ebenfalls wurde beobachtet, dass Haussperlinge bei Hitze dem Wasserstrahl eines Rasensprengers folgen, um sich abzukühlen.

Weit verbreitet, aber regional rückläufig

Man könnte meinen, dass sich ein so intelligenter und anpassungsfähiger Vogel überall zurechtfindet. Tatsächlich nehmen schweizweit die Bestände seit einigen Jahren zu. Aktuell schätzt die Schweizerische Vogelwarte die Anzahl Brutpaare auf rund 450 000 bis 550 000, damit ist der Haussperling der sechsthäufigste Brutvogel der Schweiz. Allerdings zeigen einige Untersuchungen, dass es ihm in einigen Regionen schlechter geht, zum Beispiel im Kanton Zürich oder am Bodensee. Dies bestätigt sich, wenn man den europäischen Kontinent betrachtet: Eine neue Studie zeigt, dass zwischen 1980 und 2017 europaweit 247 Millionen Haussperlinge verschwunden sind! Es ist ein alarmierendes Zeichen, dass eine weit verbreitete, anpassungsfähige Art wie der Haussperling regional zurückgeht.

Auf gute Nachbarschaft

Als Kulturfolger brütet der Haussperling gerne in Löchern und Ritzen von Gebäuden. Leider gehen viele Brutmöglichkeiten im Zuge von Haussanierungen verloren, und bei Neubauten sind oft keine mehr vorhanden. Daher sollten bestehende Nistplätze, wenn immer möglich, erhalten werden.

Manchmal brüten Haussperlinge aber an Orten, die uns Menschen nicht sehr gelegen kommen: zum Beispiel in Storenkästen und Lüftungsschlitzen. Besonders erstere haben Haussperlinge als alternative «Bruthöhlen» für sich entdeckt. Dies führt immer wieder zu Konflikten, da sich die menschlichen Bewohner an anfallendem Schmutz oder wegen der bettelnden Jungvögel am Lärm stören. Dabei sollte man sich vergegenwärtigen, dass das Brutgeschäft rechtlich geschützt ist und nicht gestört werden darf. Ein allfälliges Verschliessen der Storenkästen sollte daher – falls es gar nicht anders geht – nur in der Zeit zwischen Oktober und Februar in Betracht gezogen werden. Damit im Kasten übernachtende Vögel nicht versehentlich eingeschlossen werden, darf ein Verschluss nur tagsüber stattfinden. Als Ersatz für die verloren gegangenen Brutplätze sollten Nistkästen angeboten werden.

Während der Brut kann man stark von Schmutz betroffene Bereiche mit einer Plastikplane oder anderweitigem wasserfestem Material abdecken und diese regelmässig mit heissem Seifenwasser und einem separaten Schwamm abwaschen. Aus Hygienegründen ist es empfehlenswert, dabei Handschuhe zu tragen oder sich die Hände danach zu desinfizieren. Fensterbretter kann man auch mit Papier oder Karton abdecken und die Auflage regelmässig wechseln.

Naturnahe Gärten für alle

Wie alle Nachbarn können Haussperlinge manchmal die Geduld strapazieren. Etwa wenn sie den mit Liebe und Aufwand gepflegten Kräutern zu Leibe rücken und sie ausrupfen. Wenn man aber versteht, dass sie die Pflanzen in ihr Nest eintragen und mit den ätherischen Ölen von Thymian, Rosmarin und Basilikum vermutlich Parasiten aus dem Nest fernhalten, bleibt eher Bewunderung für diesen raffinierten Kniff als Ärger. Mit Haussperlingen in der Umgebung wird es zudem nie langweilig. Ähnlich wie kleine Kinder planschen sie mit viel Gespritze im Vogelbad, turnen eifrig in Asthaufen herum und kümmern sich hingebungsvoll um den unermüdlich bettelnden Nachwuchs.

Wer dem Haussperling Gutes tun möchte, kann die Insekten im eigenen Garten oder auf dem Balkon fördern. Bei den Sperlingen sind zum Beispiel junge Blattläuse beliebt, was auch dem eigenen Garten zugutekommt! Für die Förderung der Insekten setzt man einheimische Sträucher und Kräuter anstelle von Thuja oder anderen exotischen Gewächsen, da die Insekten vor allem auf einheimische Gewächse angepasst sind. Ausserdem bieten diese mehr Nektar und Pollen für Wildbienen, Käfer und weitere Tierarten als exotische Ziersträucher, die teilweise sogar invasiv sind. Besonders geeignet für den Haussperling sind Dornenhecken, denn hier kann er sich vor Fressfeinden verstecken. Ihm nützt es auch, wenn alte Bäume im Siedlungsraum stehen gelassen werden, so dass er deren Hohlräume als Nistplatz nutzen kann.

Wer im naturnahen Garten im wahrsten Sinne des Wortes die Früchte seiner Arbeit ernten möchte, pflanzt einheimische, beerentragende Sträucher wie Schwarzer Holunder oder Kornelkirschen. Die Vögel danken es im Herbst, und die Früchte schmecken nicht nur ihnen, sondern (meistens verarbeitet) auch dem Menschen. Andere Sträucher wie das Pfaffenhütchen und dessen Früchte sind obendrein willkommene Farbtupfer, wenn es draussen kalt und grau ist.

Besonders förderlich ist eine Kombination aus Nistplatzangebot und naturnaher Gartengestaltung mit vielen Strukturen wie Ast- und Steinhaufen, besonnten sandigen Bodenstellen und einheimischen Sträuchern. Belohnt wird man mit dem Anblick von Erich, Franz, Hans und vielen weiteren Haussperlingen, die «Bauch an Bauch» sitzen und es von den Dächern pfeifen, wie schön es in diesem Garten ist.