Viele suchen die Weite des Bözbergs, um zu entspannen, sich zu bewegen und die Naturlandschaft zu geniessen. In die sanft gewellte Hochebene eingebettet liegt der Naturgarten von Yvonne Biri und Hans Massler. Der Fachmann für naturnahen Garten- und Landschaftsbau ZHAW entwickelte auf 19 Aren den «Jardin des Sens», eine eindrückliche Komposition aus Farben, Pflanzentemperamenten, Texturen und Düften. Mit Trockenmauern, einheimischen Gehölzen, Wildstauden und zugewanderten Staudenarten verwandelte er den Steilhang in einen Lebensraum und Rückzugsort für zahlreiche Tierarten. Die Auszeichnung mit dem Prädikat «Pro Natura Schmetterlingsgarten» ist eine schöne Anerkennung für diese ökologische Leistung. «Wir wünschten uns einen Garten mit vielen verschiedenen Zimmern. Einen, der seine Geheimnisse nicht auf den ersten Blick preisgibt», sagt Gartenbesitzerin Yvonne Biri. Dieser Wunsch entspricht dem Credo des Romantischen Gartens, wie er im 18. Jahrhundert in England entstand: Der Mensch von damals wollte auf gewundenen Pfaden wandeln, sich nach und nach von Naturschönheiten überraschen lassen und aus diesen Erlebnissen Emotionen schöpfen. Erinnert uns das ein wenig an heute? Der Jardin des Sens ist an Tagen der offenen Gartentür für Gartenfreunde geöffnet.
Schloss Wildegg, Schlaraffenland der alten Sorten
Wer Gemüseraritäten wie Zuckerwurzel, Erdbeerspinat oder die leuchtend rote äthiopische Aubergine «Rossa di Rotonda» entdecken möchte, findet sie in der Schlossdomäne Wildegg. Der sorgfältig rekonstruierte Nutzgarten im Stil des Barock liegt – so gross wie zwei Fussballfelder – mitten im Rebberg unterhalb des Schlosses. Hier werden mehr als 400 historische Arten und Sorten von Gemüsen, Beeren und Kräutern sortenrein mit Saatgut von ProSpeciaRara kultiviert. Wer Schloss Wildegg im Hochsommer besucht, erlebt einen der schönsten Nutzgärten der Schweiz kurz vor der Ernte. Mit seinem eleganten Flair und den leuchtenden Dahlienrabatten erinnert er an klassische «Potagers», wie man sie im 18. Jahrhundert auch hierzulande schätzte. Schönheit und Nutzen in Harmonie – nach diesem Motto lebten die ansässigen Effinger. Für die Schlossherrschaft und ihre Gäste aus ganz Europa war die raffinierte, mit zwei Pavillons geschmückte Anlage ein Ort zum Flanieren und auch eine gut gefüllte Vorratskammer.
Hallwilersee, Refugium für Flora und Fauna
Mit seinen naturnahen Uferzonen gehört der Hallwilersee seit Jahrzehnten zu den Landschaften von nationaler Bedeutung. Dabei ist er weder imposant, noch dramatisch ergreifend. Die Schönheit des Stillen macht den landschaftlichen Zauber aus. Absolut magisch wirkt das Gewässer in der Frauenbadi von Seengen. Mit einer Fläche von 40 Hektaren bilden das Seenger und das Boniswiler Ried das grösste zusammenhängende Flachmoor im Aargau. Es geniesst besonderen Schutz, liegen hier doch Laichgebiete und Brutzonen von über 150 Vogelarten. Einheimische und Besucher der Region schätzen den Rundwanderweg, der 22 Kilometer weit um den See führt. Für Wanderer und Spaziergänger ein Traum, dass sie nicht von Bikern aus dem Weg geklingelt werden, sondern sich ganz der mild-hügeligen Landschaft (und den Alpen in weiter Ferne) hingeben können.
Panoramagarten Villa Wylhof
Die bühnenartige Panorama-Terrasse vor der herrschaftlichen Biedermeiervilla von 1840 versetzt Besucherinnen und Besucher regelmässig in Staunen. Der Blick ins Blaue lässt gleich an wärmere Gefilde denken – dabei liegt dieser Garten 50 Meter über dem Hallwilersee. Blaue Agapanthus aus dem südlichen Afrika und fontänenartiger Neuseeländer Flachs (Phormium) schmücken Terracottatöpfe aus Impruneta. Die südlich inspirierte Bepflanzung im Generationengarten der Villa Wylhof hat eine lange Tradition. Schon die Textilfabrikanten Steiner, die die Villa einst erbaut hatten, pflegten enge Beziehungen zu Italien. Zu Lebzeiten der Grosseltern von Gartenbesitzer Ueli Buhofer wuchsen hier Palmen in riesigen Holzkübeln. Eine markante Handschrift pflegt auch der Kulturvermittler Ueli Buhofer selbst: Seine grosse Leidenschaft sind die Eiben. Von Hand formt er sie geduldig zu Kegeln und Zinnen und verbindet damit spielerisch eigene Landschaftsbilder mit dem berauschenden Seeblick. Der Garten als Kulturgut – dieser Idee fühlt sich der Gartenliebhaber verpflichtet. Im Lauf eines Jahrhunderts trug jede Generation ihren Teil zum Garten der Villa Wylhof bei, indem sie dem Überlieferten stets liebevoll neu Geschaffenes hinzufügte. Ein Gartenbesuch ist nach Anfrage per E-Mail möglich (siehe Kasten oben).
Abseits von Gärten: ein Besuch des Strohmuseums
Elegante Strohhüte aus dem Aargauer Freiamt gehörten früher zu den begehrtesten Accessoires weltweit. Paris, Berlin, New York – keine Modemetropole, in der die raffiniert verzierten Modelle aus Wohlen nicht das Strassenbild geprägt hätten. Ihr Geheimnis: die «Strohschnürli». Zusammengezwirnte Strohfäden, wie sie feiner niemand herstellte, wurden zu reich verzierten Geweben verarbeitet, so leicht wie französische Spitze. 1852 wurde die erste Aargauer Strohhutfiliale in New York eingeweiht. Doch schon 20 Jahre später gerieten die Freiämter in arge Bedrängnis. Immer kurzlebiger wurden die Modetrends, neue Materialien wie Ramie kamen auf, billigere Konkurrenz aus Asien drängte auf den Markt. Ein kurzes Strohhut-Revival löste der Sänger Maurice Chevalier aus, der sich in den 1920er-Jahren mit dem Canotier («Röhrlihut») aus Wohlen zeigte. Diese ikonische Kopfbedeckung wird bis heute im Aargau gefertigt. Eine einzigartige Strohhut-Erlebniswelt gibt es multimedial, interaktiv und mit unzähligen Originalen in der Villa Isler zu entdecken. Für weitere Infos: strohmuseum.ch
«Wir wünschten uns einen Garten mit vielen verschiedenen Zimmern. Einen, der seine Geheimnisse nicht auf den ersten Blick preisgibt.»
Gärten, die es sich zu besuchen lohnt
● Jardin des Sens: garten-linn.ch
● Nutzgarten von Schloss Wildegg: museumaargau.ch/schloss-wildegg
● Panoramagarten Villa Wylhof. Besuchsanfrage per E-Mail an: ueli.buhofer@gmx.ch
Herbarella – das Magazin für Gartenkultur, Reisen, Küche & Lebensart
Seit 2007 berichten die Magazinmacher Simone Quast und Gianni Bombèn in Bild und Text über die schönsten Gärten Europas. Alle Adressen selektionieren und testen sie persönlich. Dieser Artikel zeigt Kostproben ihres Schaffens. Weitere Beiträge und Infos unter: herbarella.ch
Fünf Tipps für Genuss im Kanton
1 Stilvoll übernachten im Seetal:In ihrem denkmalgeschützten Freiämter Haus von 1710 leben die Gastgeber Adele und Werner Keiser eine erfrischende Verwöhnkultur. Ihr Bed & Breakfast mit vier bis ins letzte Detail gepflegten Doppelzimmern lebt von edlen Genüssen. Das Frühstück allein ist ein Fest für alle Sinne. Französisches Leinen, antikes Holz und zeitgenössisches Design sind wie Balsam für die Seele. Komfortable Doppelliegen laden im grossen Garten zum Entspannen ein. Herzlich, hochwertig, ökologisch – so geht Verwöhnen bei Keisers. keiserskammer.ch
2 Echter Aargauer Safran: Seit 2007 stellt Silvia Bosshard mit ihrer Manufaktur «Tagora» einen Safran der besten Güteklasse her. Auf ihren bio-zertifizierten Anbaufeldern in Hendschiken gewinnt sie in Handarbeit die Staubfäden der im Herbst blühenden Krokusart Crocus sativus und trocknet diese zu intensiv aromatischen Safranfäden. Die mehrjährigen Pflanzen fühlen sich im durchlässigen Boden von Hendschiken so wohl, dass sie umweltschonend und naturnah kultiviert werden können. tagora.ch
3 Villenkultur in Aarau:Nur wenige Gehminuten vom Bahnhof entfernt liegt die Aarauer Gartenstadt. Im Herzen dieses schönen Viertels befinden sich die um 1900 erbauten Gönhard-Güter (im Bild das Frankegut). Bereitwillig folgte die Bevölkerung einem Aufruf, alte Familienfotos auszugraben, die Auskunft über das Wegnetz und die Originalbepflanzung geben konnten. Aufgrund hunderter, teils historischer Bilder wurde das Parkensemble mustergültig restauriert. Heute sind die Parkanlagen wie anno dazumal miteinander verbunden und frei zugänglich.
4 Chalira Gewürz- und Senfmühle:Im malerischen Aarauer Hammer-Quartier wurden ein antikes Mühlrad aus Bözen und ein Mühlenbau aus den 1980er-Jahren kunstvoll vermählt. Entstanden ist ein stimmungsvoller Ort für altes Handwerk. Hier wirken nun die Müller um Michael Morskoi, die verführerisch duftende, biozertifizierte Gewürzmischungen, Würzpasten und Senf herstellen. chalira.ch
5 Restaurant Speck, Aarau:Bei der Aarauer Gastronomin Laura Peter entsteht Gastlichkeit aus einem grenzüberschreitenden kulturellen Bedürfnis. Zusammenkommen, essen, vielleicht auch Wein trinken. Neue Aromen und neue Ideen entdecken oder einen Ort einfach nur auf sich wirken lassen – das erlebt man, wenn man sich wochentags im Restaurant Speck am Zollrain niederlässt. speckaarau.ch